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Ein Engel an Güte (German Edition)

Ein Engel an Güte (German Edition)

Titel: Ein Engel an Güte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ippolito Nievo
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Wortgefechte in ihre Gemächer zurückgezogen, fühlte sich der Inquisitor unruhiger als gewöhnlich; er erhob sich vom Bett, zog einen Schlafrock an und ging in sein Arbeitszimmer, wo er, nachdem er einige Briefe durchgesehen hatte, die Glocke zog. Es erschien Bernardo, sein fidus Achates 96 .« Dann ist es also sicher, dass der Cavaliere morgen nach Asolo reist?»
    « Morgen um fünf, ohne jeden Zweifel», antwortete der Cappanera.
    « Da wird er ja heute ziemlich nervös sein, der Ärmste, hm?»
    « Mächtig nervös... er hofft... er verzweifelt... er kann es gar nicht erwarten fortzukommen... dann wieder verflucht er den Augenblick, da er sich auf ein so verrücktes Abenteuer mit so untauglichen Gefährten einließ; und all das ist ihm so deutlich vom Gesicht abzulesen, als ob es in meinem Gebetbuch stünde.»
    « Aber das Entscheidende ist doch: Wird er fahren? »
    « Er wird ganz sicher fahren, denn der Cavaliere steht unverbrüchlich zu seinem Wort, wenn er es einmal gegeben hat, und von dem, was da draußen vorgeht, kann er nichts wissen, weil die Briefkuriere in Fusina und in Mestre rechtzeitig abgefangen worden sind.»
    « Ach, der teure Graf», meinte der Inquisitor.« Was für gute Dienste er seinen Freunden erweist! Sogar mit der Galeere will er sie beglücken! Und hast du Neuigkeiten von ihm?»
    « Momolino hat geschrieben; und der Herr rührt sich nicht aus Fonte fort.»
    « So ein Einfaltspinsel! Er verlässt sich auf die Straffreiheit 97 und auf Marcoligo; aber meiner Einschätzung nach wird diesmal der Spion für alle büßen...! Ist Tramontino bereit?»
    « Zusammen mit seinem Kameraden steht er zu Seiner Exzellenz Befehl.»
    « Ach, was für ein Spaß! Wie der teure Graf sich wundern wird, wenn dieser Teufelskerl von Giannozzo über ihn herfällt, von dem er glaubte, er hätte ihn in die Bleikammern geschickt, um dort für die anderen den Quartiermeister zu spielen...! Gut, gut...! Unterdessen sag dem Sekretär der Zehn in meinem Namen, dass ich den Bericht über die Frage der Neutralität übermorgen verlesen werde.»
    « Es soll geschehen», antwortete Bernardo.
    « Und schlaf gut», setzte der Inquisitor noch hinzu, schon wieder auf dem Weg zurück in sein Schlafzimmer.«Schick mir heute Abend Don Gasparo, sonst kann ich wegen gewisser Sorgen trotz Opium nicht mehr einschlafen.»
    Als der Meister wenig später mit einem riesigen Stoß Papieren unterm Arm herunterkam, fand er seinen Herrn schon wieder im Bett.«Wie viele Oktaven hast du seit dem letzten Mal neu hinzugedichtet?», fragte der ihn.
    « Einhundertzweiundneunzig!», rief Gasparo in lehrmeisterhaftem Ton,«und damit beende ich den achten Gesang.»
    « Das ist mehr als genug», murmelte der Inquisitor.« Und du trägst sie jetzt zum ersten Mal vor?»
    « Zum ersten Mal?», erwiderte der Meister.«Sagen Sie lieber, zum dritten Mal! Heute Morgen habe ich sie Doktor Chirichillo aufgesagt und vor dem Essen dem Podestà Valiner, der davon immer, nun, sagen wir einmal, recht benommen wird.»
    « Lies nur vor, oder deklamier sie, ganz wie du willst», sagte Formiani zu ihm. Und ausnahmsweise hielt er diesmal länger durch als bis zur vierten Stanze; man darf wohl annehmen, dass ihm an diesem Abend viele und schwerwiegende Dinge durch den Kopf gingen, wenn er erst bei der zwölften einschlief.
    Am nächsten Tag saß Morosina ganz allein in ihrem Arbeitszimmerchen, als unversehens ihr Gemahl eintrat.«Guten Tag, meine kleine Braut», sagte er mit einem Kuss auf ihren Mund.«Da habe ich dich überrascht, nicht wahr?»
    Tatsächlich geschah es zum ersten Mal, dass er den Fuß in das Zimmer seiner Frau setzte.
    « Sehr angenehm überrascht», antwortete Morosina, wobei sie irgendeine Handarbeit von dem Stuhl an ihrer Seite nahm, um ihm Platz zu machen.
    « Heute bin ich ganz für dich da, mein Schatz», sagte Formiani, indem er sich setzte,«das heißt, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt... Und da dachte ich mir, ich nutze diesen Moment der Freiheit, um mich an deiner erbaulichen Gesellschaft zu erfreuen.»
    « Danke, danke!», antwortete Morosina voller Güte.«Ich wünschte, mir wäre gegeben, Euch öfter in meine Nähe zu locken.»
    Derart plauderten sie eine ganze Weile, und Formiani war so liebenswürdig, jedes Wort in dieser Unterhaltung verströmte nach echt venezianischer Sitte so viel Witz und so viel Güte, dass Morosina darüber ihr seit Langem verlorenes Lächeln wiederfand und der abgeklärten Heiterkeit des Gemahls ihre jugendliche

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