Ein Engel fuer Charlie
meine, nachdem Sie sich umgezogen haben…“
Das Bild, wie Charlie ihr gestern Abend die Jeans ausgezogen hatte, stieg wieder in ihr auf. Es war eine Erinnerung, die Starla nicht so bald vergessen würde. Aber wahrscheinlich legte sie viel zu viel Bedeutung in diese kleine Begebenheit. Sie hatte doch gesehen, wie Charlie mit Meredith umging, so liebevoll und umsichtig.
Ein Mann wie er konnte gar nicht anders – er musste wahrscheinlich einfach helfen.
Oder konnte es sein, dass sie sich nur etwas vormachte?
Wenn sie jetzt darüber nachdachte, hatte sein Gesichtsausdruck gestern Abend im Bad ziemlich angespannt gewirkt. Sie war nicht naiv. Es war nur natürlich, dass Männer und Frauen sexuelle Gedanken hatten und erst recht in einer Situation, in der sie sich gestern befunden hatten. Verflixt, was war nur mit ihr los? Seit sie Charlie heute Morgen in der Küche mit nacktem Oberkörper gesehen hatte, musste sie fast ununterbrochen an ihn denken.
Sie saß mit Meredith vor dem Kaminfeuer, als auch Charlie, nun mit trockenen Kleidern, ins Zimmer kam.
„Meine Werkstatt liegt auf der anderen Seite der Küche. Dort hinten durch diese Tür. Falls Sie irgendetwas benötigen, rufen Sie mich einfach. Falls ihr mich nicht braucht, sehen wir uns zum Mittagessen.“
Starla nickte.
Meredith lief zu ihrem Vater und gab ihm einen dicken Kuss, den sie prompt zurückerhielt. Dann war Charlie verschwunden.
„Ich werde meine Barbies holen“, erklärte Starlas neue Freundin fröhlich und lief ebenfalls hinaus.
Während Charlie in seiner Werkstatt arbeitete, hatte Starla ausreichend Gelegenheit, sich umzusehen. Das Wohnzimmer war großzügig geschnitten, hell und freundlich. Handgewebte farbige Brücken lagen auf dem schönen Holzboden, und die bequeme Ledercouch und die Sessel gaben dem Ganzen zwar einen maskulinen Touch, machten den Raum aber auch behaglich. Über dem großen Kamin hing ein antiker Spiegel. Vater und Tochter schienen hier ein gutes Leben zu führen, ohne große finanzielle oder private Probleme.
Meredith7 schien jedoch ihre Mutter zu vermissen. Zumindest hatte Starla den Eindruck, wenn sie an ihre Unterhaltung im Truck zurückdachte. Dieses Engelbuch hatte offensichtlich eine große Bedeutung für das Mädchen. Sie unterbrach zwei Mal Barbies Campingausflug, um Starla wiederholt die Geschichte mit dem Engel zu erzählen, und beide Male ging sie ausführlich ins Detail.
„Ich werde mein Buch in einer Woche zurückbekommen. Dann kann ich dir die Bilder zeigen.“
Starlas Herz floss vor Mitgefühl mit dem kleinen Mädchen über. Selbst heute noch sehnte sich Starla manchmal nach der Nähe und dem Rat ihrer Mutter, und Meredith war erst fünf Jahre alt. Wie musste dieses Kind sich fühlen!
Gerührt zog sie die Kleine auf den Schoß und strich ihr leicht über das glänzende Haar. Sie hatte noch nie so viel Zeit mit einem Kind verbracht, war noch nie einem Kind so nahe gewesen. Sie war überrascht, wie viel Zuneigung die Kleine in ihr hervorrief und wie sehr sie ihre Bemerkungen und Fragen überraschten und amüsierten.
„Hast du gewusst, dass ein Kamel ganz lange ohne Wasser laufen kann?“ fragte Meredith nun. Im Hintergrund waren gedämpfte Geräusche von Hämmern, einem elektronischen Schraubenzieher und hin und wieder einer Motorsäge zu hören.
„Ich weiß, dass diese Tiere Wasser speichern können.“
„Ja, und sie können ihre Nasen verschließen, damit sie keinen Sand hineinbekommen.“
„Das habe ich nicht gewusst.“ Starla schaute zum Fenster hinüber und sah, dass es immer noch schneite. Kurz fühlte sie Besorgnis. Das Haus der McGraws lag sehr abgelegen. Wie lange würde es dauern, bis sich die Verhältnisse hier wieder normalisiert hatten?
Die Tür zur Werkstatt wurde geöffnet, und Charlie erschien. Er hatte die Ärmel seines Flanellhemdes hochgekrempelt. Er zog es aus, hängte es an einen Haken neben der Tür und präsentierte seine Muskeln in einem eng sitzenden, schwarzen TShirt. Nachdem er seine Hände gewaschen hatte, kam er wieder zurück. „Wer hat Hunger?“
Meredith nahm schnell die Barbies und lief so hastig zu einer orangefarbenen Plastikkiste hinüber, dass sie einen Teil ihres Spielzeugs verlor. „Ich!“ rief sie.
Charlie bereitete ThunfischSandwiches und gewärmte Dosensuppe zu, und dann setzten sie sich an die Theke und aßen genüsslich.
„Ich weiß noch nicht einmal, ob ich die beiden letzten Bestellungen meiner Kunden überhaupt ausliefern kann“, meinte
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