Ein Ex, ein Kuss - und neues Glück?
gleich bei dir vorbei. Dann können wir alles durchsprechen und gemeinsam die nötigen Entscheidungen treffen.“
In Graces Ohren klang das sehr vernünftig. Plötzlich fiel ihr noch etwas ein. „Erzählst du dem Anwalt auch, wie Posie …? Ich meine, dass wir …“ Sie schluckte. Dass sie zusammen ein Baby hatten entstehen lassen, erschien ihr so intim, dass sie die Worte nicht laut aussprechen konnte. Obwohl sie zum Zeitpunkt der Zeugung auf zwei unterschiedlichen Kontinenten gewesen waren.
„Du willst wissen, ob ich ihm sagen will, dass wir beide an Posies Entstehung beteiligt waren?“, erwiderte er. „Warum nicht? Nachdem du das selbst gerade der ganzen Nachbarschaft erzählt hast.“
Sie schlug sich die Hand vor den Mund. „Nein!“
„Doch! Ich weiß zwar den genauen Wortlaut nicht mehr, aber … meintest du nicht eben ganz laut und deutlich etwas von einem Baby, das wir zusammen in die Welt gesetzt haben ? Das bringt es doch auf den Punkt.“
Grace stöhnte.
„Mach dir mal keine Sorgen. Die meisten Leute, die gerade in der Nähe waren, haben zugesehen, dass sie so schnell wie möglich von dieser verrückten Frau wegkamen, die da mitten auf der Straße komische Sachen erzählt.“
„Ach, das sagst du doch bloß, um mich zu trösten“, scherzte sie.
„Überhaupt nicht. Mindestens drei Passanten haben sofort die Straßenseite gewechselt.“
„Was? Nur drei?“ Sie lächelte.
„Na, so ist es doch schon besser. Aber jetzt zurück zu deiner Frage: Nein, ich habe nicht vor, dem Anwalt etwas davon zu erzählen. Das geht nur dich und mich etwas an.“
An der Straßenecke, an der sich ihre Wege eigentlich trennen sollten, blieben Josh und Grace stehen.
Grace drückte seinen Arm ganz fest – als würde es ihr genauso schwerfallen wie ihm, sich von ihm zu lösen. Schließlich zog sie doch die Hand weg. „Okay, dann lasse ich dich jetzt weitergehen.“
Er griff nach ihrer Hand. „Grace … ich passe schon auf, dass alles so gut wie möglich geregelt wird. Schon allein deswegen, weil ich das Phoebe und Michael schuldig bin. Und Posie natürlich. Ich würde alles für sie tun.“
Für dich würde ich auch alles tun.
„Es ist alles meine Schuld!“, brach es plötzlich aus ihr heraus. „Wenn ich nicht …“
„Psst!“ Josh hätte alles Menschenmögliche getan, um zu verhindern, dass sie dieses Baby austrug. Dass er Vater wurde. Trotzdem konnte er es nicht ertragen, wenn sie seinen damaligen Wunsch laut aussprach. Nicht jetzt, wenn Posie ihn strahlend anlächelte.
Grace sah zu ihm hoch. Die Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben. „Aber es stimmt“, sagte sie. „Ich habe sie an diesem Wochenende weggeschickt, den Kurztrip für sie geplant und angeboten, so lange auf Posie aufzupassen. Ich habe so getan, als würde ich ihnen damit einen Gefallen erweisen – aber in Wirklichkeit wollte ich Posie einmal ganz für mich haben. Nur ein einziges Wochenende lang …“
Josh erschrak. Dann war es also noch viel schlimmer, als er vermutet hatte: Grace gab sich die Schuld an dem Unfall!
„Nein“, sagte er. „Du hast keine Schuld an dem, was passiert ist. Obwohl deine Reaktion ganz normal ist“, fuhr er fort. „Wenn jemand stirbt, fühlt man sich automatisch schuldig. Es fallen einem auf einmal lauter Fehler ein, die man angeblich gemacht hat. Oder Dinge, die man hätte tun sollen, aber unterlassen hat.“ Unweigerlich musste er daran denken, wie er sich selbst von seinem Bruder zurückgezogen hatte. Wie er sich vehement geweigert hatte, seine Freude zu teilen.
Grace schüttelte den Kopf.
„Dabei ist es so wichtig, dass du an die schönen Dinge denkst, die ihr zusammen erlebt habt. An das, was du für die beiden getan und wie glücklich du sie damit gemacht hast.“ Sanft drückte er ihren Arm und fuhr dann der schlafenden Posie über den Kopf. „Bis später, ja?“, sagte er und betrachtete die beiden lange, um sich das Bild gut einzuprägen.
Grace schloss die Tür zu ihrem Atelier auf. Sie schob die Post auf dem Boden mit dem Fuß zur Seite, damit sie mit dem Kinderwagen durch die Tür fahren konnte, und schaltete das Licht ein.
Der ganze Raum war konsequent in Schwarz und Weiß gehalten, damit sich die Schmuckstücke mit ihren leuchtenden Farben umso effektiver vom Hintergrund abhoben. Dem großen Ausstellungsraum war ein kleines Arbeitszimmer angeschlossen, in dem sie ihre Kreationen anfertigte.
Es gab auch eine Sitzecke, wo sie mit ihren Kunden Sonderanfertigungen
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