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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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zwei enorme Fetttropfen auf das Atlaskleid der Signora fielen.
    « Was macht Ihr denn da?», kreischte sie und wich ruckartig mit ihrem ganzen Aufputz von Toupet und Reifrock zurück, und mit ihr zugleich der Sessel, der die Stimme der Edeldame mit dem Gekreisch seiner vier Füße passend untermalte.
    Erst da wandte der Schreiber Augen und Sinn wieder seinem Aktenbündel zu, und als er es in dem erbärmlichen Zustand sah, in den er es gebracht hatte, rief er, sich an nichts mehr erinnernd, unschuldig aus:«O heilige Muttergottes! Wer hat mir denn diese Papiere so zugerichtet?»
    « Ah, jetzt spielt Ihr also den Unschuldigen!», schrie die Signora und lief wie ein verrückt gewordenes Huhn im Zimmer auf und ab, den Rocksaum in der Hand, damit der Fleck sich nicht ausbreitete.«Agata! Lisetta! Ah, das wollt Ihr mir wohl weismachen, so eine Unverschämtheit...? Lisetta, Herrgottnochmal!»
    Erschrocken über das wütende Gezeter streckte ein Mädchen von ziemlich bäurischem Aussehen den Kopf bei der Tür herein, und als sie die Herrin erblickte, doppelt so rot wie sonst und die Nase noch einmal so spitz und bös, brach ihr der kalte Schweiß aus.
    « Wasser! Seife!», schrie die Signora.
    Lisetta verschwand wie der Blitz.«Aha, nun seid Ihr also auch noch zum Betrüger geworden, ein krummer Mohammed», fuhr sie zu Chirichillo gewandt fort, der die Augen reuevoll auf sein Bündel geheftet hielt, es mit dem Ärmel abwischte und gar nicht bemerkte, welchen Schaden er damit seinem einzigen Kleidungsstück zufügte.
    Wutentbrannt kam die Signora auf ihn zu, und schon war der arme Mann auf jene Prozedur gefasst, die die Venezianer in früheren Zeiten ihren Dogen hatten angedeihen lassen, bevor sie sie davonjagten. 83 Doch sie begnügte sich damit, ihm das Bündel aus den Händen zu reißen und es ihm, nachdem sie sich auf die Zehenspitzen gestellt hatte, gehörig unter die Nase zu reiben.
    « Fort mit Euch», sagte sie dann, zu ihrem Sessel zurückkehrend, und warf ihm das schmutzige und zerknitterte Bündel an den Kopf,«und kommt mir nie wieder unter die Augen, sofern ich es nicht befehle.»
    Ungerührt stieg Chirichillo zwei weitere Treppen hinauf in sein Zimmer. Dort wusch er sich das Gesicht, besah sich die zerrissenen Strümpfe, setzte sich auf eine Truhe, die zusammen mit einem Bett das ganze Mobiliar dieses Mäuselochs ausmachte, und murmelte:«Mein Gott, soll ich meine liebe Kleine wirklich nie mehr wiedersehen? »
    Die Vorsehung erfüllte ihm seinen Wunsch früher, als er zu hoffen gewagt hatte. Zwei Tage nach der Tragödie mit den Akten, dem Hündchen und der Pomade erschien Signora Cecilia mit gewichtiger und triumphierender Miene beim Mittagsmahl; nach der Suppe zog sie einen überaus freundlichen Brief Formianis aus der Tasche und las ihn den beiden Alten vor. Darin hieß es, er, Formiani, sei«der Bitte seiner teuren Freundin bereitwilligst nachgekommen», und Morosina wohne schon seit dem nämlichen Morgen in seinem Haus, wo sie hoffentlich so viel Aufmerksamkeit und Zuwendung gefunden habe, dass sie die Abwesenheit der Ihrigen verschmerzen, wo nicht vergessen könne. Er setzte jedoch hinzu, dass ein Besuch des Herrn Papa nicht übel angebracht wäre, und wenn Valiner und auch Chirichillo sich der Kutsche bedienen wollten, die er tags darauf nach Asolo schicken werde, würden sie ihm damit einen und dem Mädchen den allergrößten Gefallen tun.«Die Frage der Schicklichkeit eines solchen Besuchs stelle ich Eurem Urteil anheim, liebe Cecilia!»
    Damit endete der Brief, weshalb der Podestà, als er die Schlussformel vernommen hatte, die Augen voller Hoffnung, Schrecken und inständigem Bitten seiner Frau zuwandte, sodass Signora Cecilia sich auf die Lippen beißen musste, um nicht loszuprusten.«Ja, ja, Ihr... Ihr könnt fahren», lautete die feierliche Antwort auf diesen Blick.
    Als Chirichillo dieses betonte«Ihr»vernahm, das fast den Ausschluss weiterer Personen zu bedeuten schien, wandte er der Signora eine noch entgeistertere Miene zu als sein Prinzipal.
    « Seid unbesorgt!», sagte Signora Cecilia mit einem Lächeln.«Auch Ihr werdet mitfahren, obwohl, wenn es nach den Verdiensten ginge...! Aber lassen wir das, auch ich habe meine Fehler!»
    Dabei reichte sie Chirichillo die Hand, die er mit Küssen und Tränen bedeckte.
    Am nächsten Morgen in aller Frühe, als die von Formiani versprochene Kutsche eingetroffen war, schickten sich die beiden Alten, die schon seit dem Morgengrauen reisefertig waren, an,

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