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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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Hadernpapier 82 nach einer solchen Behandlung nur sein kann, mit zwei Fingern aufzuheben.«Was mache ich nur? Was mache ich nur?», fragte der Schreiber sich immer wieder.«Was mache ich mit der Herrin, die so empfindlich ist gegen üble Gerüche ...! Was mache ich mit der Signora, die es immer so eilig hat! Ach, das war aber wirklich eine grobe Fahrlässigkeit von mir! Ob man mir das dort oben als Todsünde anrechnet...? Ich glaube nicht...! Dachte ich doch gerade an die arme Morosina!»
    Und hier war Chirichillo schon wieder im Begriff, das Aktenbündel zu vergessen, doch der Barbier kam ihm zu Hilfe und fragte ihn, wieso er mit diesen besudelten Papieren in der Hand wie angewurzelt dastehe.
    « Was ich da mache, hm...? Was Wunder, was Wunder...! Das geht Euch an, Gevatter, Euch!», rief Chirichillo.«Der Hund hat das Malheur angerichtet, der Herr wird dafür büßen. Habt Ihr nicht etwas Orangenblütenwasser, Essenz oder Pomade?»
    « Wozu?», fragte der Barbier verblüfft.
    « Dumme Frage! Wozu...?», erwiderte Chirichillo.« Euer Hündchen hat mir diese Papiere so zugerichtet, wie Ihr seht, und es ist an Euch, will mir scheinen, mit Euren Essenzen den Gestank zu entfernen, sonst ist die Signora, die einen sehr empfindlichen Geruchssinn hat, eine Woche lang außer sich.»
    « Aber ich habe nur Rosenpomade ...!», rief der Barbier.
    « Dann eben Rosenpomade!», erwiderte Chirichillo, der nur sehr mäßige Kenntnisse in Parfümeriewaren besaß.
    « Aber wartet, dass ich Euch die Papiere erst trockne!», sagte der Barbier, der mit den Akten auf den Ofen zusteuerte.
    « Aber schnell!», erwiderte Chirichillo.«Sonst schimpft die Signora über die Verspätung!»
    « Die sind ja triefnass», entgegnete der andere und verbrannte sich die Finger an den Kohlen.« Wie soll ich da schnell machen?»
    « Schnell, schnell, die Rosenpomade!», brüllte Chirichillo.
    « Na gut, da habt Ihr Eure Rosenpomade», antwortete der Barbier, ärgerlich über die Brandwunde, die er sich zugezogen hatte.«Da, nehmt», fuhr er fort und drückte ihm ein Döschen mit Schweinefett in die Hand, dem zwei Tröpfchen Rosenöl beigemengt waren, eine Mischung, die der Barbier als neapolitanische Pomade verkaufte.
    Chirichillo nahm Papiere und Döschen an sich, und teils, weil er in Gedanken schon wieder bei Morosina war, teils aus Angst, wegen des Gestanks ausgeschimpft zu werden, ferner aus Furcht, für die Verspätung gerügt zu werden, eilte er im Laufschritt in Richtung Amtsgebäude, ohne zu wissen, was er tat. Das Hündchen saß immer noch dort, zwei Schritt von der Tür entfernt, und als es den Mann so hastig aus dem Laden seines Herrn stürzen sah mit Sachen aus dessen Geschäft in Händen, war es gewiss nicht abwegig, ihn für einen Dieb zu halten; im Gegenteil, bei dem bisschen Verstand, das Hunden von Natur aus verliehen ist, war das ein geradezu bewunderungswürdiger Vernunftschluss. Bellend heftete es sich also an die Fersen des Flüchtenden, es bellte und lief und lief und bellte, und da weder jener haltmachte noch sein Herr Anstalten, ihn dazu aufzufordern, beschloss es, selbst tätig zu werden, und schlug seine Zähne entschlossen in Chirichillos Wade ... Das heißt, damit wir uns recht verstehen, es schlug seine Zähne in das, was aller Erwartung gemäß eine Wade bedecken sollte, und es war nicht seine Schuld, wenn ihm nur zwei Strumpffetzen zwischen den Zähnen hängen blieben, einer aus schwarzem Zwirn und einer aus weißem Hanfleinen.« Oh, du Gauner! Diese Strümpfe wirst du mir bezahlen!», rief immer noch laufend Chirichillo, während das Hündchen die Fetzen losgelassen hatte, mit aufgestelltem Schwanz, gespitzten Ohren und zur Seite geneigtem Kopf stehen blieb und ihn wie verwundert verschwinden sah.
    « Ah, endlich bin ich da!», murmelte Chirichillo, als er die Treppe der Podesteria hinaufstieg und den Rest der Pomade auf den armen Papieren verteilte.« Ach, und die liebe Morosina...! Dass ich sie nicht hier haben kann...! Genug», brummte er beim Betreten der Amtsstube,«wenn mir noch ein Tod beschieden ist, so hoffe ich, dass mir diese Schmerzen entgolten werden!»
    « Was habt Ihr denn da in Händen?», fragte halb ärgerlich, halb erstaunt die Signora, die mit ihrem vier Spannen hohen Toupet majestätisch auf dem Sessel des Podestà thronte, vor sich eine Flut von Papieren.
    Gänzlich in seine Gedanken versunken, hörte Chirichillo die Frage gar nicht und reichte ihr das Paket, von dem, in der Junihitze geschmolzen,

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