Ein Engel im Winter
handelten. Früher einmal waren Jeffrey und Nathan sogar auf gewisse Weise Komplizen gewesen, bevor diese Geschichte mit dem Armband alles verdorben hatte. Doch selbst heute noch konnte Nathan nicht umhin, eine heimliche Bewunderung für die Karriere seines Schwiegervaters zu hegen.
Jeffrey zerrte an seinen Hosenträgern.
»Also, was hast du mir so Besonderes zu sagen?«, fragte er zwischen zwei Rauchwölkchen.
»Erinnern Sie sich an unseren Prozess …«, begann Nathan.
Jeffrey zeigte seinen Unwillen.
»Wenn du hergekommen bist, um diesen alten Zank wieder aufzuwärmen …«
Nathan ließ ihn nicht weiterreden. Er hatte beschlossen, ihm alles zu sagen, was er auf dem Herzen hatte.
»Ich habe diesen Richter gekauft«, unterbrach er ihn, »ich habe Richter Livingstone gekauft, ihm über einen seiner Assistenten ein Schmiergeld zukommen lassen, damit er sein Urteil zu meinen Gunsten fällt.«
Jeffrey zeigte keine Regung. Er war ein harter Mann, der sich angewöhnt hatte, hinter einer Fassade der Freundlichkeit niemals Gefühle zu zeigen.
Aber heute fand Nathan ihn weniger beeindruckend. Er wirkte müde, hatte Ringe unter den Augen und Bartstoppeln im Gesicht.
»Ich wollte mich rächen, für das, was Sie meiner Mutter angetan haben, Jeffrey, und Ihnen das Apartment im San Remo wegnehmen. Aber ich hatte kein anderes Mittel gefunden, und ich habe unserem Beruf Schande gemacht.«
Wexler nickte, schien angestrengt nachzudenken, öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton hervor. Stattdessen stellte er sich ans Fenster und schaute auf die verschneiten Hügel.
Dreh dich um, Jeffrey. Hör mir zu.
Hinter seinem Rücken fuhr Nathan mit der Litanei der Vorwürfe fort. Die Worte, die er zu lange unterdrückt hatte, sprudelten jetzt wie von allein hervor.
»Erinnern Sie sich, Jeffrey, als ich acht Jahre alt war, sind Sie mit mir zum Angeln auf den See hinausgefahren und haben mir von Ihren gewonnenen Prozessen erzählt. Ich glaube, damals habe ich mich entschlossen, Anwalt zu werden. Das Studium habe ich natürlich für mich gemacht, aber anfangs auch zum großen Teil, um Ihre Anerkennung zu erringen. Naiverweise stellte ich mir vor, dass Sie mich akzeptieren, dass Sie stolz auf mich sein würden. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr ich mir gewünscht habe, von Ihnen akzeptiert zu werden.«
Wie gern hätte ich einen Vater wie dich gehabt … Schweigen breitete sich aus. Jeffrey wandte sich um, um sich der Wut seines Ex-Schwiegersohns zu stellen.
»Sie hätten mich akzeptieren sollen!«, blaffte Nathan. »Ich hatte alle Prüfungen bestanden. Ich hatte so viel durchgemacht, um mein Ziel zu erreichen. Ich dachte, Kompetenz und Ruhm seien Werte, die Sie respektieren. Stattdessen haben Sie mich dazu gezwungen, meinen Beruf zu entehren und wie ein liederlicher Ganove einen Richter zu schmieren …«
»Ich habe deinen Hals gerettet«, unterbrach Jeffrey ihn schließlich.
»Was sagen Sie da?«
»Richter Livingstone war einst ein Kommilitone von mir. Zur Zeit des Prozesses kam er zu mir, um mich über deinen Bestechungsversuch zu unterrichten.«
Nathan war wie vom Donner gerührt.
»Wie bitte?«
Jeffrey stieß einen Seufzer aus und schien in seinem Gedächtnis zu kramen.
»Richter Livingstone war ein echter Schurke, aber er war vorsichtig genug, sich nie erwischen zu lassen. Ich hatte beschlossen, ihm das Doppelte deines Angebots zu zahlen, damit er darauf verzichtete, dich bei der Justizaufsichtsbehörde anzuzeigen, und damit er das Urteil zu deinen Gunsten fällte.«
»Aber warum, Jeffrey, warum?«
Der alte Mann ließ einen Augenblick verstreichen, bevor er antwortete. Mit leichtem Zögern in der Stimme gab er zu:
»Für Mallory natürlich, ich wollte nicht, dass sie mit dir in diesen Skandal verwickelt wird. Und auch … für dich. Das war ich dir schuldig.«
Nathan runzelte die Stirn. Sein Schwiegervater erriet, welche Frage ihm auf der Zunge brannte. Mit dem Blick ins Leere begann er, die Vergangenheit wiederaufleben zu lassen.
»An jenem Abend, an jenem besagten Abend im Sommer 1977 hatte ich viel getrunken. Ich durchlebte damals eine schlimme Zeit, sowohl in meiner Ehe als auch in meinem Beruf. Ich kam aus Boston zurück, und Lisa hatte mich gebeten, beim Juwelier vorbeizugehen, um das Armband abzuholen, das sie weggebracht hatte, um den Verschluss reparieren zu lassen. Bevor ich zurückkam, verbrachte ich den Nachmittag bei einer meiner Assistentinnen, die auch meine Geliebte war.
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