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Ein Engel im Winter

Ein Engel im Winter

Titel: Ein Engel im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Musso
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Wallace School von Manhattan besuchen zu dürfen.
    Auch wenn die Einrichtung einer Hand voll besonders begabter Schüler anbot, die Hälfte der Schulkosten zu übernehmen, blieb die Bezahlung des Rests den Eltern überlassen. Für Eleanor Del Amico bedeutete das sehr viel Geld. Nathan war sich wohl bewusst, dass er ein großes Opfer von seiner Mutter verlangte, zumal die Schule das Geld für das erste Trimester im Voraus verlangte. Aber er hatte ihr erklärt, es sei eine Investition in die Zukunft: seine einzige Chance, nicht als Lagerarbeiter oder Autowäscher zu enden.
    In jenem Sommer besaß Eleanor jedoch keinen Cent: Im Winter hatte sie wegen einer hartnäckigen Bronchitis für ein paar Tage ins Krankenhaus gehen müssen, was hohe Kosten verursacht hatte.
    Anfang des Monats hatte sie Wexler um einen Vorschuss gebeten, um die Schule für ihren Sohn bezahlen zu können. Aber Jeffrey hatte dies – getreu seinen puritanischen Prinzipien – kategorisch abgelehnt.
    »Daran erkennst du ihre niedrige Gesinnung«, hatte seine Mutter bemerkt, »du hast ihrer Tochter das Leben gerettet, aber sie sind nicht bereit, auch nur einen Finger für dich zu rühren.«
    Sie hatte Recht, auch wenn Nathan es nicht mochte, dass sie diese Episode benutzte, die inzwischen ein paar Jahre zurücklag, um etwas von ihrem Arbeitgeber zu bekommen.
    Und dann war ein Perlenarmband aus dem Schmuckkoffer von Lisa Wexler verschwunden.
    Nathan hatte nie wirklich verstanden, warum, aber der Verdacht fiel sofort auf seine Mutter und . auf ihn. Jeffrey Wexler hatte sie beide so befragt, als ob er keinen Zweifel an ihrer Schuld hegte. Er hatte sie sogar gefilzt, und sie mussten sich mit dem Rücken zu ihm, die Hände an die Wand, aufrecht hinstellen. Damals hatte Nathan noch nicht Jura studiert und wusste also nicht, dass diese Behandlung verboten war. Angesichts der Unschuldsbeteuerungen seiner Haushaltshilfe hatte Jeffrey ihr Zimmer ausräumen lassen, alle Schubfächer durchwühlt und die Koffer ausgeleert wie bei einer Hausdurchsuchung. Weil er immer noch nichts fand, drohte er die Polizei zu rufen, in der Hoffnung, diese Drohung würde Eleanor einschüchtern. Aber diese hatte weiterhin mit Nachdruck geleugnet und war vor ihrem Arbeitgeber fast auf die Knie gefallen: »Ich war es nicht, Mister Wexler, ich schwöre Ihnen, ich habe nichts gestohlen.«
    Schließlich endete die Geschichte mit ihrer Entlassung. Entgegen dem Willen seiner Frau hatte Jeffrey darauf verzichtet, die Bullen zu rufen, und es vorgezogen, Eleanor ohne jegliche Entschädigung rauszuwerfen. Mitten im Sommer, entehrt und fast ohne einen Cent in der Tasche, mussten seine Mutter und er in die New Yorker Hitze zurückkehren.
    Es war die schlimmste Demütigung seines Lebens gewesen, Mallorys Blick auf sich zu fühlen, als er wie ein Dieb einer Leibesvisitation unterzogen wurde. Er fühlte sich erniedrigt und bis zum Äußersten gedemütigt. Diese Scham hatte ihn bis heute begleitet, war auf immer in einem Winkel seines Gedächtnisses eingegraben, aber auch zu einem mächtigen Motor geworden, als hätte er seit jenem Tag gewusst, dass er auf der Karriereleiter nie hoch genug würde steigen können, um sich von dieser Schmach reinzuwaschen. Es hatte ihm nicht genügt, auf die sonnige Seite der Straße gelangt zu sein. Er musste noch weiter gehen: Er musste Jeffrey in diesem verdammten Prozess schlagen und ihm diese Erniedrigung heimzahlen, indem er ihn zwang, ihm sein Apartment im San Remo zu überlassen, diese schöne Immobilie im Wert von mehreren Millionen Dollar. Mit dieser Konfrontation hatte er Mallory wehgetan, das wusste er wohl. Aber selbst die Aussicht, jene zu verletzen, die er liebte, hatte ihn nicht aufgehalten. Manchmal ist man zu allem bereit, wenn man etwas erreichen will.
    Dennoch war das Schmerzhafteste an dieser Geschichte, dass er am Ende eher Wexler als seiner Mutter glaubte. Er hatte nie wieder mit ihr über das Armband gesprochen, aber nachdem er das Problem von allen Seiten beleuchtet hatte, glaubte er schließlich, dass seine Mutter es tatsächlich gestohlen hatte – seinetwegen. Im Oktober 1977 war das Trimester in letzter Minute bezahlt worden, was ihm erlaubt hatte, weiter zur Schule zu gehen. Damals hatte er nicht versucht herauszufinden, wie ein solches Wunder geschehen konnte. Aber an depressiven Tagen wurde ihm manchmal diese grausame Wahrheit bewusst: Seine Mutter war für ihn zur Diebin geworden.
    Bonnie öffnete vorsichtig ein Auge. Sie waren nur noch

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