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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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    »Ich erinnere mich an alles, Nat: an jeden Moment, den wir gemeinsam verbracht haben, an alle Details, von der Farbe des Himmels bis zum Geruch des Sandes bei unserem ersten Kuss, an jedes deiner Worte, als ich dir sagte, dass ich schwanger bin, an die Nächte, in denen wir uns küssten, bis uns die Lippen wehtaten . Ich erinnere mich an alles, und nichts in meinem Leben war mir so wichtig wie du. Also hast du nicht das Recht, so zu reden, wie du es getan hast.«
    »Ich …«
    Er wollte etwas sagen, aber sie hatte bereits aufgelegt.
    Nathan trat ans Fenster. Immer noch fiel Schnee auf den Central Park. Vor den Scheiben wirbelten dicke Flocken und sammelten sich auf dem Fensterbrett.
    Für einen Augenblick ließ er seinen Blick ziellos umherschweifen und versuchte zu verstehen, was seine Frau gerade gesagt hatte.
    Dann wischte er sich mit dem Hemdsärmel die Tränen ab, die ihm über die Wangen rollten.

Kapitel 19
    Dreckige Arschlöscher sind auf diesem Planeten weit verbreitet.
    Pat Conroy

    Houston Street
    Soho
    16.   Dezember
    Sechs Uhr morgens
    Garrett Goodrich stieg vorsichtig die vereisten Stufen der Außentreppe seines Hauses hinunter. Das kleine Gebäude aus braunem Backstein lag direkt an der Straße.
    Eine Schneedecke von ungefähr zehn Zentimetern zierte sein Auto, das er am Abend zuvor draußen gelassen hatte. Er holte einen Kratzer aus der Tasche und begann das Eis von der Windschutzscheibe zu entfernen. Weil er spät dran war, begnügte er sich damit, die Scheibe auf der Fahrerseite freizukratzen. Er setzte sich ans Lenkrad, rieb sich die Hände, um sie zu wärmen, steckte den Schlüssel ins Zündschloss und …
    »Zum Flughafen, bitte!«
    Er bekam einen Riesenschreck, drehte sich um und entdeckte Nathan auf dem Rücksitz.
    »Verdammt, Del Amico. Jagen Sie mir nie wieder einen solchen Schrecken ein! Wie sind Sie in mein Auto gekommen?«
    »Sie waren so freundlich, mir den Ersatzschlüssel dazulassen«, antwortete Nathan und klapperte mit einem kleinen Schlüsselbund vor der Nase des Arztes. »Ich habe gestern Abend vergessen, ihn in den Briefkasten zu werfen.«
    »Na schön, und was treiben Sie jetzt hier?«
    »Das werde ich Ihnen unterwegs erklären. Wir fliegen nach Kalifornien.«
    Der Arzt schüttelte den Kopf.
    »Sie träumen wohl? Ich habe heute einen vollen Terminkalender, bin sowieso schon spät dran, also werden Sie …«
    »Ich werde meine Tochter in San Diego abholen«, erklärte Nathan.
    »Freut mich zu hören«, brummte Garrett und zuckte die Schultern.
    »Ich habe nicht die Absicht, sie auch nur dem geringsten Risiko auszusetzen«, sagte der Anwalt jetzt etwas lauter.
    »Sorry, mein Lieber, aber ich weiß nicht, was ich damit zu tun habe.«
    Dennoch ließ er den Motor an, um mit der Heizung die Scheiben frei zu machen.
    Nathan beugte sich zu ihm vor.
    »Betrachten wir die Situation objektiv, Garrett. Ich bin eine Art Todeskandidat, und Sie interessiert das einen Dreck. Ich nehme an, Sie hatten keine bösen Vorahnungen, was Ihre nächsten vierundzwanzig Stunden betrifft? Haben Sie keinen weißen Lichtstrahl gesehen, als Sie sich heute Morgen im Spiegel betrachteten?«
    »Nein«, erklärte Goodrich gereizt, »nur verstehe ich noch immer nicht, worauf Sie hinauswollen.« »Ich gestehe, dass es Ihnen gelungen ist, mir eine Heidenangst einzujagen. Ich kann keinen Fuß mehr vor die Tür setzen, ohne zu fürchten, dass ein Taxi mich überfährt oder ein Gerüst über mir einstürzt. Also sage ich mir: Wenn ich bei Ihnen bleibe, sind die Aussichten gering, dass mir etwas zustößt.«
    »Das ist völliger Schwachsinn. Hören Sie …«
    »Nein«, unterbrach Nathan ihn heftig, »Sie werden mir zuhören: Meine Tochter hat mit Ihren vermaledeiten Todesahnungen nichts zu tun. Ich will nicht, dass ihr auch nur ein Härchen gekrümmt wird, wenn sie mit mir im Flugzeug sitzt. Wir werden also zusammenbleiben, Sie und ich, bis sie hier in Sicherheit ist.«
    »Sie wollen, dass ich Ihre … Lebensversicherung spiele!«, rief Garrett.
    »Genau.«
    Der Arzt schüttelte den Kopf.
    »Sie haben den Verstand verloren. So laufen die Dinge nicht, Nathan.«
    »Doch, sie tun es. Die Regeln haben sich geändert, das ist alles.«
    »Geben Sie sich keine Mühe«, sagte der Arzt mit Nachdruck. »Ich begleite Sie nirgendwohin, Nathan, haben Sie mich verstanden? Nirgendwohin.«
    Einige Stunden später
    Nathan warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Flug Nummer 211 der United Airlines würde bald in San Diego landen.

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