Ein endloser Albtraum (German Edition)
jetzt hatte ich Recht bekommen und das war aufregend. Ich war mit mir selbst so zufrieden, dass ich Robyn triumphierend anblickte. Der Rangerover machte eine Kehrtwende und gewann langsam an Geschwindigkeit. Ich warf noch einmal einen Blick durch das Fenster. Major Harvey saß links vom Fahrer auf dem Rücksitz, unterhielt sich mit ihm und hatte ein einschmeichelndes Grinsen im Gesicht.
Als der Wagen die Turner Street verlassen hatte, drehte ich mich um und starrte Robyn an.
»Dieser Scheißkerl«, sagte ich. »Dieser ...«
»Ellie, sprich nicht so«, sagte sie mit einem unbehaglichen Gesichtsausdruck. »Nicht in der Kirche.«
»In Ordnung.« Ich riss mich zusammen. »Ist gut. Aber warte nur, bis wir hier draußen sind. Dann schimpfe ich wie ein Kameltreiber. Und ich sag dir noch was: Wir sind hier schon am richtigen Ort, denn Judas Ischariot – von dem ist in der Bibel ja auch die Rede, nicht wahr? – war auch ein Verräter und dieser Kerl da ist ein klarer Fall von einem Judas.«
»Aber er hat doch sicher nicht ... ich meine, die Harveys Heroes hat er doch nicht verraten?« Robyn sah mich fragend an.
»Ich weiß es nicht.« Ich versuchte nachzudenken, war aber zu müde. »Keine Ahnung. Ich glaube nicht, dass er hinter dem Hinterhalt mit dem Panzerwagen steckt, denn dann hätte er keine Zuschauer erlaubt. Den Soldaten war anzusehen, dass sie keine Ahnung hatten, dass wir direkt über ihnen im Busch sein würden. Aber eines weiß ich mit Sicherheit: Falls er früher auf unserer Seite stand, tut er es jetzt nicht mehr.«
Den entscheidenden Einfall hatte ich erst am nächsten Morgen. Plötzlich fiel mir die Unterhaltung mit dem Mann im Geräteschuppen von Kevins Haus wieder ein, als ich Ms Macca wiedergesehen hatte. Wir saßen gerade beim Frühstück, mir rann Obstsaft über das Kinn und auf einmal hätte ich mich beinahe an meinen Cornflakes verschluckt. Aufgeregt fragte ich Robyn: »Hör mal, was ist ein Kreidefresser?«
»Ein Kreidefresser? Keine Ahnung.«
»Gibt's hier ein Wörterbuch?«
»Weiß ich nicht.«
»Du bist ja echt eine Hilfe.« Ich sprang auf und lief ins Wohnzimmer, wo ich ein Sinnwörterbuch fand und ein einsprachiges australisches Wörterbuch. Sie halfen mir aber auch nicht weiter. Da stand bloß der Begriff »kreidig« und dass das etwas ist, das die Beschaffenheit von Kreide hat. Natürlich hatte ich längst einen Verdacht, aber ich wollte Gewissheit. Ich bekam sie von Homer, als er am Abend von seiner Wache im Kirchturm zurückkehrte.
»Ein Kreidefresser? Das ist ein Lehrer; weiß doch jeder.«
»Stimmt das? Wirklich? Der Mann in Kevins Geräteschuppen hat gesagt, dass ein Typ, der früher ein Kreidefresser war, die Leute auf dem Messegelände verpfeift. Er sagte, die Leute, die er nennt, würden weggebracht.« Jetzt erinnerte ich mich an noch etwas und wurde immer aufgeregter. »Außerdem würde er alle kennen, die in der Armee Reservedienst geleistet haben. Das passt doch perfekt auf Harvey. Perfekt!«
Als wir den anderen davon erzählten, reagierte jeder auf seine Weise. Fi war so schockiert, dass es ihr die Sprache verschlug. Als hätte sie sich nicht im Traum vorstellen können, dass ein Mensch zu so etwas fähig war. Lee sprang auf die Beine, weiß wie die Wand und mit brennendem Blick. »Er ist dran«, sagte er. »Das war's. Er ist so gut wie tot.« Er lief quer durch das Zimmer, stellte sich mit verschränkten Armen vor ein Fenster, starrte hinaus und zitterte dabei am ganzen Körper.
Homer hatte bereits Gelegenheit gehabt, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Seine Reaktion war beinahe sanft: »Jetzt passt alles zusammen«, sagte er. »Das erklärt einiges.«
»Wie gehen wir jetzt vor?«, fragte ich. »Wenn wir diese Häuser angreifen wollen, müssen wir uns überlegen, was wir damit bezwecken. Wollen wir die Häuser zerstören und all das Zeug, das drinnen ist? Wollen wir Fis Haus zerstören? Wollen wir Leute umbringen? Wollen wir Major Harvey töten?«
»Ja«, sagte Lee, ohne sich umzudrehen. »Alles, was du gerade gesagt hast.« Mit einem Mal war er wieder der Psychopath, in den er sich verwandelt hatte, als er den Soldaten erstach. Wenn er so war, bekam ich Angst vor ihm.
»Ich ertrage es nicht, dass sie in unserem Haus wohnen«, sagte Fi. »Ich habe das Gefühl, als müssten wir alles desinfizieren, wenn sie wieder fort sind. Aber das Haus will ich nicht in die Luft jagen, Mom und Dad würden ausflippen.«
»Wenn wir bis auf eures sämtliche Häuser anzünden,
Weitere Kostenlose Bücher