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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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gleichbedeutend mit drei Todesurteilen; und ein Schauder der Angst bekundete alsbald deutlicher als jeder Widerspruch, welcher Meinung der Senat hinsichtlich dieses Bündnisses zuneigte. Die Ärmsten! So klein hatten sie sich zusammengeduckt, um von den Vertretern der auswärtigen Mächte übersehen und vergessen zu werden, und ausgerechnet da musste so ein Witzbold von einem Engländer daherkommen und sie aus ihrem Schlupfwinkel hervorzerren!«Ducken wir uns noch mehr zusammen! Verkriechen wir uns unter die Erde! Tauchen wir unter im Wasser, damit man uns in Ruhe lässt wie die harmlosen und unnützen Krebse!»Das war der Ratschluss, zu dem diese bibbernden Herzen gelangten. Endlich fand die Angst Worte; ein Erster erhob sich und sprach sich gegen die Opportunität dieses Abkommens aus; und nach dem Ersten ein Zweiter, nach diesem ein Dritter und so weiter bis zum Siebten; alle bekannten wortreich ihre entsetzliche Furcht vor dem Krieg und ihre unbezwingliche Liebe zu Ruhe und Dämmerschlaf, worin sie aufgewachsen waren und worin sie zu sterben gedachten... Das Wort«sterben»wurde jedoch nie ausgesprochen, denn den Zungen und Ohren der Herren Senatoren war es schlicht unerträglich. Nach sieben solchen Plädoyers, worin die Gefahr eines Krieges für tödlich erklärt wurde, erhob sich Formiani zu einer Antwort. Zunächst beglückwünschte er den Senat zu der edlen Beharrlichkeit, womit dieser an den friedliebenden Traditionen der Republik festhalte; zu der feinen Humanität, die barbarischen Kanonendonner und raues Waffenhandwerk scheue; schließlich zu der umsichtigen Erwägung, den Untertanen keine neuen Lasten aufbürden, der strapazierten Landwirtschaft und dem labilen Handel keine neuen Erschütterungen zumuten zu wollen; dann allerdings wunderte er sich ein wenig, dass die sieben Redner sich so lange dabei aufgehalten hatten, etwas zu beweisen, wovon doch alle fest überzeugt waren.
    « Niemand hier hat behauptet, es sei notwendig, mit der Königin von Ungarn ein Bündnis einzugehen», fuhr er fort.«Auch will sich meines Wissens niemand in den unsicheren Sold Ihrer britischen Majestät begeben, wie uns vorgeschlagen wurde. 117 Niemand hält diese Republik für so stark oder so schwach, dass sie sich auf Veranlassung anderer in Streitigkeiten einmischen sollte, aus denen sie sich schon früher zu ihrem Besten herausgehalten hat. Hier endet meine Pflicht als Referent der Tatsachen. Nun möchte ich aber daraufhinweisen, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Vorsicht des Klugen und der Vorsicht des Toren, und der besteht darin: Der Tor weicht zurück und reizt mit solcher Furchtsamkeit seine Angreifer immer noch mehr, während der Kluge standhaft bleibt, keinen Schritt vor tut, aber auch keinen zurückweicht und dadurch Feinde wie allzu aufdringliche Freunde gleichermaßen in Schranken hält. Morgen», setzte er hinzu,«werde ich die Mittel aufzeigen, wie wir das Bündnis begründet ablehnen können und den Frieden mit allen erhalten, ohne uns in irgendjemandes Abhängigkeit zu begeben.»
    So endete seine Rede an diesem Tag; am folgenden Tag nahm er sie wieder auf und bewies, dass inmitten all der Gefahr die bewaffnete Neutralität der einzig gangbare Weg war. Er sprach über die Ursachen des Krieges, über die militärische Macht der Gegner, die heikle Zwischenposition der Republik; er verschreckte die Kleinmütigen, indem er ausmalte, wie die Königin von Ungarn aus Wut über das verweigerte Bündnis bereit sein würde, mit ihrem Heer, das sie eben in ihren Landen aushob, über die Wehrlosen herzufallen; er köderte die Ruhmsüchtigen, indem er auf die Auszeichnungen anspielte, womit Ihre katholische Majestät 118 die Verfechter einer solchen Neutralität überhäufen würde; er setzte sich also dafür ein, dass der von ihm selbst klug vorgebrachte Bündnisvorschlag zu einem Beschluss führte, so mannhaft, wie die altersschwachen Einrichtungen der Republik und die nachgiebige Trägheit der Signoria es gestatteten. Und so beschloss der Senat noch am selben Tag auf Formianis Vorschlag hin die Aufstellung von 24 000 Mann (keine geringe Zahl für die damalige Zeit) an den Ufern der Etsch. 119 Bei Bedarfkonnten die im Verbund mit den spanischen und neapolitanischen Truppen den Unmut der Königin beschwichtigen, verstärkt durch deren Einheiten schienen sie andererseits ein hinlänglich starker Damm gegen die spanischen Übergriffe. 120 Und so kam durch Formianis Wirken das unfassliche Wunder zustande, dass

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