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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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deiner sehr sicher.«
    »Ich bin mir unser sicher.«
    Herbst 1993
    Ein Sonntagmorgen in ihrer Wohnung
    Sie beobachtet ihn durch das Schlüsselloch in der Badezimmertür.
    Er steht unter der Dusche und verwandelt wie gewöhnlich das Bad in eine Sauna.
    Aus vollem Halse singt er (falsch) einen Song von U2.
    Dann dreht er den Warmwasserhahn zu, zieht den Vorhang beiseite und stößt einen Freudenschrei aus.
    Der Dampf kondensiert auf dem Spiegel und lässt eine Inschrift erscheinen.
    DU WIRST PAPA!
    1993
    Derselbe Tag
    Zehn Minuten später
    Sie stehen zu zweit unter der Dusche, küssen sich und wechseln ein paar Worte.
    »Und wenn es ein Mädchen wird?«
    Sie hat die Rede auf die Wahl der Vornamen gebracht.
    »Warum nicht Bonita«, schlägt er allen Ernstes vor.
    »Bonita?«
    »Bonita oder Bonnie. Auf jeden Fall etwas, das Güte bedeutet. Denn dieses Wort will ich jedes Mal hören, wenn ich sie rufe.«
    Sie lächelt, öffnet einen Flakon und schüttet ihm Duschgel über den Rücken.
    »Einverstanden. Unter einer Bedingung.«
    »Und die wäre?«
    »Ich wähle den nächsten.«
    Er greift nach einer Lavendelseife und beginnt ihren Rücken einzuseifen.
    »Den nächsten?«
    »Den Vornamen unseres zweiten Kindes.«
    Er zieht sie an sich. Ihre schaumbedeckten Körper pressen sich aneinander.
    1994
    Sie ist im achten Monat schwanger, liegt auf ihrem Bett und blättert in einer Zeitschrift.
    Nathan lehnt den Kopf an ihren Bauch und spürt die Bewegungen des Babys.
    Auf dem CD-Player schmettert Pavarotti eine Arie von Verdi und nähert sich gerade dem hohen C.
    Seit Nathan in einem Buch gelesen hat, wie günstig sich klassische Musik auf die Entwicklung von Babys auswirkt, vergeht kein Abend, ohne dass er einen Auszug aus einer Oper im Programm vorsieht.
    Mallory findet, dass diese Musik vielleicht gut für das Baby ist, aber nicht unbedingt für sie.
    Sie setzt den Kopfhörer ihres Walkmans auf und hört About a Girl von Nirvana.
    1999
    In einem Restaurant im West Village
    Sie haben eine Flasche Champagner bestellt.
    »Und wenn es ein Junge wird …«
    »Er wird ein Junge, Nathan.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich weiß es, weil ich eine Frau bin und weil ich seit fünf Jahren auf dieses Baby warte.«
    »Wenn es ein Junge ist, würde ich vorschlagen …«
    »Es gibt keine Diskussion, Nathan. Ich werde ihn Sean nennen.«
    »Sean?«
    »Das ist irisch und bedeutet Gabe Gottes.«
    Er verzog das Gesicht.
    »Ich weiß nicht, was Gott damit zu tun hat.«
    »Im Gegenteil, du weißt es sehr genau.«
    Natürlich weiß er es. Nach Bonnies Geburt haben die Ärzte ihnen versichert, dass Mallory nie wieder ein Kind bekommen wird. Dennoch hat sie ihnen nicht geglaubt. Sie weiß, dass Nathan den Bezug zur Religion nicht mag, aber heute Abend ist er so glücklich, dass er mit allem einverstanden wäre.
    »Einverstanden«, sagte er und hob das Glas, »wir erwarten also einen kleinen Sean.«
    Mallory öffnete die Augen, und der Film ihrer glücklichen Tage endete so plötzlich, als sei er gerissen.
    Ihr ganzer Körper war von Gänsehaut bedeckt. Diese Rückkehr in die Vergangenheit war schmerzlich gewesen. Wie jedes Mal überfluteten sie die Erinnerungen an diese Zeiten intensiven Glücks mit einem Übermaß an Emotionen, die sie nicht beherrschen konnte.
    Sie nahm ein neues Kleenex aus der Tasche, weil sie spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Mein Gott, wir haben wirklich alles verpfuscht. Sicher fehlte Nathan ihr, aber der Graben zwischen ihnen war so tief geworden, dass sie sich nicht in der Lage fühlte, tatsächlich einen Schritt auf ihn zuzugehen.
    Sie konnte in einem Nachtasyl Suppe an Obdachlose verteilen, sie konnte gegen multinationale Konzerne kämpfen, die Kinder ausbeuteten, sie konnte gegen die Produzenten genmanipulierter Nahrungsmittel demonstrieren – all das machte ihr keine Angst.
    Aber sie hatte Angst davor, sich erneut mit Nathan auseinander zu setzen.
    Sie stellte sich an das Fenster, das auf die Straße hinausging, und blickte lange zum Himmel hoch. Die Wolken waren verschwunden, und ein Mondstrahl fiel auf den Tisch, auf den sie das Telefon gelegt hatte.
    Sie beschloss, ihn anzurufen; sie wollte wenigstens ihren guten Willen zeigen.
    Er war sehr schnell am Apparat: »Mallory?«
    »Es ist in Ordnung, Nathan: Du kannst Bonnie morgen abholen.«
    »Danke«, sagte er erleichtert, »ich versuche am frühen Nachmittag zu kommen. Gute Nacht.«
    »Noch was .«
    »Ja?«
    Sie nahm einen herausfordernden Ton

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