Ein Ex, ein Kuss - und neues Glück?
parkte dort ein roter Kleinwagen. Erneut wurde Josh bewusst, was passiert war.
Er atmete tief durch und ging die Stufen zur Haustür hoch, wie so viele Male zuvor. Und trotz der warmen Frühlingssonne und der leuchtend gelben Tulpen, die links und rechts in Blumenkübeln blühten, kam es ihm vor, als würde das ganze Haus Trauer tragen.
Am Ende seines letzten Besuches hier hatte er seinem Bruder sämtliche Schlüssel zum Haus und seiner Wohnung im Keller auf den Schreibtisch geworfen. Als Zeichen dafür, dass er sich hier nie wieder blicken lassen wollte. Jetzt würde er zum ersten Mal anklopfen müssen, seit er als Siebzehnjähriger eingezogen war. Gerade wollte er den antiken Klopfer betätigen, da öffnete von innen jemand schwungvoll die Tür.
Grace! dachte er im ersten Moment und wollte sie instinktiv umarmen. Aber vor ihm stand eine fremde Frau.
Das war ja klar. Warum sollte Grace ihn auch begrüßen? Schließlich hatte sie ja Toby Makepeace, der sie jetzt tröstete, der immer für sie da war. Zumindest war das bei Joshs letztem Besuch so gewesen.
Die Frau, die ihm stattdessen die Tür geöffnet hatte, war ein paar Jahre älter, außerdem kam sie ihm bekannt vor. War das nicht eine Freundin von Phoebe? Wie hieß sie doch gleich – Elizabeth? Oder Eleanor?
Die Frau legte einen Finger auf die Lippen. „Grace ist in der Küche auf einem Stuhl eingeschlafen. Ich will sie auf keinen Fall wecken. Sie hat schon so lange nicht mehr richtig geschlafen und ist völlig erschöpft.“
Er nickte.
„Das geht dir bestimmt ähnlich“, sagte sie. „Du musst dich schrecklich fühlen. Es tut mir schrecklich leid, dass du Michael verloren hast. Er war ein wunderbarer Mensch.“ Ohne eine Reaktion abzuwarten, fuhr sie fort: „Ich fahre dann jetzt nach Hause. Sag Grace bitte, dass sie sich bei mir melden soll, wenn sie etwas braucht, ja? Ich rufe morgen früh kurz durch.“
„Ja. Vielen Dank … Elspeth.“ Endlich war ihm der Name wieder eingefallen.
Josh sah der Frau nach, bis sie in ihr Auto gestiegen war. Dann trug er sein Gepäck ins Haus und schloss so leise wie möglich die Tür. Langsam und bedächtig ging er den Flur entlang. Bevor er Grace begegnete, wollte er erst mal in seiner ehemaligen Kellerwohnung duschen. Allerdings brauchte er dafür einen Schlüssel, und der hing normalerweise in der Küche.
Unentschlossen blieb er im Flur stehen. Dabei fiel sein Blick auf ein Tischchen mit ungeöffneten Umschlägen. Einige davon waren an Grace adressiert, einige an ihn selbst. Er öffnete einen davon. Eine schwarz-weiß gestaltete Karte mit Lilien kam zum Vorschein. Herzliches Beileid , stand darauf.
Josh zuckte zusammen und ließ die Karte fallen, als hätte er sich daran verbrannt. Dann ging er langsam in Richtung Küche.
Vorsichtig stieß er die Tür auf. Sie quietschte leise – genau wie immer. Dabei hatte Michael seiner Frau damals so oft versprochen, sich darum zu kümmern. Auch er selbst hatte schon angeboten, die Angeln zu ölen, aber daraufhin hatte Phoebe nur gelächelt und gesagt, dass das Quietschen sie gar nicht störte. Auf diese Weise war sie wenigstens vorgewarnt, wenn jemand in die Küche kam.
Außerdem konnte sie sich dann hin und wieder bei Michael darüber beschweren. Sonst hielt er sich womöglich noch für vollkommen, und das tat schließlich keinem Mann auf Dauer gut.
Dabei hielt Michael sich keinesfalls für vollkommen – im Gegenteil, und das wusste Josh nur zu gut. Aber das sollte das Geheimnis der beiden Brüder bleiben, also hatte er einfach schweigend zurückgelächelt.
Jetzt blieb er kurz auf dem Flur stehen und lauschte nach Geräuschen, die aus der Küche kamen. Nichts. Vorsichtig betrat er den gemütlichen Raum, der immer den Mittelpunkt des Geschehens in diesem Haus gebildet hatte. Der große Esstisch bot genug Platz für die ganze Familie und ihre Gäste.
Neben dem alten gusseisernen Kochherd stand ein Sessel, in dem die damals vierzehnjährige Grace sofort Zuflucht gesucht und gefunden hatte. Damals, als sie mit einer Plastiktüte in einer Hand und einem zotteligen Terrier unter dem Arm eingezogen war …
Von da an waren die beiden ständig dort anzutreffen – das Mädchen und der kleine alte Hund. Harry hieß er. Als Harry ein paar Monate später gestorben war, hatte Josh ihr einen Welpen geschenkt. Inzwischen lebte auch der nicht mehr; dafür hatte Grace jetzt eine neue große Liebe: ihre Nichte Posie. Sie hatte das Kind als Ersatzmutter für ihre Schwester
Weitere Kostenlose Bücher