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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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sich aber um, um ihr einen letzten Blick zuzuwerfen. Den letzten Blick eines Mannes, der fürchtete, jene Frau für immer zu verlieren, die er anbetete. Das letzte Erkennungszeichen einer Seele, die das Glück hatte, auf dieser Erde ihre zweite Hälfte zu finden.
    Sie sah ihm nach, wie er sich in der vom Regen reingewaschenen Luft entfernte. Mallory nahm ihren Ehering in die Hand, der an der Kette um ihren Hals hing.
    Sie hielt den Ring mit aller Kraft fest und rezitierte in Gedanken wie eine Beschwörung:
    Stark wie der Tod ist die Liebe.
    Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen,
    auch Ströme schwemmen sie nicht weg.

Kapitel 21
    Wenn ich ein Kind hätte, würde das bedeuten: Ich bin geboren worden, ich habe vom Leben gekostet und ich habe festgestellt, dass es gut genug ist, um vervielfältigt zu werden.
    Milan Kundera

    17.   Dezember
    » Qué hora es?«, fragte Bonnie und rieb sich die Augen.
    Das kleine Mädchen war gerade aufgewacht.
    »Rat mal!«, gab ihr Vater zurück und nahm sie in die Arme.
    Nathan war am Morgen mit der Sechs-Uhr-Maschine aus San Diego zurückgekehrt. Er hatte seine Tochter abgeholt, die noch in Goodrichs Büro auf dem Sofa schlief.
    »Sie ist spät ins Bett gekommen«, hatte der Arzt ihm berichtet. »Unser Flug nach New York hatte sich wegen der Unwetter verspätet.«
    Nathan hatte die schläfrige Bonnie auf den Arm genommen und war mit ihr in sein Apartment im San Remo gefahren. Um acht Uhr, als die Morgensonne bereits ins Fenster schien, brachte er sie endgültig zu Bett.
    Jetzt schaute sie ungläubig auf die Pendeluhr in der Küche. »Schon drei Uhr nachmittags?«
    »Aber ja! Baby, du hast wie ein Murmeltier geschlafen.«
    »Ich bin kein Baby«, verteidigte sie sich gähnend.
    »Oh doch!«, sagte er und setzte sie auf einen hohen Schemel vor eine großen Tasse dampfenden Kakaos. »Du bist mein Baby.«
    »Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich so spät aufstehe«, flunkerte sie und griff nach einem Bagel mit Sesamkörnern.
    Nathan betrachtete sie liebevoll. Es war sehr tröstlich, mit ihr zusammen zu sein. Er fand, dass sie gestern sehr gut gelaunt war. Sie schien fröhlich, ausgeglichen und viel weniger verängstigt als in den letzten Ferien. Der Schock, den sie bei der Scheidung erlitten hatte, ließ offensichtlich nach. Sie hatte am Ende begriffen, dass die Scheidung ihrer Eltern sie weder von ihrem Vater noch von ihrer Mutter trennte. Umso besser.
    Doch kaum schien sich dieses Problem zu lösen, da zeichnete sich ein anderes, viel schwerwiegenderes, am Horizont ab: Sie würde ihren Vater verlieren.
    Er machte sich große Sorgen um sie. Würde sie in der Lage sein, diese schwerste aller Prüfungen zu bestehen, die sie in ihrem kurzen Leben durchmachen musste? Gab es denn überhaupt eine Möglichkeit, ein Kind auf den nahen Tod seines Vaters vorzubereiten?
    Für den Augenblick beschloss er die düsteren Gedanken zu verbannen und die schöne Zeit zu genießen.
    »Wir könnten einen Weihnachtsbaum besorgen«, schlug er vor, weil er annahm, das würde ihr gefallen.
    »Oh ja! Mit ganz viel Schmuck – mit Kugeln, Sternen und Lichterketten, die nachts blinken.«
    »Und dann gehen wir einkaufen und kochen uns etwas Gutes zum Abendessen.«
    »Können wir einen Salat aus dunklen Tintenfisch-Tagliatelle machen?«, bettelte sie.
    Das war tatsächlich ihr Lieblingsessen, seit sie es mal in einem Restaurant in Tribeca bestellt hatte, in das sie mit Mallory gegangen waren, als sie noch ziemlich klein war.
    »Mit einem super Dessert. Wollen wir uns einen ganz tollen Nachtisch zubereiten?«
    »Na klar doch«, rief sie und hüpfte vor Freude.
    »Was würde dir denn schmecken?«
    »Ein pumpkin pie«, sagte sie ohne zu zögern.
    »Das ist ein Dessert für Thanksgiving. Willst du nicht lieber eine Weihnachtsspezialität?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, ich mag Kürbiskuchen, vor allem, wenn er schön saftig ist, und mit viel Mascarpone«, erklärte sie und leckte sich genüsslich die Lippen.
    »Dann beeil dich mal mit deinem Frühstück.«
    »Ich will nichts mehr essen«, sagte sie, erhob sich vom Tisch und schmiegte sich in seine Arme.
    Sie hielt sich an ihm fest und rieb ihre nackten Füße aneinander.
    »Ist dir kalt, mein kleines Eichhörnchen?«
    »Ja, ich bin ganz durchverfroren.«
    Sie war wirklich hinreißend, wenn sie sich bemühte, schwierige Wörter zu verwenden.
    »Durchgefroren«, korrigierte er sie lachend. »Du bist ein kleines durchgefrorenes Mädchen, das

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