Ein Fall zu viel
hinzuzufügen?«
»Nein.«
»Gut, dann sind Sie entlassen.«
»Für heute.« Barnowski konnte es sich nicht verkneifen, diese Einschränkung nachzuschieben. Altenkämper warf ihm einen feindseligen Blick zu und erhob sich. »Ich hoffe, die Sache nimmt bald ein Ende, und Sie lassen mich in Ruhe«, erklärte er halb an der Tür. »Christiane hat immer Ärger gemacht und mir das Leben versaut. Und jetzt schafft sie das sogar noch nach ihrem Tod. Wenn Sie unbedingt weiter ermitteln wollen, dann finden Sie wenigstens was Gescheites heraus.« Mit einem Ruck öffnete er die Tür und schloss sie von außen etwas lauter als nötig.
»Blödmann im Boss-Anzug«, meldete sich Barnowski als Erster zu Wort.
»Ich weiß nicht«, erwiderte Pielkötter. »Stellen Sie sich vor, die Frau hat ihn schon jahrelang genervt. Endlich hat er die Trennung geschafft, und nun sitzt sie ihm nach ihrem Tod immer noch im Nacken. Wie würden Sie in diesem Fall reagieren? Besonders dann, wenn Sie an ihrem Ableben völlig unschuldig sind?«
»Chef, irgendwie sind Sie heute sonderbar«, bemerkte Barnowski mit einem prüfenden Blick in seine Richtung. »Normalerweise hätten Sie den doch selbst so in die Mangel genommen, dass ihm die maßgeschneiderte Anzugjacke nur so um die Schultern geflattert wäre.«
Normalerweise, hämmerte es hinter Pielkötters Stirn. Im Moment konnte davon in seinem Leben keine Rede mehr sein. Alle bisher unantastbaren privaten Dogmen hatte er mit einem Schlag auf den Kopf gestellt. Nun gut, das war sein eigenes Verschulden. Dass er zusätzlich mit der schweren Erkrankung seines Vaters und schier unlösbaren Fällen konfrontiert wurde, empfand er allerdings als extrem ungerecht.
»So leid es mir tut, bisher haben wir absolut nichts gegen den Mann in der Hand«, sagte er laut. »Außer einem Motiv, aber das ist einfach zu wenig. »Es gibt keine Zeugen, dass er tatsächlich hinter ihr hergerannt ist. Und selbst wenn. Wer will ihm dabei eine mörderische Absicht nachweisen? Zwischen Altenkämper und dem Unfallverursacher besteht auch kein Zusammenhang. Das haben Sie doch nachgeprüft, oder?«
Barnowski nickte. »Trotzdem, so ein Hilferuf kommt ja nicht von ungefähr. Wir müssen einfach weiter ermitteln. Den Fall Erwin Lützow dagegen würde ich lieber heute als morgen abschließen.«
»Dann gewichten Sie Lützows ersten Schrei auf dem Hochofen aber weniger als den schriftlichen von Christiane Altenkämper«, wandte Pielkötter ein. Unwillkürlich legte er seine Stirn in Falten. »Ich schlage vor, wir setzen uns noch eine Frist, bevor wir einen der Fälle oder sogar beide zu den Akten legen. Im Moment liegt sowieso nichts anderes an.«
28. Kapitel
Das neue Einkaufszentrum am Limbecker Platz in der Essener Innenstadt war um diese Zeit gut besucht. Während der Mann auf die Auslagen des Modegeschäfts starrte, wurde es plötzlich eine Spur heller. Offensichtlich hatten sich die Wolken verzogen und der positive Wetterbericht hatte nicht zu viel versprochen. Jedenfalls fielen Sonnenstrahlen durch die Oberlichter herein. Er war gerne hier in diesem Einkaufsparadies mit etlichen Luxusgütern. Er liebte das Wechselspiel des Tageslichts in den Ladenstraßen, in den meisten anderen Einkaufszentren gab es nur künstliche Beleuchtung.
Einen kurzen Moment überlegte er, ob er einen Espresso im Café Luxem trinken und die vorbeieilenden Menschen beobachten sollte. Aber dann entschied er sich, doch besser möglichst schnell in seine Eigentumswohnung zurückzukehren. Sicher gab es noch das ein oder andere fortzuräumen, bevor Gina ihn abends besuchen würde. Als er an seine Geliebte dachte, lächelte er. Womit hatte er dieses Geschenk des Himmels nur verdient? Seine Hand fuhr durch sein immer noch recht volles Haar und streifte anschließend den Dreitagebart. Das Lächeln auf seinem Gesicht verstärkte sich.
Gut gelaunt lief er den Gang entlang bis zur nächsten Rotunde. »Bonjour Paris« las er. Den Treppenaufgang mit dem aufgemalten Eiffelturm mochte er besonders. Während er die Rolltreppe ins Erdgeschoss hinunterfuhr, dachte er über die jüngsten Veränderungen in seinem Leben nach. Damit konnte er äußerst zufrieden sein. Wenn das Glück einem einmal hold war, dann von allen Seiten. Das Rundum-Glücks-Paket sozusagen. Unwillkürlich umspielte ein Lächeln seinen Mund.
Inzwischen hatte er einen der Ausgänge erreicht und schaute kurz zum Himmel hinauf. Die dunklen Wolken hatten sich tatsächlich verzogen. Wie in meinem
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