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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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brauch dich. Wir müssen den Belag für den Kuchen vorbereiten. Zeig mal, ob du immer noch Eier aufschlagen kannst, wie ich es dir gezeigt habe. Schnell, schnell!«
    Bonnie widmete sich erst zögerlich dieser Aufgabe, dann aber voller Elan. Sie mischte die Eier mit dem Zucker. Sie machte ihre Sache wirklich gut, und fünf Minuten später hatte sie ihr Lächeln wiedergefunden.
    »Schau mal, die Masse ist jetzt ganz cremig!«, rief sie.
    »Nun müssen wir den Kürbis, den Orangensaft und Mascarpone dazutun.«
    Sie teilten sich die Arbeit. Er presste eine Orange für den Saft aus, und sie pürierte die Kürbisstücke. Nach einer Weile wollte sie kosten. Die Folge war, dass die Creme einen feinen orangenen Schurrbart über ihrem Mund hinterließ.
    Er holte einen Fotoapparat, und sie fotografierten sich gegenseitig. Dann hielt er mit einer Hand den Apparat über ihre Köpfe. Sie schmiegten die Wangen aneinander.
    »Eins, zwei, drei, lächeln!«
    Noch eine schöne Erinnerung.
    Er bat sie, die Creme auf dem Tortenboden zu verteilen, und half ihr, die Form in den Ofen zu schieben.
    Bonnie hockte sich vor den Backofen, um durch die Scheibe zu beobachten, wie der Kuchen zu backen begann. Sie war so fasziniert, als verfolge sie gerade ein hochinteressantes Fernsehprogramm.
    »Mmm … das wird sehr gut. Müssen wir lange warten?«
    »Mindestens vierzig Minuten, mein Schatz.«
    Sie stand auf, hob ihre kleine Nase in die Höhe und verharrte ein paar Sekunden in dieser Position, als zögere sie, ihm etwas mitzuteilen. Nach einer Weile hatte sie ihren Entschluss gefasst: »Großmutter mag es nicht, wenn ich sie nach dem Tod frage. Sie sagt, dass ich zu klein bin und dass es Unglück bringt.«
    »Das ist Unsinn, Liebling. Das liegt nur daran, dass Erwachsene Angst haben, mit Kindern über den Tod zu sprechen.«
    »Warum?«
    »Sie fürchten, sie zu erschrecken, dabei macht gerade das Nicht-darüber-Reden ihnen Angst. Man hat immer Angst vor dem, was man nicht kennt.«
    »Was muss man über den Tod wissen?«, erkundigte sie sich unbefangen.
    Er überlegte einen Moment.
    »Zunächst, dass er unvermeidlich ist.«
    »Das soll heißen, man kann ihm nicht entgehen?«
    »Ja, Baby, alle Menschen sterben.«
    »Auch Lara Croft?«
    »Lara Croft existiert nicht. Das weißt du genau.« »Und Jesus?«
    »Du bist nicht Jesus.«
    »Das ist wahr«, gab sie zu und ließ ein Lächeln über ihr Gesicht huschen.
    »Dann ist der Tod irreversibel.«
    Sie versuchte dieses neue Wort zu wiederholen, dessen Sinn sie nicht kannte.
    »Erriversibel?«
    »Irreversibel, mein Schatz. Das ist ein schwieriges Wort und bedeutet, wenn man einmal tot ist, kann man nicht wieder lebendig werden.«
    »Das ist schade«, sagte sie ehrlich betrübt.
    »Ja«, gab er zu, »das ist schade. Aber mach dir keine Sorgen, du wirst nicht gleich sterben. Nicht morgen und nicht übermorgen.«
    »Wann werde ich dann sterben?«
    Nathan bedauerte, sich auf dieses Gespräch eingelassen zu haben. Bonnie schaute ihn mit großen Augen an, als könne er ihr eine entscheidende Vorhersage über ihre Zukunft machen.
    »Erst wenn du einmal eine uralte Frau bist.«
    »Mit Falten?«
    »Ja, mit Falten, weißen Haaren und Stoppeln am Kinn.«
    Diese Beschreibung entlockte ihr ein flüchtiges Lächeln.
    »Und du und Mama? Wann werdet ihr sterben?«
    »Mach dir keine Sorgen: Wir sterben auch nicht heute. Aber wenn ich sterbe, dann sollst du nicht so traurig sein.«
    Sie schaute ihn verwundert an.
    »Wenn du stirbst, soll ich nicht traurig sein?«, fragte sie, als hätte er ihr den größten Unsinn der Welt erzählt.
    »Doch, natürlich darfst du traurig sein«, wiegelte er ab, »aber du sollst nichts bedauern und dir nichts vorwerfen. Verstehst du? Du kannst nichts dafür«, fuhr Nathan fort. »Ich bin sehr stolz auf dich, und Mama ist es auch. Du sollst nicht bedauern, dass du zu wenig Zeit mit mir verbracht hast. Denk lieber daran, dass wir vieles gemeinsam gemacht haben und dass uns viele schöne Erinnerungen bleiben.«
    »Hast du so gefühlt, als deine Mama gestorben ist?«
    Diese Frage erschreckte Nathan. Anstelle einer Antwort sagte er lediglich:
    »Nicht genau, aber ich habe es versucht. Du darfst dich nicht scheuen, deine Gefühle den Menschen zu zeigen, die du liebst.«
    »Okay«, antwortete sie, ohne wirklich zu verstehen, was er meinte.
    »Um mit dem Tod eines Menschen fertig zu werden, der dir wichtig ist, sollst du dich an jene wenden, die dich lieben. Sie werden dich unterstützen.«
    »Ich

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