Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Fall für Al Wheeler

Ein Fall für Al Wheeler

Titel: Ein Fall für Al Wheeler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
»Möchten Sie noch gern etwas zu trinken haben, Dolores? Soll ich
diesmal vielleicht gleich die ganze Flasche bringen ?«
    »Ich möchte nichts mehr zu
trinken, Al«, sagte sie leise. »Ich möchte noch ein bißchen Poesie hören — so wie
das, was ich heute nachmittag zu hören bekommen habe. Erinnern Sie sich ?«
    »Ich erinnere mich«, sagte ich.
»Wie zum Beispiel, daß Sie zufällig eine aparte und überwältigend schöne Frau
sind, daß Ihre Beine ein Sonnett an Länge und
Wohlgeformtheit sind und nur noch mit der geometrischen Perfektion Ihrer
übrigen bezaubernden Anatomie verglichen werden können und daß alles zusammen
eine hundertprozentige Attraktivitätsquote ergibt — . Meinen Sie diese Art
Poesie ?«
    »Genau diese Art von Poesie«,
flüsterte sie leise.
    Ihre Hand tastete nach der
meinen. Ihre Finger preßten sich plötzlich zusammen, und ihre langen Nägel
gruben sich schmerzhaft in meinen Handrücken.
    »Haben Sie je Scharade
gespielt, Al ?« fragte sie mit leiser heiserer Stimme.
»Jemand denkt sich ein Wort aus, und ein anderer muß es darstellen ?«
    »Ich glaube«, gab ich zu. »Ich
habe alle möglichen Sorten von Spielen gespielt. Dies hier scheint mir ein
Überbleibsel aus dem Kindergartenrepertoire zu sein .«
    »Nicht so, wie wir es spielen
werden!« Ihre Stimme bebte vor Lachen. »Ich werde mir ein Wort ausdenken, und
Sie müssen es darstellen. — Okay?«
    »Es ist ja niemand da, der es
erraten kann«, protestierte ich.
    »Wen kümmert das schon ?« Ihre Nägel gruben sich noch fester in meinen Handrücken.
»Gut. Sind Sie bereit, Al ?«
    »Ich nehme an, wir sind alle
irgendwo ein bißchen verrückt«, sagte ich resigniert. »Also los! Was soll ichspielen ?«
    »Dieses entzückende Wort, das
Sie in seiner höflichen Form benutzt haben — nur daß wir es diesmal in seiner
ursprünglichen Bedeutung anwenden wollen«, murmelte sie. »Überwältigen !«
    »Wollen Sie damit sagen, daß
Sie kämpfen wollen ?« wandte ich ein.
    »Nur eine kleine Weile — Sie
Feigling!« Sie schürzte die volle Unterlippe. »Ich ermüde sehr leicht !«
    Es war eine Lüge — zumindest
nur die halbe Wahrheit. Sicher, sie leistete keinen überwältigenden Widerstand,
aber dieser Unsinn, daß sie leicht ermüdete — oh, lieber Mann!

NEUNTES KAPITEL
     
    V ielleicht hat jede Familie
insgeheim ihren wunden Punkt, aber außerhalb ihrer vier Wände wird nicht darüber
gesprochen, und die Wheelers sind keine Ausnahme. In jeder dritten Generation
erbt ein Familienmitglied den Fluch der Wheelers, und in dieser mußte
ausgerechnet ich es sein. Es ist nichts Ernsthaftes — nur ein gelegentlicher,
plötzlicher stechender Schmerz in der Gegend des Solarplexus, der einen
überfällt, wenn man es zuletzt erwartet. Ich bekam ihn am nächsten Morgen in
dem Augenblick, als ich in das Vorzimmer der Arkright -Glücksarche trat. Die Attacken
sind an sich mit zunehmendem Alter seltener geworden, und in letzter Zeit hatte
ich gedacht, ich sei ihnen entwachsen: ein Bursche wie ich mit Gewissensbissen
— einfach lächerlich.
    Aber der Stich durchbohrte mich
im Augenblick, als ich das Willkommenslächeln auf Sherry Rands Gesicht sah und
gleichzeitig den vorwurfsvollen Schlag von Eingeborenentrommeln in meinem
Inneren hörte.
    »Hallo, Al, mein Süßer«, sagte
sie mit ihrer an Hibiskus erinnernden Stimme. »Wo hast du gestern abend gesteckt? Ich dachte, du würdest mich
vielleicht anrufen ?«
    Für einen Augenblick war ich
versucht, ihr die Wahrheit zu erzählen, aber, zum Kuckuck — Mädchen sind in
diesem Punkt seltsam — , ich wußte es ganz genau, sie würde nie begreifen, daß
Scharaden, so wie ich sie mit Dolores gespielt hatte, nur Spiel waren.
    »Ich bin abgehalten worden,
Süße«, sagte ich, was die reine Wahrheit war.
    »Ich habe in der Morgenzeitung
davon gelesen .« Sie schauderte leicht. »Es war der
dicke kleine Mann mit der Nelke, mit dem du vorgestern abend in der Striptease-Schau gesprochen hast, nicht wahr ?«
    »Ja«, sagte ich. »Harvey Stern
— eine der kleinen Tragödien des Lebens, wie man so schön sagt. Sind die Arkrights im Augenblick damit beschäftigt, Glück zu
verteilen ?«
    »Ich werde ihnen sagen, daß du
hier bist«, sagte Sherry. Sie hob den Hörer ab und teilte mir ein paar Sekunden
später mit, ich könne hineingehen. »Die letzte Nacht war nicht umsonst
gewesen«, sagte sie begeistert. »Ich habe nahezu drei Stunden mit Üben
verbracht. Ich möchte gern, daß du dir die Fortschritte

Weitere Kostenlose Bücher