Ein Engel fuer Emily
klar, um mit deinem Anrufbeantworter zu plaudern.«
»Er liebt dich fast so sehr wie ich.«
»Das Gefühl beruht auf Gegenseitigkeit. Tschüs.«
Emily stand auf und betrachtete unschlüssig ihren Koffer. Sie sollte auf Donald hören und abreisen. Ja, das wäre das Vernünftigste. Doch schon in der nächsten Sekunde lag ihre Hand auf der Türklinke, und ihr Koffer stand noch immer an Ort und Stelle. Sie musste Michael suchen und ihn warnen!
Sie bekam keine Gelegenheit, ihr Vorhaben auszuführen. Die Tür flog auf und wäre um ein Haar gegen ihr Gesicht geprallt. Vor ihr stand Michael, und man musste kein Hellseher sein, um zu bemerken, dass er aufgebracht und wütend war.
Er sah von ihr zum Koffer und wieder zurück. »Sie hatten vor, mich im Stich zu lassen, hab’ ich recht?«, fragte er atemlos.
Emily wich zurück. »Wie sind Sie hier hereingekommen? Die Tür war abgeschlossen.«
»Türen zu öffnen scheint eine meiner besonderen Fähigkeiten zu sein«, entgegnete er abfällig, als er auf sie zuging. »Es ist schlimm genug, dass Sie mich nicht erkennen, sich nicht an mich erinnern, aber jetzt wollten Sie mich auch noch meinem Schicksal überlassen.«
»Sie sind irre, wissen Sie das?« Ihr Rücken stieß an den Schrank, und Michael kam unaufhaltsam näher. »Nur zu Ihrer Information, ich wollte mich gerade auf die Suche nach Ihnen machen und Sie warnen.«
Gerade als er ihr so nahe war, dass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spürte, wandte er sich ab. »Ich habe diesen Körper gesehen, in eurem ...«
»Fernsehen.«
»Ja. Jemand will mich umbringen.«
»Nein, sie haben Sie umgebracht«, korrigierte sie ihn und konnte selbst nicht fassen, was sie da sagte. »Aber Sie sind unschuldig. Ich habe mit Donald über Sie gesprochen und ...«
»Sie haben was getan? Sie haben jemandem von mir erzählt?«
»Nur Donald. Hören Sie, ich kann Ihnen eine Karte zeichnen und Ihnen den Weg zu einer verlassenen Hütte in den Bergen beschreiben. Ich gebe Ihnen sogar meinen Wagen, und Sie haben Geld und können sich Lebensmittelvorräte kaufen. Verstecken Sie sich in der Hütte.«
»Was meinen Sie, wie lange eure Polizei brauchen würde, bis sie herausfindet, dass Sie mit mir zusammen waren? Zehn Minuten? Fünfzehn?«
Er strich sich mit der Hand über das Gesicht, als er versuchte, sich zu beruhigen. »Emily, ich weiß nicht, welche Aufgabe ich hier auf Erden erfüllen soll, aber sie hat irgendetwas mit Ihnen zu tun, und ich habe alle Zeit, die ich erübrigen konnte, darauf verwendet, Sie zu umwerben ...«
»Mich zu umwerben? So nennen Sie das? Sie haben mir gedroht, mich wegen Trunkenheit am Steuer anzuzeigen, wenn ich nicht...»
Sie brach ab, weil Michael sie packte und ihr die Hand auf den Mund presste. Emily versuchte sich zu wehren und zu schreien, aber er hielt sie zu fest. Eine Sekunde später klopfte jemand an die Tür. Emily wand sich, um Michael zu entkommen - ohne Erfolg.
»Miss Todd«, ertönte eine Männerstimme auf dem Flur.
Michael zerrte Emily zum Fenster, als wollte er sie dazu bringen hinauszuklettern, aber sie klammerte sich an den Rahmen.
»Sie glauben, dass Sie einem der zehn am meisten gesuchten Verbrecher geholfen haben«, flüsterte Michael ihr ins Ohr. »Was meinen Sie, was sie mit Ihnen tun werden?«
Emily dachte nach. Weder sie noch Donald konnten die öffentliche Aufmerksamkeit brauchen, die es erregen würde, wenn sie in der Gesellschaft dieses Mannes aufgefunden wurde. Michael nahm die Hand von ihrem Mund und schob das Fenster ein Stück weiter auf.
»Aber ich habe gar nichts getan«, raunte sie und bemühte sich, ihn zurück zur Tür zu stoßen.
»Genau wie Michael Chamberlain«, sagte er nah an ihrem linken Ohr.
Emily zögerte nur eine Sekunde, ehe sie aus dem Fenster auf den kleinen Balkon davor kletterte. Michael blieb dicht hinter ihr.
»Und jetzt?«, fragte sie. Sie drückte sich mit dem Rücken gegen die Mauer. »Breiten Sie Ihre Flügel aus, und schweben wir auf die Erde?«
»Ich wünschte, ich hätte sie mitgebracht«, entgegnete Michael ernst, obwohl sie eigentlich einen Witz hatte machen wollen. Er besah sich die Hauswand genauer. »Keine Flügel, aber wir können es trotzdem schaffen«, sagte er und deutete mit dem Kinn auf die Regenrinne.
»Wenn Sie glauben, ich ...«
Michael hob sie kurzerhand auf das Balkongeländer und betrachtete die Regenrinne. »Stellen Sie Ihren Fuß dort drauf und halten Sie sich an diesem Sims fest.«
»Und dann?«
Er sah sie mit blitzenden
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