Ein endloser Albtraum (German Edition)
sagen und ein halbes Dutzend rascher Schritte auf einmal zu machen, war groß. Aber ich erlegte mir absolute Selbstkontrolle auf und so kam ich Zentimeter für Zentimeter voran. Es war beängstigend und zugleich war es extrem langweilig.
Am Ende stand ich vor einem Raum, der von außen aussah wie eine Waschküche. Ich weiß nicht, warum sich Waschküchen immer selbst verraten. Vielleicht geben sie einen Duft ab, den man unbewusst wahrnimmt. Ich ging in die Hocke, drückte mich an die Mauer und versuchte das Zifferblatt meiner Uhr zu sehen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis ich etwas sah, aber schließlich stellte ich erleichtert fest, dass es 2.45 Uhr war. Danach brachte ich fünf Minuten damit zu, den Gegenstand neben meinem linken Schienbein zu studieren. Es musste ein Gasmesser mit einem Gashahn sein. Noch zehn Minuten. Als Nächstes beschäftigte ich mich mit den Pflanzen neben meinem rechten Fuß. Vergissmeinnicht. Nicht besonders interessant.
Als es drei Uhr war, hatte ich schlimmen Schüttelfrost. Diesmal lag es garantiert an der Kälte. Ich fing an mir mit jeder Faser zu wünschen, Fi würde endlich den Möbelwagen in Bewegung setzen; das war ungewöhnlich. Normalerweise habe ich es nicht so eilig, mein Leben zu riskieren.
Drei Uhr vorbei. »Komm schon, Fi.« Langsam wurde ich böse. Ich befürchtete Krämpfe zu bekommen. Fünf nach drei – und auf der Straße war es so still wie in einem Heuschober. Zehn nach drei und immer noch nichts. Ich konnte es nicht glauben. Dann fragte ich mich, wie lange ich warten sollte, bevor ich aufgab. Das hatten wir nicht bedacht. Um vier Uhr war Wachablöse; das bedeutete, dass neue, ausgeschlafene Wachen ihre Stellungen bezogen, und bis dahin wollte ich möglichst weit weg sein. Um Viertel nach drei stand ich langsam auf, hörte meine Kniegelenke knacken und spürte einen Krampf in meinen Unterschenkeln. Ich beschloss, spätestens um 3.20 Uhr zu verschwinden, und trat schließlich um 3.24 Uhr den Rückzug an, wieder mit dem Tempo einer Schnecke und extrem auf der Hut. Als ich die Gartenmauer erreichte, war es zwanzig vor vier. Im Komposthaufen wartete ich noch einmal ein paar Sekunden und fragte mich, ob ich das Richtige tat, dann kletterte ich über die Mauer und legte den Weg zum Haus der Musiklehrerin im Dauerlauf zurück.
Homer war bereits dort und krank vor Sorge. »Was meinst du, ist passiert?«, fragte er immer wieder. »Was meinst du?«
»Keine Ahnung«, lautete jedes Mal meine hilfreiche Antwort.
»Glaubst du, dass sie direkt zum Haus von Ms Alexander gegangen sind?«
»Nicht ohne ihre Sachen.«
Unmittelbar darauf kam Robyn zurück. »Nichts. Niemand zu sehen«, lautete ihr Bericht.
Um halb fünf kam Lee und eine Viertelstunde später war Fi endlich da. Sie war den Tränen nahe. »Der Wagen war abgesperrt«, platzte sie heraus, sobald sie uns sah. »Er war abgesperrt.«
Ich musste lachen. Da war nichts zu machen. Eine so einfache Erklärung und wir hatten kein einziges Mal daran gedacht. Mir war tagsüber nicht aufgefallen, dass ihn jemand abgesperrt hatte, aber ich hatte auch nicht besonders darauf geachtet.
»Mir ist nichts eingefallen«, schluchzte Fi. »Ich konnte keine Scheibe einschlagen, das wäre zu laut gewesen. Ich habe auf einen von euch gewartet, aber niemand kam.«
Wir waren alle erschöpft, gefühlsmäßig wahrscheinlich genauso wie körperlich. Als ich sagte, wir müssten unsere Wache im Kirchturm unbedingt noch einen Tag lang fortsetzen, wollte niemand etwas davon wissen.
»O nein«, stöhnte Fi. »Das ist zu viel.«
»Wir haben heute Nacht schon genug hinter uns«, stimmte Robyn ihr zu.
»Mach's doch selbst«, fuhr mich Lee an. »Ich gehe schlafen.«
»In Ordnung, dann gehe ich eben allein.«
Ich war überzeugt, dass es wichtig war. Sie sahen mir mürrisch zu, wie ich meine Sachen packte. Niemand sprach, als ich das Haus verließ. Aber gleich darauf konnte ich sie durch das Fenster streiten hören; es ging darum, wer die erste Wache übernahm. Ich schob das Fenster hoch und steckte meinen Kopf hinein, um das letzte Wort zu haben.
»Seid leise. In der Nacht hört man jedes Geräusch doppelt so laut.«
Ich wusste, ich würde einen langen einsamen Tag im Turm von St. Johns verbringen, das störte mich aber nicht weiter. Als Erstes schlief ich ungefähr eine Stunde lang und wachte mit steifen und schmerzenden Gliedern auf. Dann verbrachte ich den Tag, indem ich die Straße beobachtete und meinen Gedanken nachhing. Auf der
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