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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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wetten...? Die gute Seele hat mir ja alles anvertraut, müssen Sie wissen; gewisse Wörtlein, die Sie ihr zuraunten am Abend nach dem Fest... Kurzum, genug davon, requiem aeternam 107 ... Nun, soll ich Ihnen also beim Umkleiden behilflich sein?»
    Der Graf rührte sich nicht; mit den wenigen ihm noch verbliebenen Kräften versuchte er im Gegenteil, von diesem furchtbaren Gefährten abzurücken.
    « Ich sehe schon, ich werde alles allein machen müssen!», fuhr Tramontino fort. Und er begann ihn auszuziehen, zunächst die Jacke, dann die anderen Kleidungsstücke; doch war das ein langwieriges Geschäft, denn die nassen Kleider klebten am Leib, und um schnell zu machen, wurden Ärmel und Hosenbeine allesamt in Fetzen gerissen.« Ein vollendeter Kammerdiener bin ich wohl nicht», redete er weiter,«aber ich werde mich schon eingewöhnen!»
    Bei diesen Worten stellte er den Grafen nackt auf die Beine, ließ ihn in Hemd und Hosen schlüpfen, und nachdem er ihm Schuhe, Strümpfe und Jacke angezogen hatte, lehnte er ihn wieder gegen die Wand.«Oh, die Perücke fehlt!», rief da dieser perfekte Aufputzer.«Gewiss, Sie haben sie gestern Morgen beim Ritt auf diesem vermaledeiten ungesattelten Maultier verloren: aber das macht gar nichts; hier habe ich, was Sie brauchen.»
    Und er zog eine dieser Wollmützen aus der Tasche, wie die Gebirgler sie unter dem Hut zu tragen pflegen, und setzte sie ihm auf.«Die passt Ihnen wie angegossen!», bemerkte er.«Schauen Sie nur!», setzte er hinzu, indem er ihm den Zipfel nach vorn in die Stirn zog.«Schade, dass wir hier keinen Spiegel haben...! Es sieht fast aus wie die Haube Seiner Durchlaucht, nur dass die hier etwas älter ist...! Ha, ha, das ist wirklich komisch...! Guten Tag, Durchlauchtigster Doge!»
    In diesem Augenblick erklangen wieder Schritte im Korridor, und Tramontino wandte sich an Carmini:«Hören Sie, hören Sie nur, Herr Graf! Das ist der Majordomus mit dem Essen. Seien Sie unbesorgt, hier geht es ganz herrschaftlich zu. Hierher, hierher, mein Lieber», sagte er, indem er aufstand, um aus den Händen eines finsteren Gesellen einen Teller mit gekochten Erbsen und einen mit Graubrot entgegenzunehmen.«Los, erweise unserem würdigen Gast deine Referenz!»
    « Seine Hochwohlgeboren werden oben im Gesellschaftssaal erwartet», sagte der andere, indem er Tramontino die Teller übergab.
    Der Graf war völlig verstummt, als begriffe er nicht, dass von ihm die Rede war.
    « Verstehen Sie, Euer Hochwohlgeboren? Sie haben mehr Glück, als ich dachte», bemerkte Tramontino, als der Diener gegangen war.«Man verlangt im Gesellschaftssaal nach Ihnen!»
    « Dann gehen wir also!», rief der Graf, als könne er sein unverhofftes Glück kaum fassen.
    « Ja, gehen wir, und Sie können mir Dank sagen, dass ich alles getan habe, Ihnen diese erfreuliche Überraschung zu bereiten. Aber zuvor nehmen Sie schnell diese kleine Stärkung zu sich, vorwärts...! Oder wollen Sie etwa eine Krücke gebrauchen müssen, wenn Sie sich in Gesellschaft begeben...? Vorwärts, nur Mut!»Er stellte den Teller vor ihn hin und rührte mit dem Holzlöffel die Suppe um, die im Übrigen vom Vortag und kalt war.
    Belebt von der Hoffnung, sich von menschlichen Gesichtern umringt zu sehen, und wären es auch solche von Galeerensträflingen – das war ihm gleichgültig, wenn nur der Schrecken dieses Tête-à-Tête ein Ende nahm –, besann der Graf sich auf seinen Hunger, der ihn völlig entkräftet hatte, ergriff den Löffel und verschlang gierig die Suppe.
    « Sehr gut, Euer Gnaden!», rief Tramontino.« Undjetzt sehen Sie zu, dass Sie auch dieses Brötchen hier knabbern, es scheint mir eins vom Stefanitag zu sein...! Haben Sie gute Zähne...? Vorwärts, versuchen Sie’s!»
    Der Graf achtete überhaupt nicht auf diese Schmähungen, so eilig hatte er es, von dem Holzfäller wegzukommen; er packte das Brot, erhob sich aus seiner liegenden Stellung und schickte sich an, zur Tür zu gehen. 108
    « Gemach, gemach!», sagte Tramontino, der ebenfalls aufgestanden war und ihn am Arm packte.«Es fehlt noch eine kleine Förmlichkeit! Darf sich Ihrer Meinung nach ein Edelmann in der Öffentlichkeit ohne Spitzenmanschetten blicken lassen?»
    Tatsächlich, es fehlte ein Strick aus lauter sehr harten Knoten, den Tramontino nun mit aller Sorgfalt um seine Handgelenke schlang. Dann traten sie in den Korridor hinaus, und von dort stiegen sie durch schwach erleuchtete Gänge und dunkle Treppen auf eine Galerie empor.
    « Sehen Sie

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