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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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wären eure Nachbarn nicht gerade begeistert«, warf Homer ein. »Wäre irgendwie ungerecht.«
    Fi machte ein noch unglücklicheres Gesicht. »Ich habe gesehen, wie sie Corries Haus gesprengt haben«, sagte sie. »Und ich weiß noch, wie es ihr dabei ging.«
    »Zerbrechen wir uns darüber vorläufig noch nicht den Kopf«, schlug Homer vor. »Überlegen wir uns zuerst, ob wir überhaupt in der Lage sind, die Häuser anzugreifen. Es kann ja sein, dass uns nichts Gescheites einfällt. Es ist also sinnlos, dass Fi sich jetzt schon Sorgen macht.«
    »Du hast von Anzünden gesprochen«, sagte ich. »Ich weiß nicht, ob das so ohne weiteres geht.«
    »Das war bloß das Erste, was mir eingefallen ist«, erwiderte Homer.
    »Werden wir töten?«, fragte Robyn.
    »Ja«, kam prompt Lees Antwort.
    »Lee!«, fuhr Robyn ihn an. »Hör auf so zu reden. Ich mag das nicht. Es macht mir Angst.«
    »Du hast ja auch nicht gesehen, was sie mit den Leuten im Lager der Harveys Heroes gemacht haben.«
    »Lee, komm her und setz dich wieder«, forderte ich ihn auf. Er zögerte kurz, doch dann setzte er sich neben mich auf das Sofa.
    »Ich finde, es ist ein Unterschied, ob man ein Haus in Brand steckt und in Kauf nimmt, dass jemand dabei umkommt, oder sich ganz bewusst vornimmt jemanden zu töten«, sagte Homer. »Andererseits ist wohl klar, dass wir unserer Seite einen großen Dienst erweisen, wenn wir Harvey und mehrere ihrer Offiziere töten. Möglicherweise rettet das anderen sogar das Leben. Darüber brauchen wir gar nicht erst zu streiten. Die eigentliche Frage lautet, ob wir den Mut dazu haben.«
    Eine Zeit lang war jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Die anderen stellten sich wahrscheinlich dieselbe Frage wie ich: ob ich dazu fähig wäre, jemanden kaltblütig umzubringen. Zu meiner Überraschung kam ich zu dem Schluss, dass ich es wahrscheinlich fertigbrächte. Obwohl mir vor mir selbst graute und mir bewusst war, wie sehr mich dieser Krieg bereits verändert und brutalisiert hatte, hatte ich auch das Gefühl, dass das von mir erwartet wurde: von den Gefangenen auf dem Messegelände – meinen Eltern, unseren Freunden, unseren Nachbarn –, von den harmlosen armen Menschen, die zu Harveys Heroes gehört hatten, und von den Menschen im ganzen Land. Sie alle würden es erwarten. Ich würde es einfach tun müssen und mir erst später Gedanken darüber machen, was es aus mir machte. Zum ersten Mal dachte ich weder an die Gefahr, in die ich mich dadurch bringen würde, noch an meine eigene Sicherheit.
    »Ich tue, was ich tun muss«, sagte ich.
    »Und wenn das bedeutet einen Menschen bewusst und mit Absicht zu töten?«, fragte Homer.
    »Dann tue ich es.«
    »Könntest du einem von ihnen die Pistole ansetzen und abdrücken?«, fragte Homer weiter. »Ich meine, kaltblütig. Wir alle wissen, wozu du in der Hitze des Gefechts fähig bist.«
    Robyn wollte protestieren, aber Homer unterbrach sie rasch: »Wir müssen uns diese Fragen stellen. Wir müssen das wissen. Es hat keinen Sinn, etwas zu planen, und dann stellt sich im entscheidenden Moment heraus, dass einer von uns außer Stande ist zu tun, was von ihm oder ihr erwartet wird. In so einem Fall könnten wir alle draufgehen.«
    »Gott, manchmal wünsche ich mir, wir wären wie die anderen gefangen genommen worden«, sagte ich. »Warum müssen gerade wir solche Dinge tun? Ich weiß nicht, wozu ich fähig bin; dazu muss ich erst in einer bestimmten Situation sein. Aber ich glaube schon, dass ich einen von ihnen erschießen könnte.«
    »Okay«, sagte Homer. »Und du, Lee?«
    »Ihr könnt euch auf mich verlassen«, antwortete Lee.
    »Was soll das heißen?« Robyn verlor die Fassung. »Soll das heißen, dass jeder, der sich weigert einen Menschen zu töten, die anderen im Stich lässt? Komm wieder auf den Boden, Lee. Manchmal braucht es mehr Mut, etwas nicht zu tun, als es zu tun.«
    Lee erwiderte nichts. Er saß mit grimmigem Gesichtsausdruck auf dem Sofa und ignorierte meine Hand, die sein Bein streichelte. Homer behielt ihn eine Weile im Auge, dann seufzte er und wandte sich an Fi.
    »Fi?«
    »Ich tue alles, was ich kann«, sagte sie. »Auch wenn ich unser Haus in Schutt und Asche legen muss. Aber ehrlich gesagt sehe ich keinen Grund dafür. Allem Anschein nach bringen sie doch nur die Handlanger in den Häusern unter. Von den hohen Tieren scheint keiner dort zu wohnen.«
    »Könntest du auf jemanden schießen?«, wollte Homer wissen.
    »Nein. Ihr alle wisst, dass ich noch nie

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