Ein Fall für Kay Scarpetta
ist ein Polizeibeamter. Zivilbeamter, arbeitet bei der Sitte."
Sie starrte ihn ungläubig an.
"Sehen Sie", fuhr Marino lakonisch fort, "deshalb war niemand wirklich beunruhigt, als Sie anriefen, Miss Turnbull. Nun, vergessen wir das. Es hätte mich beunruhigt, wenn ich damals davon gewußt hätte - weil der Mann besser sein sollte. Wenn er Ihnen folgt, dann sollten Sie es nicht merken, meine mich." Er wurde plötzlich distanzierter, seine Worte wurden schärfer. "Aber dieser spezielle Beamte kann Sie nicht besonders leiden. Tatsache ist, als ich eben zu meinem Auto ging, habe ich ihn angefunkt, und er hat mir gesagt, wie es wirklich war. Er gibt zu, daß er Ihnen absichtlich so zugesetzt hat, daß er sich aufgeregt hatte, als er Sie in jener Nacht verfolgt hat."
"Was sagen Sie da?" rief sie und krümmte sich panisch zusammen.
"Er ist mir auf die Pelle gerückt, weil ich Reporterin bin?"
"Nun, es ist ein bißchen persönlicher, Miss Turnbull." Marino zündete sich beiläufig eine Zigarette an. "Sie erinnern sich sicher, daß Sie vor einigen Jahren diesen Aufsatz über den Sittenbeamten geschrieben haben, der sich in die Schmugglerkreise einschleuste und dann selbst wegen Kokainbesitzes festgenommen wurde? Sicher, Sie erinnern sich daran. Am Ende fraß er seine Dienstpistole, schoß sich das verdammte Hirn raus. Sie müssen sich daran ganz deutlich erinnern. Dieser spezielle Sittenbeamte war der Partner von dem Typen, der Sie verfolgt hat. Ich dachte, sein Interesse an Ihnen könnte ihn motivieren, gute Arbeit zu leisten. Sieht so aus, als wäre er etwas über das Ziel hinausgeschossen ..."
"Sie!" schrie sie ungläubig. "Sie haben ihn angewiesen, mich zu verfolgen? Warum?"
"Ich werde Ihnen sagen, warum. Da es so aussieht, als hätte mein Freund seine Karten ausgereizt, ist das Spiel ohnehin geplatzt. Sie hätten am Ende sowieso herausbekommen, daß er ein Cop ist. Also kann ich auch den Rest erzählen, hier in Gegenwart des Docs, da es sie in gewisser Weise auch betrifft."
Abby sah mich verzweifelt an. Marino schnippte gemächlich die Asche von seine Zigarette.
Er nahm noch einen Zug und sagte dann: "Wie es der Zufall will, hat das Department vom Medical Examiner momentan ziemlich viel Feuer unterm Hintern wegen dieser angeblich durchgesickerten Informationen an die Presse, was bedeutet, an Sie, Miss Turnbull. Jemand ist in den Computer des Docs eingebrochen. Amburgey macht unserer Doktorin hier die Hölle heiß und schafft eine Menge Probleme und Anschuldigungen. Ich persönlich bin anderer Meinung. Ich glaube, das Informationsleck hat nichts mit dem Computer zu tun. Ich glaube, jemand ist in den Computer eingeb rochen, um es so aussehen zu lassen, als kämen die Informationen von dort, und um die Tatsache zu vertuschen, daß die einzige Datenbasis, in die eingebrochen worden ist, diejenige zwischen Bill Boltz' Ohren ist."
"Das ist doch wahnsinnig!"
Marino rauchte, seine Augen starr auf sie gerichtet. Er genoß es, zuzusehen, wie sie sich wand.
"Ich habe absolut nichts mit irgendeinem Computereinbruch zu tun!" explodierte sie. "Selbst wenn ich so etwas tun könnte, würde ich es niemals, niemals tun! Ich kann es einfach nicht glauben! Meine Schwester ist tot... Jesus Christus ..." Ihre Augen schwammen in Tränen. "O Gott! Was hat das alles mit Henna zu tun?"
Marino sagte kalt: "Ich bin so weit, daß ich keine Ahnung mehr habe, wer oder was etwas mit irgend etwas zu tun hat. Ich weiß, daß einiges von dem, was Sie geschrieben haben, kleine allgemein bekannte Dinge waren. Jemand hat das, was er wußte, ausgeplaudert, Ihnen gegenüber ausgeplaudert. Jemand stört die Ermittlungen hinter den Kulissen. Ich würde nur allzugern wissen, warum jemand so etwas tun würde, außer er hätte etwas zu verbergen oder zu gewinnen."
"Ich weiß nicht, was Sie damit -"
"Sehen Sie", unterbrach er, "ich glaube einfach, daß es ein bißchen komisch ist, daß Sie vor etwa fünf Wochen, gleich nach dem zweiten Mord, einen großen Artikel über Boltz schrieben. Ein Porträt des liebsten Goldjungen der Stadt. Sie beide haben einen Tag zusammen verbracht, nicht wahr? Wie es der Zufall so will, war ich in jener Nacht draußen und habe gesehen, wie Sie beide von Franco's weggefahren sind, gegen zehn Uhr. Cops sind neugierig, besonders wenn sie nichts Besseres zu tun haben, wissen Sie, wenn auf den Straßen nichts los ist. So kommt es, daß ich Ihnen gefolgt bin ... "
"Hören Sie auf " , flüsterte sie und schüttelte den Kopf.
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