Ein Ex, ein Kuss - und neues Glück?
abreisen, um weiter die Welt für sich zu entdecken. Und dann wäre sie wieder allein.
Schlagartig wurde ihr klar, was eigentlich passiert war. Und wie endgültig sich dadurch ihr Leben verändern würde. Bisher hatte sie sich bloß von Stunde zu Stunde durch die Tage gearbeitet, hatte sich um Posie gekümmert und verschiedene Dinge geregelt.
Auch Phoebes und Michaels Beerdigung hatte sie wie in Trance erlebt, als wäre alles nur ein schlimmer Traum. Und wenn sie morgens im Gästezimmer neben Posies Kinderzimmer aufgewacht war, hatte sie immer zunächst geglaubt, dass sie nur deswegen hier schlief, weil ihre Schwester übers Wochenende verreist war.
Aber jetzt, wo sie mit Josh und dem Kinderwagen die Straße entlangging – so, wie Phoebe und Michael das früher getan hatten –, war sie sich plötzlich der schrecklichen Wahrheit bewusst. Es kam ihr vor, als würde sich eine eisige Hand um ihr Herz legen. Auf einmal hatte sich ihr Leben grundlegend geändert. Nicht bloß für ein paar Tage, sondern für immer. Sie war jetzt für Posie verantwortlich.
„Grace?“
Als sie die Hand von seinem Arm nahm, zurückwich und nach Atem rang, blieb Josh stehen. Er legte ihr die Hände auf die Schultern und zog sie wieder an sich.
„Sie sind beide tot, Josh!“, brachte sie hervor und sah ihn dabei eindringlich an. „Wir sehen sie nie wieder!“
Statt einer Antwort nahm er sie fest in die Arme und küsste ihr Haar. „Psst … es wird alles gut.“
Es wird alles gut?
„Nichts wird gut, das geht überhaupt nicht.“ Sie löste sich von ihm und schob ihn von sich. „Eine Umarmung und ein paar nette Worte reichen nicht. Es geht nämlich nicht nur um uns, sondern auch um ein Baby. Um unser Baby, das wir zusammen in die Welt gesetzt haben. Und wir sind verantwortlich dafür, dass es Posie gut geht.“
Ihr war bewusst, dass sich die Leute auf der Straße schon nach ihnen umdrehten, aber das interessierte sie nicht. Was sie ihm zu sagen hatte, war ihr wichtiger. „Es geht hier nicht nur um ein oder zwei Wochen, sondern um ein ganzes Menschenleben. Wir sind nicht mehr Posies Onkel und Posies Tante, wir sind ihre …“
Josh zog sie am Arm und schob gleichzeitig den Kinderwagen in den ruhigen Park, der hinter ihnen begann. „… Eltern.“
Andererseits hatte Josh ihr schon zu verstehen gegeben, dass sie beim Sorgerecht ganz unten auf der Liste stand. Hatte er wohl schon Genaueres herausgefunden, als er Michaels Dokumente durchgegangen war? Jemand, der sein eigenes Begräbnis im Voraus geplant hatte, hatte bestimmt erst recht geregelt, was im Falle seines Todes mit seiner Tochter geschehen sollte. „Wie haben Michael und Phoebe die Sorgerechtsfrage geregelt? Als Testamentsvollstrecker müsstest du das doch wissen.“
„Das kann ich dir nicht sagen, ich muss erst mal mit Michaels Anwalt sprechen.“ Abrupt ließ er ihren Arm los, ließ sie einfach mit ihrer Frage stehen. Die Stelle, an der seine Hand gelegen hatte, fühlte sich plötzlich kalt an. Er beugte sich über den Kinderwagen, steckte die Decke wieder fest, die Posie im Schlaf losgestrampelt hatte, und schob den Wagen den Parkweg entlang.
„Kannst du mir es nicht sagen, oder willst du nicht?“ Grace weigerte sich, auch nur einen einzigen Schritt weiterzugehen. „Ich glaube, du verheimlichst mir etwas.“
Josh blieb ebenfalls stehen. „Es hat doch keinen Sinn, jetzt darüber zu reden.“
„Was für mich sinnvoll ist und was nicht, kann ich selbst am besten beurteilen.“
Er zuckte mit den Schultern. „Also gut. Offenbar hatten Michael und Phoebe gerade neu regeln wollen, was nach ihrem Tod aus Posie werden soll. Aber soweit ich das überblicke, gibt es dazu noch keine rechtsgültigen Dokumente.“
„Und was bedeutet das?“
„Das kann ich dir erst sagen, nachdem ich mit Michaels Anwalt gesprochen habe. Möglicherweise hilft es schon weiter, wenn die beiden irgendwo schriftlich festgehalten haben, was sie planen.“ Er hielt ihr eine Hand hin. „Und jetzt komm. Je eher wir da sind, desto eher wissen wir Bescheid.“
Diesmal griff er nicht einfach nach ihr, sondern wartete darauf, dass sie ihm entgegenkam. Grace hakte sich einfach wieder bei ihm ein – um ihm zu zeigen, dass sie ihm vertraute. „Vielleicht ist es besser, wenn ich mitkomme.“
„Das brauchst du nicht, du hast schon genug mit deinem Atelier zu tun. Und du kannst dich darauf verlassen, dass ich in deinem Interesse handle.“
„Aber …“
„Wenn ich fertig bin, komme ich
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