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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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geschickt und eine Online-Dokumentation der Bank erhalten. Theoretisch könnte man sogar ein Nummernkonto eröffnen, ohne vom Schreibtisch aufzustehen, aber Creed hatte darauf bestanden, jemanden zu treffen.
    Er bog in eine Nebenstraße der Bay Street ein und betrat eine der kleinen Zweigstellen, die direkt an der Straße lagen.
    Als er eine knappe halbe Stunde später wieder herauskam, umspielte ein Lächeln seine Lippen. John Grisham und Co. hatten nicht gelogen! Es war sogar noch leichter als in den Romanen. Zuerst fielen die Worte, die er erwartet hatte: Vertraulichkeit, Bankgeheimnis, Steuerfreiheit … Dann regelte sich alles wie von selbst. Genau genommen war das Formular zur Kontoeröffnung in weniger als einer Viertelstunde ausgefüllt und unterschrieben. Fünf Prozent effektiver Jahreszins ohne Steuer, ein Scheckheft, eine Bankkarte, die weder seinen Namen noch irgendeine andere wichtige Information auf dem Magnetstreifen enthielt, aber an allen Geldautomaten der Welt verwendbar war. Genau das, was er suchte. Man hatte ihm auch zugesichert, dass sein Konto der Steuerfahndung und der Polizei nicht zugänglich sei. Er hatte die Gelegenheit genutzt, in einem der kleinen unterirdischen Tresorfächer den braunen Umschlag mit der Kopie des Films zu hinterlegen, der ihm zu seinem Glück verhelfen sollte.
    Und für all das waren keine weiteren Formalitäten nötig als eine Fotokopie seines Passes und eine Bankbürgschaft von fünfzehntausend Dollar. Am Tag zuvor hatte er, noch immer ohne seiner Frau etwas zu sagen, seinen Pick-up verkauft, um sich einen Teil der Summe zu besorgen. Er hatte zudem fünftausend Dollar von ihrem gemeinsamen Konto abgehoben. Er nahm sich aber vor, Christy das Doppelte zurückzuzahlen, später, wenn er weit weg und sehr reich sein würde.
    Creed Leroy spürte die milde Luft. Noch nie war er fröhlicher gewesen. Zu seinem Glück fehlte nur noch das eine: dass Nathan Del Amico ihn anrief und sie einen Treffpunkt vereinbarten.
    Er kam an einem eleganten Friseursalon im Kolonialstil vorbei und blickte durch die Scheibe. Wie in alten Zeiten ließ sich ein Kunde rasieren und genoss das beruhigende Gefühl, ein dampfendes Handtuch auf das Gesicht gelegt zu bekommen. Dieser Anblick machte ihn neidisch. Er war noch nie zuvor rasiert worden. Er beschloss, hineinzugehen. Es war an der Zeit, sein Aussehen zu verändern, diesen mickrigen Bart abzurasieren und die Haarzotteln abzuschneiden, die ihm bis über den Kragen hingen. Danach würde er sich in eines der Luxuswarenhäuser begeben, um die Kleidung zu kaufen, die seinem künftigen sozialen Status entsprach.
    Eine junge Frau bat ihn, Platz zu nehmen. Er hatte sich gerade gesetzt, als sein Telefon klingelte. Vorausschauend hatte er dafür gesorgt, dass Anrufe in der Tankstelle auf sein Handy umgeleitet wurden. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Sie zeigte zehn Uhr zweiundzwanzig, da er vergessen hatte, den Zeiger wegen der Zeitverschiebung um eine Stunde vorzustellen.
    »Hallo?«, meldete sich Creed Leroy mit unverhohlener Ungeduld.
    »Nathan Del Amico am Apparat.«
    Garrett Goodrich stieß einen Schrei der Erleichterung aus:
    »Lieber Himmel, Nathan, ich habe Ihnen mehrere Nachrichten hinterlassen! Und erst jetzt entschließen Sie sich, mich anzurufen! Was ist das für eine Geschichte mit dem Unfall?«
    »Ich werde Ihnen alles erklären, Garrett. Hören Sie, ich bin in der Cafeteria des Krankenhauses. Haben Sie einen Moment Zeit für mich?«
    »Wie spät ist es?«, fragte der Arzt, als hätte er jedes Zeitgefühl verloren.
    »Beinahe halb eins.«
    »Ich mache eben noch ein paar Akten fertig, in zehn Minuten bin ich bei Ihnen.«
    »Garrett?«
    »Ja?«
    »Sie müssen mir bitte noch einmal einen ganz großen Gefallen tun.«
    Kanzlei Marble & March
    16.06   Uhr
    »Haben Sie denn gar keine Idee, Abby?«
    »Was denn für eine Idee?«
    Mit gefalteten Händen und nachdenklicher Miene drehte sich Nathan auf seinem Sessel.
    »Wie ich Ihnen erklärt habe, bin ich bereit, diese Summe zu zahlen. Aber ich möchte ganz sicher sein, dass es sich um eine einmalige Zahlung handelt. Bedauerlicherweise ist das mit Erpressern so eine Sache, man weiß immer, wann sie anfangen …«
    »… aber man weiß nie, wann sie aufhören«, vervollständigte sie den Satz.
    »Genau das ist es, ich will nicht, dass dieser Leroy in sechs Monaten oder einem Jahr erneut bei Jeffrey aufkreuzt oder bei Mallory … oder sogar bei mir«, fügte er stockend hinzu.
    »Erpressung

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