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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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gerade noch Zeit, den Notdienst zu informieren, bevor er auf dem Fliesenboden in der Küche zusammenbrach. Als die Fahrer des Rettungswagens bei ihm eintrafen, zeigte er alle Anzeichen eines schweren Herzinfarkts. Bei seiner Ankunft hier in der Klinik hatte er bereits einen Herzstillstand. Wir taten unser Möglichstes, ihn wiederzubeleben, aber wir haben es nicht geschafft. Es tut mir Leid. Wenn Sie ihn sehen wollen, kann eine Krankenschwester Sie in sein Zimmer führen.«
    »Nein, nein, nein«, rief sie tränenüberströmt. »Ich habe ihn doch gerade erst wiedergefunden. Das ist nicht gerecht! Das ist nicht gerecht!« Sie zitterte, ihre Beine waren wie Gummi, sie hatte das Gefühl, ein Abgrund öffnete sich vor ihr. Und wieder waren Nathans Arme ihre einzige Stütze.
    Der Anwalt nahm die Dinge in die Hand. Zuerst erkundigte er sich, was mit Josh geschehen war. Man erklärte ihm, das Kind sei zur gleichen Zeit wie sein Großvater in die Klinik gebracht worden und warte in der Kinderabteilung auf seine Mutter. Dann begleitete er Candice in das Zimmer, in dem die Leiche ihres Vaters aufgebahrt war. Nachdem die junge Frau Nathan für seine Hilfe gedankt hatte, bat sie ihn, sie eine Weile allein zu lassen.
    In der Halle erkundigte er sich bei der Aufnahme, ob Dr.   Goodrich heute Abend Dienst habe. Er erhielt eine negative Antwort. Er suchte in einem öffentlichen Telefonbuch und erreichte den Arzt im Zentrum für Palliativmedizin.
    »Garrett, Sie haben sich vollkommen geirrt«, verkündete er mit tonloser Stimme.
    Er war dermaßen aufgewühlt, dass der Hörer in seiner Hand zitterte.
    »Inwiefern?«, erkundigte sich der Arzt.
    »Nicht Candice sollte sterben!«
    »Wie bitte?«
    »Sondern ihr Vater.«
    »Hören Sie, Nathan, ich verstehe kein Wort von dem, was Sie sagen.«
    Der Anwalt atmete tief durch und versuchte seine Erregung zu beherrschen.
    »Ich bin in der Klinik«, erklärte er etwas ruhiger.
    »Candices Vater ist gerade an einem Herzinfarkt gestorben.«
    »Scheiße«, sagte der Arzt ehrlich überrascht.
    Nathans Stimme bebte vor Zorn:
    »Sie hatten diesen Tod also nicht vorhergesehen, nicht wahr? Sie hatten diesen kleinen Lichtschein nicht bemerkt?«
    »Nein«, gab Goodrich zu, »ich hatte nichts vorhergesehen, aber ich hatte mich diesem Mann auch nie so weit genähert, um etwas über …«
    »Hören Sie zu, ich glaube, es wird höchste Zeit, einen Schlussstrich unter Ihre haarsträubenden Theorien zu ziehen. Der Tod hat einen anderen geholt, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.«
    »Sie täuschen sich. Dieser Mann war schon älter, hatte vielleicht bereits ein Herzleiden. Sein Tod beweist gar nichts.«
    »Auf jeden Fall ist Candice gerettet, Garrett, das ist alles, was ich weiß.«
    »Ich hoffe, Sie haben Recht, Nathan, ich hoffe es von ganzem Herzen.«
    Haus von Candice Cook
    Drei Uhr morgens
    Das Zimmer war in Dunkelheit getaucht. Lediglich ein paar Weihnachtskerzen, die vor dem Fenster standen, ließen die Umrisse von Gegenständen und Gesichtern erkennen. Candice war schließlich auf dem Sofa im Wohnzimmer eingeschlafen, aber sie fröstelte und ihr Gesicht wirkte fiebrig. Nathan saß in einem Sessel und beobachtete sie wie hypnotisiert. Er wusste, sie würde nur sehr unruhig schlafen und von Albträumen gequält werden. Nachdem sie Josh abgeholt hatten, hatte er die beiden um ein Uhr morgens nach Hause gefahren. Die junge Frau war dermaßen am Boden zerstört, dass sie sich wie eine Marionette führen ließ. Sie hatten noch kurz miteinander gesprochen, dann hatte Nathan sie überzeugt, das Schlafmittel zu nehmen, das ihr ein Arzt im Krankenhaus verschrieben hatte.
    Ein kleiner Klagelaut rief ihn nach nebenan. Josh hatte seine großen Augen offen und strampelte mit den Beinen. Er war gerade erst aufgewacht.
    »Hallo, kleiner Mann, hab keine Angst«, beruhigte er ihn und nahm ihn hoch.
    »Durst …«, jammerte der Kleine.
    Nathan gab ihm ein bisschen Wasser und nahm ihn mit ins Wohnzimmer.
    »Wie geht’s dir, kleines Baby?«
    »Hm. ein. Ba.Ba«, versuchte Josh zu wiederholen.
    Nathan küsste ihn auf die Stirn. »Schau da drüben deine Mama, sie schläft«, murmelte er.
    »Ma.ma.«
    Nathan setzte sich mit ihm in einen Sessel und wiegte ihn behutsam. Er summte sogar ein paar Takte aus Brahms’ Wiegenlied. Seit dem Tod seines Sohnes hatte er diese Melodie nicht mehr gesungen, und er musste sofort aufhören, weil ihn die Rührung übermannte.
    Nach wenigen Minuten war Josh wieder eingeschlafen. Nathan legte

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