Ein Fall für Al Wheeler
aber sicher den Verstand
verliere«, knurrte ich. »Haben Sie je von einem Mann namens George Crocker
gehört ?«
»Soweit ich mich erinnere, nein .« Sie schüttelte den Kopf. »Was hat er mit dem Ganzen zu
tun ?«
»Das ist noch etwas, das ich
nicht weiß«, sagte ich. »Was wissen Sie über Loomas ?«
»Nicht mehr als das, was ich
Ihnen bereits gesagt habe. Er arbeitet für Rovak —
kümmert sich um sein Boot — kommt häufig in den Klub .« Sie zuckte anmutig die Schultern. »Das ist alles .«
»War er früher Schauspieler —
wissen Sie das ?«
»Wenn er einer gewesen ist, so
habe ich nie davon gehört«, sagte sie. »Ich kann ihn nicht leiden, überhaupt
nicht. Er ist ein Schürzenjäger, aber das sind die meisten Männer. Jedoch ist
da noch etwas anderes. Unter all dieser bronzenen Muskulatur steckt eine häßliche , bösartige Neigung zu Gewalttaten .«
»Er hat zwei Jahre wegen
Raubüberfall und Körperverletzung in St. Quentin aufgebrummt bekommen«, sagte
ich. »Unwahrscheinlich, daß ein Bursche wie er ein Boot von einer Badewanne
unterscheiden kann. Benutzt Rovak das Boot häufig?
Oder ist es nur um des hübschen Aussehens willen die ganze Zeit über am
Landesteg angebunden ?«
»Er benutzt es durchaus«, sagte
Dolores bestimmt. »Er ist im Monat immer zwei Tage damit weg — richtig draußen
auf hoher See, glaube ich .«
»Vermutlich stempelt es Loomas noch nicht zum Verbrecher, wenn er sich als Seemann
betätigt«, sagte ich mürrisch. »Vielleicht sollte ich mich wieder den Arkrights zuwenden und von vorn anfangen .« Ich stand müde auf. »In jedem Fall brauchen wir noch etwas zu trinken .« Auch nachdem ich mich mit frisch eingegossenen Gläsern
wieder zur Couch zurückbegeben hatte, sah es nicht so aus, als ob ich mit
meinen Fragen irgendwie weiterkommen würde. Ich saß schweigend da und
überlegte, daß ich durch eine Laune des Schicksals ebensogut mit einem Kilt zur Welt hätte kommen können und daß ich dann ein kurzes, aber
segensreiches Leben damit verbracht hätte, Scotch Whisky für den Hausgebrauch
zu brennen, anstatt ihn zu den Yankees zu exportieren.
»Was Sie brauchen, ist ein
Themawechsel, Al Wheeler«, sagte Dolores plötzlich mit frischer Stimme. »Denken
Sie einmal an etwas anderes. Wie sind Sie mit dem sinnenfreudig aussehenden Sexbömbchen zurechtgekommen, das Sie im Klub bei sich
hatten ?«
»Sherry ?« sagte ich überflüssigerweise. »Sie hat den Ehrgeiz, Striptease-Tänzerin zu
werden .«
»Du lieber Himmel !« quiekte Dolores. »Man muß ihr helfen .«
»Nicht unbedingt«, sagte ich
selbstzufrieden. »Sie bringt ausgezeichnete Voraussetzungen dafür mit. Gestern nacht hat sie hier eine Weile trainiert — noch ein
bißchen Übung und sie ist beinahe ein Professional .«
»Dazu gehört ein bißchen mehr !« Ihre Stimme hatte einen etwas gefrorenen Unterton. »Ich
kann natürlich verstehen, daß Sie von diesem Auftritt in nächster Nähe in Ihrer
eigenen Wohnung wie betäubt waren. Sie würden selbstverständlich bei jedem
weiblichen Wesen, das in Ihrem eigenen Wohnzimmer ihre Kleider auszieht, zu
sabbern anfangen .«
»Keineswegs«, sagte ich und
übertrumpfte ihren tiefgefrorenen Unterton mit einem Eisberg eigener
Produktion. »Ich bin zufällig auch ein Profi — nicht in derselben Branche,
natürlich«, fügte ich hastig hinzu, »aber ich habe ein gutes Auge für solche,
Dinge .«
»Na klar«, sagte sie und lachte
kurz. »Zwei sogar — und sie quellen alle beide heraus .«
»Sie hat Ihre ganze Nummer
recht gut nachgemacht .« Ich seufzte und schüttelte den
Kopf. »Und es war ihr erster Auftritt, sozusagen. Aber ich glaube, Ihr Profis
habt eine bestimmte Routine — und die wirkt mit der Zeit vielleicht irgendwie
ein bißchen steif ?«
»Steif !« Sie sprang von der Couch auf, als ob sie soeben von einem Gänserich ins
Hinterteil gezwickt worden wäre. »Ich werd’s Ihnen
zeigen! Steif! Können Sie Musik machen — irgendwelche Musik ?«
Ich war mit einem einzigen
krampfhaften Satz bei meinem HiFi -Apparat. »Was Sie
wünschen«, sagte ich leichthin. »Wie wär’s mit der Wilhelm-Tell-Ouvertüre ? Die wird Ihnen jede Steifheit aus den Gliedern schütteln .«
»Legen Sie irgendeine Platte
auf«, knurrte sie. »Und halten Sie Ihre Augäpfel fest !«
In der Mitte des
Plattenständers befand sich eine Langspielplatte mit Aufnahmen eines herrlich
verstimmten Klaviers, das die ganze Atmosphäre eines drittklassigen Bumslokals
vermittelte, und mir wurde
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