Ein Fall für MM und die 4V: Die Monstermotte beißt sich durch (German Edition)
dunkelrotem Kamelhaar nieder und biss große Fetzen heraus. Sie fühlte sich wie im Mottenparadies! Zwar war der Stoff kaum verschmutzt und roch nicht so lecker nach Schweiß wie Johanns Mantel, trotzdem war es ein Festmahl.
Hans Weber eilte zurück in den Laden. „Scheußliches Wetter“, brummte er, während er die Tür hinter sich schloss. Mit seinem Hemd putzte er die Regentropfen von der Brille.
Er hörte nicht, wie die Motte an dem Stoff rupfte und leise mampfte, denn der Regen prasselte laut ans Fenster. So löschte Herr Weber das Licht und verließ den Laden durch die Hintertür.
Sein Sohn Felix schlummerte immer noch selig in seinem Bett, genau so, wie er am Abend hineingefallen war.
Vater und Sohn ahnten nicht, was gerade in einem der Regale im Stoffladen geschah. Nein, niemals hätten sie geahnt, dass ein hungriges, gefräßiges Ungetüm bei ihnen hauste.
2. Ein Fall für Fallen
Die Wohnung der Webers war oben, über dem Laden und der Werkstatt.
Die ganze Familie hatte gut geschlafen in dieser Nacht. Papa Weber hatte leise geschnarcht, Mama Weber im Schlaf unverständliches Zeug gebrabbelt. Tochter Laura hatte geträumt, sie wäre ein Superstar und Sohn Felix hatte tief und fest gepennt wie ein Stein. Niemand hatte gehört, wie ein Stockwerk tiefer die Motte leise mampfte, niemand vernahm ihren Rülpser im Morgengrauen.
Um kurz nach neun wurde Felix durch einen lauten Schrei geweckt. „Nein, das darf nicht wahr sein!“, hörte er seine Mutter schimpfen. Sie war von der Schneiderwerkstatt bis in die Wohnung zu hören. So laut war ihr Geschrei, dass es auch in einem zehnstöckigen Mehrfamilienhaus bis in die oberste Etage zu hören gewesen wäre.
Felix rieb sich die Augen. Eigentlich wollte er ausschlafen, er war noch todmüde. Gestern war er spät von einer anstrengenden Wanderung mit dem Jugendclub nach Hause gekommen. In den Ferien kroch er auch sonst selten vor zehn Uhr aus den Federn. Doch bei dem Gezeter seiner Mutter war nicht mehr an Schlaf zu denken.
Barfuß und im Schlafanzug tappte Felix die Treppen hinunter und schaute in die Werkstatt. „Was ist denn los?“, wollte er wissen und gähnte mit sperrangelweit offenem Mund.
Kurz darauf tauchte Felix’ Schwester auf, im Nachthemd und mit verstubbelten Haaren. „Warum schreist du so?“, fragte sie ihre Mutter und rieb sich die Augen.
„Schaut euch das an!“ Frau Weber deutete auf den dunkelroten Kamelhaarstoff. Oder besser gesagt das, was davon übrig war. „Es ist eine Katastrophe“, jammerte sie. „Ich wollte gerade das Kostüm für die Frau Bürgermeister zuschneiden und nun ist der Stoff kaputt. Der hat ein Vermögen gekostet! Wer soll das bezahlen? Und das Kostüm kann ich jetzt auch nicht nähen.“
Frau Weber war den Tränen nahe. Und Herr Weber schüttelte nur entgeistert den Kopf. „Ich versteh das nicht“, murmelte er immer wieder. „Nein, ich versteh das nicht.“
Felix kam näher, um sich den Stoff genauer anzuschauen. „Aaaautsch!“, schrie er so laut, dass man ihn in einem zwanzigstöckigen Hochhaus bis in die oberste Etage gehört hätte.
„Du weißt doch, dass du nicht barfuß in die Werkstatt kommen sollst“, tadelte seine Mutter und zog eine Stecknadel aus Felix’ Fußsohle.
„Ich versteh das wirklich nicht“, murmelte Herr Weber immer noch, als Frau Weber ein Pflaster auf Felix’ Fuß klebte. „Vor zwei Tagen war der Stoff einwandfrei, da bin ich mir ganz sicher.“
„Vielleicht war es irgendein Tier“, vermutete Felix.
„Ja“, sagte seine Mutter. „Mäuse vielleicht.“
„Oder Ratten“, überlegte der Laura.
„Iiih!“ Frau Weber machte ein angeekeltes Gesicht und schob den löchrigen Stoff von sich. Beim Gedanken an fette Ratten bekam sie eine Gänsehaut.
Es war aber keine Maus und keine Ratte. Mit zusammengefalteten Flügeln hockte die gefräßige Riesenmotte im hintersten Eck des obersten Regals. Dort machte sie einen Verdauungsschlaf, hatte sie sich doch die halbe Nacht den Bauch vollgeschlagen. Davon hatte Familie Weber natürlich keine Ahnung.
„Wir müssen Fallen aufstellen“, beschloss Herr Weber. „Ich werde gleich welche besorgen.“
„Ja, und ich muss die Frau Bürgermeister anrufen“, sagte Frau Weber. Dabei machte sie ein verzweifeltes Gesicht. „Was sag ich ihr nur?“
„Behaupte doch einfach, du hättest in dem Stoff Mottenlöcher entdeckt und ihn zurückgeschickt“, schlug Felix vor.
Die Idee gefiel Frau Weber. Aber nie hätte sie gedacht, dass
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