Ein Ex, ein Kuss - und neues Glück?
Baby im einen Arm, eine völlig aufgelöste Frau im anderen, und beide Schultern fühlten sich feucht an. Trotzdem war seine Welt auf einmal in Ordnung. Sanft strich er Grace über den Rücken und spürte ihre warme Haut durch den dünnen Seidenstoff.
Grace löste sich von Josh und rieb sich die Tränen aus den Augen. „Entschuldige bitte“, sagte sie. „Ich versuche schon die ganze Zeit, mich zusammenzunehmen, aber mir war einfach nicht klar, dass es so schwer ist, eine richtige Mutter zu sein und Verantwortung für so ein kleines, zartes, unendlich wertvolles Leben zu haben. Darum geht es doch eigentlich – und nicht um die Frage, von wem die Eizelle stammt oder wer das Baby auf die Welt gebracht hat. Es geht darum, dass man für das Kind da ist. Jetzt zum Beispiel.“
„Ich weiß, Grace. Und ich bin hier. Hier bei dir.“
„Ja, jetzt bist du hier“, erwiderte sie. „Aber wie sieht es nächsten Monat aus? Oder nächstes Jahr?“ Sie wusste, dass die Frage nicht fair war. Aber nachdem sie eine halbe Ewigkeit versucht hatte, Posie zu beruhigen, war sie mit den Nerven fertig.
„Als Phoebe noch da war, habe ich nachts oft wach gelegen und meine Schwester beneidet, wenn Posie geweint hat“, gestand sie. „Am liebsten wäre ich damals selbst zu ihr gegangen und hätte sie getröstet.“
„Das ist doch vollkommen nachvollziehbar.“
„Nein. Du hattest absolut recht. Ich hätte mich erst mal zurückziehen sollen.“ Sie blickte zu ihm hoch. „Immer, wenn ich Posie auf den Arm genommen habe, hat Phoebe Angst bekommen. Das habe ich ihr sofort angesehen“, erzählte Grace. „Darum habe ich auch alles unternommen, dass alle Formalien so schnell wie möglich erledigt sind. Damit zweifelsfrei geklärt ist, dass Posie ihre Tochter ist.“ Sie seufzte. „Tja, man sollte sich wirklich gut überlegen, was man sich wünscht …“
„Dass es so kommt, hast du dir ganz bestimmt nicht gewünscht.“
„Nein.“ Das konnte sie mit Gewissheit sagen. „Ich hatte ja keine Ahnung, wie einsam sich junge Eltern fühlen müssen. Wie viele Ängste sie ausstehen. Posie ist doch noch so klein … und so verletzlich.“
„Psst …“ Zunächst war Grace sich nicht sicher, ob er sie damit meinte oder das Baby. „Versuch dich zu entspannen …“
„Wie bitte? Entspannen soll ich mich?“ Gleichzeitig wusste sie, dass er recht hatte und sich ihre Anspannung direkt auf Posie übertrug. „Entschuldige bitte. Wenn ich dich jetzt anschreie, hilft uns das auch nicht weiter.“
„Tja, vielleicht täte es uns ganz gut, wenn wir alle mal laut schreien würden“, gab er zurück. „Aber nicht gerade jetzt.“ Er hob Posie von seiner Schulter, küsste sie auf den Kopf und legte sie sich in die Armbeuge. Dann nahm er Grace das Fläschchen ab und bot es der Kleinen an.
Sie drehte den Kopf weg.
„Sie nimmt es immer noch nicht an“, sagte er. „Du könntest ja versuchen, sie zu stillen.“
„Nein …“ Grace schluckte. „Das geht nicht, Josh. Das kann ich nicht tun.“
Noch während sie die Worte aussprach, fing Posie wieder an zu quengeln. Wortlos nahm Josh Graces Hand, zog sie aus dem Kinderzimmer und in ihr eigenes Schlafzimmer.
„Das klappt bestimmt nicht …“
„Versuch es einfach mal“, forderte er sie auf. „Für Posie … und für dich selbst auch, Grace.“ Er löste den Knoten ihres Morgenmantels, und der seidige Stoff glitt zu Boden. Jetzt stand sie nur noch in einem dünnen Nachthemd vor ihm, unter dem sich ihre Beine und Brüste deutlich abzeichneten. So nackt und schutzlos wie jetzt hatte sie sich in ihrer gemeinsamen Nacht nicht gefühlt. Sie erschauerte. Schmerz, Kummer und Sehnsucht – sie empfand alles gleichzeitig.
„Vertraust du mir?“, wollte er wissen.
Sie blickte zu ihm hoch. Mit seinem zerzausten Haar und dem kurzen dunklen Bart wirkte Josh nicht gerade wie ein Experte in Sachen Kinderpsychologie … aber trotzdem vertraute Grace ihm voll und ganz. Er war schon immer ihr persönlicher Held gewesen, ihr Ritter auf dem weißen Pferd. Sie setzte sich auf das Bett und lehnte sich gegen die Kissen.
„Bist du soweit?“
Kaum hatte er ihr das Baby in die Arme gelegt, fing Posie wieder an zu schreien. Grace versteifte sich.
„Denk jetzt nicht weiter über Posie nach“, empfahl er ihr. „Entspann dich einfach.“
Aber das gelang ihr nicht. Ihre Angst war zu groß. „Und was ist, wenn ich das nicht hinkriege?“
„Doch, du kriegst das hin.“ Er legte ihr seine warmen Hände auf
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