Ein Engel fuer Emily
können. Er hatte viel auf sich genommen, um einen geeigneten Heiratskandidaten für sie zu finden, und sich noch mehr Mühe gegeben, um sicherzustellen, dass sie für diesen Mann attraktiv war. Emily war eher an Leute wie Donald gewöhnt, die beiläufig ein »Danke« einfließen ließen, wenn sie ihnen einen Stapel Papiere übergab, an dem sie drei Wochen hart gearbeitet hatte.
»Ich weiß wirklich zu schätzen, was du alles für mich getan hast«, sagte sie leise. »Es gibt nicht viele Männer, die so selbstlos gewesen wären.«
Michael lächelte. »Ich bin ein Schutzengel, schon vergessen? Mich um dich zu kümmern ist mein Job.«
»Wie ist er?«
»Wer?«
»Der Mann, den ich heute kennen lernen soll.«
»Freundlich, umsichtig - ein sehr guter Mann. Tut eine Menge guter Werke. Er wird im nächsten Leben auf eine höhere Ebene gestellt. Er hat sich wirklich dem Guten verschrieben - genau wie du.«
Emily lehnte sich in dem Ledersitz zurück. Sie stellte sich eine Zukunft mit einem Mann vor, der sich um Heim und Familie sorgte. »Danke«, raunte sie. »Es ist nett von dir, dass du das für mich tust. Ich bin dir wirklich von Herzen dankbar«, setzte sie bewegt hinzu.
Eine halbe Stunde später schlugen ihre warmherzigen Gefühle für Michael ins Gegenteil um.
»Du niederträchtiger, schmieriger...« Ihr fiel kein Schimpfwort ein, das schlimm genug für ihn gewesen wäre. Und die Worte, die ihr im Kopf herumspukten, hätte sie nie ausgesprochen, aber sie hoffte inständig, dass er ihre Gedanken lesen konnte, und strengte sich an, ihm einige ganz eindeutige Botschaften zu übermitteln.
»Emily, Liebes, er ist wirklich ein netter Mann. Er ist...«
»Ich will kein Wort von dir darüber hören«, fauchte sie und lächelte einer Frau in einem engen schwarzen Kleid zu, die sie neugierig beäugte. Dann wandte sie sich wieder an Michael. »Ich habe dir vertraut und an dich geglaubt!«
»Aber er ist...«
»Sag’s nicht. Ich rate dir, sag nicht, dass er gut ist!« Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so wütend gewesen zu sein.
Sie waren auf diesen himmlischen Ball gekommen, und auf den ersten Blick war alles so, wie Emily es sich vorgestellt hatte. Sie schwebte förmlich die große Marmortreppe hinauf in den funkelnden Saal. Es tat ihr Leid, den Mantel ausziehen zu müssen, doch sie gab ihn an der Garderobe ab und bahnte sich an Michaels Arm einen Weg durch die Menge der elegant gekleideten und mit glitzernden Juwelen geschmückten Gaste. Alles war vollkommen, und sie hatte das Gefühl, in ihrem raffinierten Kleid und mit den Rubinen dazuzugehören.
Erst als Michael sie an ihren Tisch führte, wurde sie stutzig. »Ihr» Tisch stand so weit weg von allen anderen, dass sie kaum die Tanzfläche sehen konnte. Riesige Palmen schirmten sie von den Tänzern und den anderen Gästen ab. Es war fast, als stünden sie außerhalb und würden heimlich das Geschehen beobachten.
»Hier sind wir ungestört», meinte Michael, und Emily lächelte matt. Vielleicht war es ja wirklich besser, etwas abseits des Trubels zu sein, wenn sie dem Mann ihres Lebens zum ersten Mal begegnete.
Zwanzig Minuten später hätte sie Michael am liebsten erwürgt. Ein älterer Herr nahm an ihrem Tisch Platz und bemühte sich, Emily in eine höfliche Konversation zu verstricken. Aber sie verrenkte sich all die Zeit den Hals und hielt nach dem Auserwählten Ausschau - wie er wohl aussah?
»Mr. Greene hat eine Stiftung für die Krebsforschung gegründet», sagte Michael zu Emily.
»Wie großzügig von ihm«, erwiderte sie und spähte über Mr. Greenes Schulter zur Tanzfläche.
»Gewöhnlich besuche ich solche Veranstaltungen nicht«, gestand Mr. Greene, »aber heute habe ich eine Ausnahme gemacht, weil dies ein Wohltätigkeitsball ist. Und ich habe darum gebeten, einen Platz an diesem Tisch zu bekommen, weil man hier am wenigsten von dem Trubel auf der Tanzfläche belästigt wird. Ich tanze nicht gern und verabscheue diesen Wirbel. Wie ist es mit Ihnen?«, wollte er von Emily wissen.
»Oh, ich liebe es - ich tanze sehr gern.« Sie sah Michael tief in die Augen und formulierte im Geist die Frage, wann der Heiratskandidat endlich auftauchte. Michael deutete kaum merklich mit dem Kinn auf Mr. Greene. »Und Sie beteiligen Ihre Angestellten an den Gewinnen Ihrer Unternehmen, hab’ ich Recht?«
»Ja. Sie helfen mir, ich helfe ihnen.«
»Sie sind Witwer, oder?«
»Meine liebe Frau ist vor vierzehn Jahren von mir gegangen. Ich hätte gern noch einmal
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