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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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er Boraxseife bei der Arbeit benützt und gegen fünf Uhr nach Hause kommt, dann ist es sehr unwahrscheinlich, daß er um ein Uhr morgens noch soviel von diesem Rückstand an sich hat. Er könnte in einer Spätschicht arbeiten. In den Herrentoiletten ist Boraxseife. Er geht irgendwann vor Mitternacht oder ein Uhr morgens weg und direkt zur Wohnung des Opfers."
    Der Tathergang war mehr als plausibel, erklärte ich. Wenn der Mörder nachts arbeitete, dann gab ihm das genug Gelegenheiten, während des Tages, wenn der Rest der Welt bei der Arbeit war, durch die Gegend zu fahren, in der sein nächstes Opfer wohnte, und sich alles anzuschauen. Er konnte später noch einmal vorbeifahren, vielleicht nach Mitternacht, um es sich noch einmal anzusehen. Die Opfer waren entweder ausgegangen oder schliefen, wie die meisten Nachbarn. Man würde ihn nicht sehen.
    Was für nächtliche Jobs gab es, die mit dem Telefon zu tun hatten? Wir spielten es eine Weile lang durch.
    "Die meisten Händler rufen zur Zeit des Abendessens an", sagte Wesley. "Es scheint mir eher ungewöhnlich, daß sie nach neun Uhr noch anrufen." Wir stimmten zu.
    "Pizza-Lieferanten", schlug Marino vor. "Die sind den ganzen Tag über unterwegs. Vielleicht ist es der Bursche, der die Bestellungen entgegennimmt. Du wählst sie an und das erste, wonach dich der Telefonist fragt, ist deine Telefonnummer. Wenn du schon einmal angerufen hast, dann erscheint deine Adresse auf dem Computerbildschirm. Dreißig Minuten später steht so ein Typ mit einer Pizza an deiner Tür. Es könnte der Lieferjunge sein, der schnell herausbekommt, ob er es mit einer Frau zu tun hat, die allein lebt. Vielleicht ist es der Typ von der Anrufannahme. Ihre Stimme gefällt ihm, er kennt ihre Adresse."
    "Überprüf es", sagte Wesley. "Laß ein paar Jungs zu den einzelnen Pizza-Heimdiensten gehen."
    Morgen war Freitag!
    "Schau nach, ob es einen Pizza-Laden gibt, den alle fünf Frauen ab und zu mal angerufen haben. Das müßte im Computer stehen, leicht rauszukriegen."
    Marino ging einen Augenblick hinaus und kam mit den Gelben Seiten wieder. Er schlug die Sektion auf, in der alle Pizza-Läden verzeichnet waren, und fing an, Namen und Adressen herauszuschreiben.
    Wir fanden immer mehr mögliche Arbeitsbereiche. Telefonisten in Krankenhäusern und Telefongesellschaften arbeiteten Tag und Nacht, um Anrufe entgegenzunehmen. Anlageberater zögerten nicht, um zehn Uhr abends oder später anzurufen. Dann gab es immer noch die Möglichkeit, daß irgend jemand Roulette mit dem städtischen Telefonbuch spielte - irgendein Wachbeamter, der nichts Besseres zu tun hat, während er im Vorzimmer der Bundesbank saß, oder ein Tankwart, der sich in den Nachtstunden langweilt. Meine Verwirrung wuchs. Ich blickte nicht mehr durch. Und es gab etwas, was mich störte.
    Du machst es zu kompliziert, sagte mir meine innere Stimme. Du bewegst dich immer weiter weg von dem, was du tatsächlich weißt.
    Ich musterte Marinos schweißnasses, fleischiges Gesicht, seine Augen, die hin und her wanderten. Er war müde, gestreßt. Er nährte immer noch eine tiefsitzende Wut in sich. Warum war er so empfindlich? Was hatte er über das gesagt, was der Mörder dachte? Daß er keine berufstätigen Frauen mochte, weil sie so hochnäsig waren?
    Jedesmal, wenn ich ihn erreichen wollte, war er "auf den Straßen". Er war an jedem Tatort gewesen.
    Bei Lori Petersen war er hellwach. War er in jener Nacht überhaupt im Bett gewesen? War es nicht ein bißchen merkwürdig, daß er so scharf darauf gewesen war, die Morde Matt Petersen anzuhängen?
    Marinos Alter paßte nicht ins Bild, sagte ich mir.
    Er verbringt die meiste Zeit in seinem Auto und verdient sein Geld nicht damit, Telefonanrufe entgegenzunehmen - ich sah keine Verbindung zwischen ihm und den Frauen.
    Und was das wichtigste ist, er hat keinen besonderen Körpergeruch, und wenn der Overall, der in der Mülltonne gefunden worden war, sein eigener gewesen wäre, warum sollte er ihn dann ins Labor bringen?
    Es sei denn, dachte ich, er dreht den Spieß um und benützt sein Wissen dazu, das System mit dessen eigenen Regeln zu schlagen. Er ist immerhin Experte, er leitet die Ermittlung und hat genug Erfahrung, um sowohl Erlöser als auch Satan zu sein. Ich glaube, ich hatte von Anfang an die Angst in mir, daß der Mörder ein Cop sein könnte.
    Marino paßte nicht ins Bild. Aber der Mörder könnte jemand sein, mit dem er seit Monaten zusammengearbeitet hat, jemand, der durch die

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