Ein Fall für Perry Clifton
ab.
„Was
soll ich machen?“ fragt Dicki mißtrauisch, denn er hat Perry durchschaut und
dessen Ablenkungsmanöver erkannt.
„Würdest
du dich in den nächsten Stunden einmal meines vierbeinigen Besuchers annehmen?“
„Oh,
ja“, strahlt Dicki. Doch plötzlich verfinstert sich seine Miene.
„Sie
wollen mich nur nicht mitnehmen... deshalb soll ich mit dem Dackel wandern...“
„Hunde
gehen gern spazieren“, gibt Perry lächelnd zu bedenken.
„Ich
würde ja auch gern gehen... aber gerade jetzt ..
„Hör
zu, Dicki“, erklärt Perry mit ernstem Gesicht. „Ich muß jetzt dringend meinen
Freund Scotty Skiff er im Yard sprechen. Er muß nämlich dabeisein, wenn ich
heute nachmittag die geheimnisvolle Dame in ihrer
Wohnung besuche. Anschließend komme ich her und hole dich ab. Einverstanden?“
„Einverstanden,
Mister Clifton“, strahlt Dicki jetzt wieder. Schließlich ist ein Versprechen
ein Versprechen.
„Dann
bleibe also in der Nähe und laufe nicht wieder hinter allen möglichen Leuten
her.“
„Ich
werde mich nicht von der Stelle rühren!“
„Bis
zu einem Baum solltest du schon gehen. Was soll der Dackel von dir denken!“ —
Zwei
Ereignisse nehmen zum gleichen Zeitpunkt ihren Anfang.
Genau
um dreizehn Uhr zehn verläßt Perry Clifton seine Wohnung in Norwood, um seinen
Freund Scotty Skiffer aufzusuchen.
Auf
dreizehn Uhr zehn stehen auch die Zeiger auf der Uhr an der Baptistenkirche im
Vorort Ilford, als ein französischer Personenwagen mit Londoner Nummer an der
Rückseite der Kirche zum Stehen kommt.
Die
Tür neben dem Volant öffnet sich, und eine Frau klettert heraus.
Eine
Frau in der Uniform eines Hauptmanns der Heilsarmee. Sie schlägt die vordere
Tür zu und öffnet gleichzeitig die hintere Tür des Fonds. Sie greift in das
Innere des Fahrzeugs und befördert eine große Reisetasche ans Tageslicht.
Mit
weitausholenden Schritten umrundet sie die Baptistenkirche und steuert einem Geschäft auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu.
OLIVER
SMITH — GOLD UND EDELSTEINE steht in goldenen Lettern über der
Schaufensterfront.
Sekunden
später setzt sie die Reisetasche behutsam auf den Veloursläufer in Oliver
Smiths gepflegtem Verkaufsraum.
Die
Tageszeit ist gut gewählt. Sie ist die einzige Kundin.
Doch
Mister Smith scheint von Kunden in Uniformen der Heilsarmee nicht sonderlich
erbaut zu sein.
Seine
Miene hat sich schlagartig verfinstert. Mit schmalgewordenen Lippen und einem
Heben und Senken der Schultern drückt er aus, was er über den Besuch denkt:
„Oh,
die Heilsarmee“, beginnt er theatralisch. „Die Heilsarmee in meinem Geschäft?
Sie bemühen sich umsonst, liebe Dame. Ich gebe jeden Monat einen festen Betrag
für die Armen. Und diesen Monat habe ich schon gegeben.“ Zur Untermalung des
letzten Satzes nimmt er seine goldgefaßte Brille von der Nase und beginnt sie
mit Nachdruck zu putzen. Durch diese Geste ist ihm das spöttische Aufblitzen in
den Augen der Frau entgangen.
Mister
Smith ist bereits auf dem Wege zur Tür, denn als guter Geschäftsmann darf er
auch in solcher Situation nicht die Regeln der Höflichkeit außer acht lassen,
als er eine tiefe, grollende Stimme vernimmt:
„Guten
Tag“, sagt diese Stimme.
Mister
Oliver Smith stoppt mitten im Schritt ab und wendet sich der widerspenstigen
Spendensammlerin zu.
„Guten
Tag“, erwidert er verwirrt und weiß für Sekunden nicht, wohin mit den Händen.
„Sie
sprechen in grober Unkenntnis der Sachlage, mein Herr“, ertönt die tiefe Stimme
der Frau, und Smiths Verwirrung steigt noch mehr. „Ich komme nicht als
Bittende, sondern...“, sie macht eine Atempause, „als Kundin!“
Oliver
Smith steigt die Röte der Verlegenheit ins Gesicht, während er mit staksigen
Schritten wieder hinter seinen Ladentisch geht.
„Ich
bitte tausendmal um Entschuldigung, Gnädigste“, bringt er hervor. Die Frau tut,
als würde sie die Verlegenheit nicht bemerken.
„Mister
Smith“, fragt sie sachlich, „kennen Sie General Cleveland?“
Oliver
Smith, seine Unwissenheit verfluchend, schüttelt stumm den Kopf. Dann erkundigt
er sich stockend: „Ist der Herr General auch von der Heilsarmee?“
„Er
ist der oberste Chef von London, Mister Smith!“ kommt der aufklärende Bescheid.
Der Händler nimmt die Aufklärung dankend an. Er ist etwas durcheinandergeraten
und sucht seine Verlegenheit zu überbrücken, indem er sich des näheren über den
General informieren möchte. Doch die Frau läßt sich keine Zeit für
Weitere Kostenlose Bücher