Ein Engel fuer Emily
Ball findet nämlich morgen Abend schon statt. Du machst keine halben Sachen, stimmt’s?«
»Kann ich mir derzeit nicht leisten«, gab Emily zurück, ehe sie sich verabschiedete und auflegte. Im nächsten Moment rief sie: »O nein, ich habe vergessen, mit Irene über ein geeignetes Kleid zu sprechen. Von Irene kann ich mir nichts leihen. Sie ist einen Kopf größer als ich.«
»Darum kümmere ich mich«, sagte Michael, ohne sie anzusehen. »Wie heißt noch mal dieses Geschäft, in dem du so gern einkaufen würdest?
Emily hatte nicht vor, ihm zu zeigen, dass sie sehr wohl wusste, worauf er anspielte. »Ich habe keinen blassen Schimmer, was du meinst.«
Er zog eine Augenbraue hoch.
»Neiman Marcus in Dallas, Texas«, sagte sie missmutig.
Michael verzog die Lippen zu einem kleinen Lächeln. »Du weißt immer, was ich will«, sagte er leise. »Ob ich einen Körper habe oder nicht - du verstehst mich.«
Emily hätte ihm gern klargemacht, dass sie ihn keineswegs verstand und seit zwei Tagen überhaupt nicht mehr wusste, was er wollte, aber sie schwieg. Stattdessen murmelte sie etwas davon, dass sie wieder hinaufgehen würde, und als Michael keine Einwände erhob, machte sie sich auf den Weg zum Dachboden.
Michael sah ihr wehmütig nach. Es kostete ihn große Mühe, ihr nicht zu folgen. »Ich bin es ihr schuldig«, beschwor er sich selbst und dachte an ihre einsamen Lebenszeiten und das Unglück, das er ihr beschert hatte. »Ich mache denselben Fehler nicht noch einmal.«
Mit Alfreds Hilfe machte er die Telefonnummer des Geschäfts in Dallas ausfindig und rief dort an.
Eine halbe Stunde später legte er auf und lächelte zufrieden. Die Verkäuferin war sehr zuvorkommend gewesen und hatte ihm ein Kleid empföhlen, für das jede Frau »einen Mord begehen« würde. »Das hoffe ich nicht«, sagte er, und die Frau lachte und eröffnete ihm, dass das Kleid, das sie im Sinn hatte, etwas über zehntausend Dollar kostete. Alfred machte sich am Computer zu schaffen, und dann, im nächsten Augenblick, erschien eine Kreditkartennummer und eine Adresse auf dem Monitor. Michael las der Verkäuferin die Angaben vor. Er fragte Alfred nicht ausdrücklich danach, aber er wusste, dass irgendein steinreicher Mann im nächsten Monat ein sündhaft teures Kleid, die passenden Schuhe und einen Mantel bezahlen würde, ohne jemals zu erfahren, dass seine Frau diese Sachen gar nicht gekauft hatte.
Nachdem das Problem mit dem Kleid gelöst war, widmete sich Michael wieder dem Computer. Vielleicht stieß er auf etwas, was ihm verriet, weshalb das Leben seiner Emily in Gefahr war. Nein, sie ist nicht meine Emily, korrigierte er sich in Gedanken. Bald würde sie zu einem anderen Mann gehören, einem Mann, der, wie man ihm versichert hatte, fürsorglich, umgänglich, intelligent und geistreich war.
Michael wollte gar nicht mehr daran denken, in welch glühenden Farben der Engel die Vorzüge seines Schützlings geschildert hatte.
»Alfred«, sagte Michael, »sag dem Captain, dass ich die Rubine seiner Frau brauche.« Er horchte einen Moment. »Ja, alles - Armband, Ohrringe und Collier ... Nein, er bekommt sie nicht zurück. Ich möchte sie Emily ganz überlassen.<<
Er widmete sich wieder dem Computer und versuchte, sich ganz auf seine Arbeit zu konzentrieren.
Kapitel 21
Wenn ich dich nicht lieben würde, dann würde ich dich hassen«, sagte Irene, als sie Emily in dem dunkelroten Kleid betrachtete. Dafür, dass es so viel Geld gekostet hatte, war es täuschend schlicht. Es schien nichts weiter als eine Satinhülle zu sein, aber es war so geschnitten, dass es Emilys üppigen Busen nach oben schob, sodass er beinahe aus dem Dekollete quoll.
»Meinst du nicht, das ist ein bisschen zu viel?«
»Du oder das Kleid?«
»Beides wahrscheinlich«, sagte Emily ängstlich, als sie versuchte, ein bisschen von ihrem Fleisch unter den Stoff zu schieben.
»Liebes, weißt du eigentlich, wie viel so einige Frauen für einen solchen Busen bezahlen würden?«
Emily kicherte.
»Also, ich muss schon sagen, dein Freund hat wirklich Geschmack.«
»Er ist nicht...«
»Ja, ja«, wehrte Irene ab, »das hast du mir schon einmal erzählt. Er ist nicht dein Liebhaber. Klar, und ich bin von Natur aus blond. Was treibt er übrigens mit diesem Computer?«
»Er versucht herauszufinden, wer mir nach dem Leben trachtet«, erklärte Emily wahrheitsgemäß. Sie hatte ihrer Freundin die ganze Wahrheit gesagt, aber Irene war sich dessen gar nicht bewusst. Sie hatte viel
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