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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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kennengelernt hat. Sie wußte wahrscheinlich gar nichts davon."
    "Wußte nichts wovon?" fragte Wesley.
    "Wußte nicht, daß ihr schauspielender Liebhaber wegen Vergewaltigung angeklagt gewesen war."
    Eine ganze Weile lang sagte keiner etwas. Wesley drehte seinen Kugelschreiber langsam auf der Tischoberfläche herum und kniff den Mund zusammen. Marino hielt sich nicht an die Spielregeln. Er teilte die Informationen nicht mit uns. Er überfiel uns damit aus dem Hinterhalt, als ob das hier der Gerichtshof wäre und Wesley und ich der Anklage gegenüberstünden.
    Schließlich sagte ich: "Wenn Petersen tatsächlich wegen Vergewaltigung angeklagt war, dann ist er freigesprochen worden, oder aber die Anklage wurde fallengelassen."
    Seine Augen fixierten mich. "Sie wissen es besser, was? Ich habe seine Akten noch nicht überprüft."
    "Eine Universität wie Harvard, Sergeant Marino, nimmt gewöhnlich keine vorbestraften Bewerber auf."
    "Wenn sie es wissen."
    "Das ist richtig", stimmte ich zu. "Wenn sie es wissen. Es ist schwer, zu glauben, daß sie es nicht wußten, falls die Anklage aufrechterhalten wurde."
    "Wir überprüfen es besser", war alles, was Wesley dazu zu sagen hatte.
    Bei dieser Bemerkung stand Marino plötzlich auf und entschuldigte sich. Ich nahm an, er wollte auf die Toilette gehen.
    Wesley tat, als wäre Marinos Ausbruch nichts Besonderes gewesen. Er fragte beiläufig: "Was hören Sie aus New York, Kay? Schon etwas vom Labor zurückgekommen?"
    "Die DNS-Untersuchung dauert eine Weile", antwortete ich sachlich. "Wir haben denen vor dem zweiten Fall nichts geschickt. Ich müßte die Ergebnisse bald bekommen. Und was die zwei letzten Fälle betrifft, Cecile Tyler und Lori Petersen, hören wir bestenfalls nächsten Monat davon."
    Er behielt seinen gelassenen Tonfall bei. "In allen vier Fällen ist der Typ ein Nonsekretor. So viel wissen wir bereits."
    "Ja, das wissen wir."
    "Ich habe wirklich keinen Zweifel daran, daß es sich um ein und denselben Mörder handelt."
    "Ich auch nicht", pflichtete ich bei.
    Für eine Weile wurde nicht mehr gesprochen. Wir saßen angespannt da und warteten auf Marinos Rückkehr, seine wütenden Worte klangen immer noch in unseren Ohren nach. Ich schwitzte und fühlte mein Herz schlagen.
    Ich glaube, Wesley konnte mir im Gesicht ablesen, daß ich nichts mehr mit Marino zu tun haben wollte, daß ich ihn unter der Kategorie abgeheftet hatte, die ich für Menschen bereithielt, die unmöglich und unangenehm waren und beruflich eine Gefahr darstellten.
    Er sagte: "Sie müssen ihn verstehen, Kay."
    "Nun, das tue ich aber nicht."
    "Er ist ein guter Polizist, ein sehr guter."
    Ich gab keine Antwort.
    Wir saßen schweigend da. Meine Wut wurde größer. Ich wußte, daß es keinen Sinn hatte, aber ich konnte nichts dagegen machen, daß die Worte aus mir herausbrachen. "Verdammt noch mal, Benton! Diese Frauen verdienen, daß wir uns die größte Mühe geben. Wenn wir es vermasseln, stirbt noch jemand. Ich will nicht, daß er es vermasselt, nur weil er irgendein Problem hat!"
    "Das wird er nicht tun."
    "Er tut es bereits." Ich senkte meine Stimme. "Er zieht den Strick um Petersens Hals zu. Das bedeutet, daß er nach niemand anderem mehr sucht."
    Marino ließ sich glücklicherweise Zeit mit dem Zurückkommen. Wesleys Kiefermuskeln arbeiteten, und er vermied es, mir in die Augen zu sehen. "Ich habe Petersen auch noch nicht ganz zur Seite geschoben. Das kann ich nicht. Ich weiß, es paßt nicht zu den anderen Fällen, wenn er seine Frau ermordet hat. Aber er hat etwas Sonderbares an sich. Nehmen Sie Gacy. Wir haben keine Ahnung, wie viele Menschen er umgebracht hat. Dreiunddreißig Kinder. Vielleicht waren es Hunderte. Fremde, alle Fremde für ihn. Und dann bringt er seine Mutter um und stopft Teile von ihr in den Mülleimer ... "
    Ich konnte es nicht glauben. Er hielt mir eine seiner Vorlesungen für "junge Beamte" und quasselte weiter wie ein aufgeregter sechzehnjähriger Junge bei seinem ersten Rendezvous.
    "Chapman trägt den Fänger im Roggen bei sich, als er John Lennon umbringt. Reagan und Brady werden von irgendeinem Verrückten erschossen, der von einer Schauspielerin besessen ist. Muster. Wir versuchen, die Dinge vorherzusehen. Aber wir können es nicht immer. Es ist nicht immer vorhersehbar."
    Als nächstes fing er an, Statistiken aufzuführen. Vor zwölf Jahren lag die durchschnittliche Aufklärungsrate für Morde bei fünfundneunzig, sechsundneunzig Prozent. Jetzt lag sie eher bei

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