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Ein Fall für Kay Scarpetta

Ein Fall für Kay Scarpetta

Titel: Ein Fall für Kay Scarpetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sie mit jemandem zusammenlebte, vor allem, wenn er sie verfolgte, während Sie bei der Arbeit waren - wenn er sie abends verfolgte und beobachtete, wie sie heimging, wenn Sie nicht da waren, meine ich. Er könnte keine Ahnung davon gehabt haben, daß sie Ihre Schwester ist. Es könnte ein Zufall sein. Gab es einen Ort, wo sie öfter hinging, ein Restaurant, eine Bar, irgend etwas?"
    Sie wischte sich wieder die Augen und versuchte, sich zu erinnern.
    "Es gibt ein Cafe an der Ferguson, nicht weit von der Schule. Sie aß dort ein- oder zweimal in der Woche zu Mittag. Sie ging nicht in Bars. Ab und zu aßen wir bei Angela's auf der Southside, aber wir waren bei solchen Gelegenheiten immer zusammen - sie war nicht allein. Sie kann auch woanders hingegangen sein, in Geschäfte, meine ich. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht alles, was sie jeden Tag gemacht hat."
    "Sie sagen, sie zog letzten August hier ein. Ist sie jemals weggefahren, hat sie irgendeine Reise gemacht, etwas in der Art?"
    "Warum?" Sie war außer sich. "Glauben Sie, jemand ist ihr gefolgt, jemand, der nicht aus der Stadt ist?"
    "Ich will nur genau wissen, wann sie hier war und wann nicht."
    Sie sagte zitternd: "Letzten Donnerstag fuhr sie zurück nach Chapel Hill, um ihren Ehemann zu treffen und eine Freundin zu besuchen. Sie war fast die ganze Woche weg, kam am Mittwoch zurück. Heute hat der Unterricht begonnen, der erste Tag des Sommersemesters."
    "War er jemals hier, der Ehemann?"
    "Nein", antwortete sie argwöhnisch.
    "Gab es irgendwelche Geschichten, daß er brutal mit ihr war, Gewalt anwendete -"
    "Nein!" platzte sie heraus. "Jeff hat ihr das nicht angetan! Sie wollten sich nur versuchsweise trennen! Es gab keine Feindseligkeiten zwischen ihnen! Das Schwein, das das hier getan hat, ist dasselbe Schwein wie bei den anderen!"
    Marino starrte auf den Kassettenrecorder auf dem Tisch. Ein kleines rotes Lämpchen blinkte. Er suchte in seinen Jackentaschen und wirkte verstört. "Ich muß kurz zum Auto gehen."
    Er ließ Abby und mich allein in dem hellen, weißen Wohnzimmer. Es trat ein langes, unbehagliches Schweigen ein, bevor sie mich ansah. Ihre Augen waren gerötet, ihr Gesicht verquollen. Bitter, leidvoll sagte sie zu mir: "Wie oft wollte ich mit Ihnen reden. Da habe ich es nun. Sie sind wahrscheinlich insgeheim froh. Ich weiß, was Sie von mir denken. Sie denken vermutlich, daß ich es verdiene. Ich bekomme jetzt eine Vorstellung davon, was die Leute, über die ich schreibe, fühlen. Ausgleichende Gerechtigkeit."
    Die Bemerkung traf mich tief. Ich sagte ruhig: "Abby, Sie verdienen das nicht. Ich würde so etwas niemals irgend jemandem wünschen."
    Sie starrte auf ihre fest zusammengepreßten Hände und fuhr schmerzerfüllt fort: "Bitte, nehmen Sie sich ihrer an. Bitte. Meine Schwester. Oh, Gott. Bitte sorgen Sie für Henna ... "
    "Ich verspreche, daß ich für sie sorgen werde ..."
    "Sie dürfen ihn nicht davonkommen lassen! Das dürfen Sie nicht!"
    Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Sie sah mich an, und ich war entsetzt, als ich die Angst in ihren Augen bemerkte.
    "Ich verstehe überhaupt nichts mehr. Ich verstehe nicht, was hier vor sich geht. All diese Dinge, von denen ich gehört hatte. Und dann passiert das. Ich habe es versucht. Ich habe versucht, es von Ihnen herauszubekommen. Und nun das. Ich weiß nicht mehr, wer wir sind und wer die anderen!"
    Ruhig sagte ich: "Ich glaube, ich verstehe nicht, was Sie meinen, Abby. Was haben Sie versucht, von mir herauszubekommen?"
    Sie sprach sehr schnell. "Jene Nacht. Am Anfang der Woche. Ich wollte mit Ihnen darüber reden. Aber er war da ... "
    Langsam begriff ich. Ich fragte leise: "An welchem Tag?"
    Sie sah verwirrt aus, als ob sie sich nicht erinnern konnte. "Mittwoch", sagte sie. "Mittwoch abend."
    "Sie sind spät an jenem Abend zu meinem Haus gefahren und dann schnell wieder davongefahren? Warum?"
    Sie stammelte: "Sie ... waren in Gesellschaft." Bill. Ich erinnerte mich, daß wir im Schein des Eingangslichts gestanden hatten. Wir waren gut zu sehen gewesen, und er hatte sein Auto in meiner Auffahrt geparkt. Abby war diejenige, die in jener Nacht zu mir gefahren war, und sie hatte mich mit Bill gesehen, aber das erklärte nicht ihre Reaktion. Warum geriet sie in Panik? Es schien wie ein Angstreflex, als sie die Scheinwerfer ausmachte und den Rückwärtsgang einlegte.
    Sie sagte: "Diese Untersuchungen. Ich habe Dinge gehört. Gerede. Die Cops sollen nicht mit Ihnen sprechen. Niemand soll mit Ihnen

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