Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)
scheiterte an Felix.
Und so hatte ich noch Plan E. Plan E schlummerte schon seit vielen vielen Jahren in mir. Plan E hieß: Finito . Zurück in Omas Schoß ...
Anfang Januar erschien die Pferdezeitschrift. Als ich Capriola auf der Titelseite sah, weinte ich. Ich war erschrocken über die Grausamkeit in mir. Meine Illoyalität dem Tier gegenüber widerte mich an. Capriola, der mir sein ganzes Vertrauen geschenkt hatte und seit fünf Jahren mein täglicher und treuer Begleiter war, wäre der Preis eines Neustarts gewesen. Oder das Resultat einer gescheiterten Beziehung. Oder die Demonstration der totalen Kapitulation, der völligen Kraft- und Hoffnungslosigkeit.
Meine Schwiegereltern sahen das Bild. Mein Mann sah das Bild. Der einzige Kommentar, den ich erhielt, kam von meinem Schwiegervater. Ob ich allen Ernstes glaubte, DIESEN Preis für DAS Pferd zu bekommen, fragte er mich ungläubig und schüttelte den Kopf. Das war alles. Schaue ich zurück auf diese Zeit, dann hätte ich genau zu diesem Zeitpunkt eine Mutter gebraucht. Ich meine, eine »richtige Mama«. Würde meine Tochter eines Tages in ihrem Leben vor solch einer »Verzweiflungstat« stehen, dann würde ich sie mir unter den Arm klemmen, ein Restaurant aufsuchen und ihr gehörig ins Gewissen reden. Ich würde ihr schonungslos vor Augen führen, dass sie kurz davorsteht, einen großen Fehler zu begehen, und sie zurückholen in die Wirklichkeit.
Ich hatte keine Mama. Ich hatte mein chaotisches Leben und das Grab meiner Großmutter. Meine Oma hätte mir einen Vogel gezeigt, wenn sie noch gekonnt hätte.
Am Abend des achtzehnten Januars stritten wir wieder heftigst. Tränen flossen auf beiden Seiten. Kurz vor Mitternacht quälte sich Felix die alles entscheidenden Worte ab: »Dann müssen wir eben heiraten!«
Um acht Uhr am nächsten Morgen rief ich den Standesbeamten an. Ich erklärte ihm, dass er sozusagen Amtshilfe leisten müsse und ohne vorangegangenes Aufgebot noch heute unsere Trauung vollziehen sollte. Der Standesbeamte war hörbar amüsiert, lachte schallend und sagte: »Dann kommen Sie mal um zehn Uhr vorbei, und bringen Sie bitte die Familienstammbücher und Geld mit. Vielleicht treiben Sie ja noch irgendwo zwei Trauzeugen auf. Bis später.« Selbst als er auflegte, lachte er noch.
Felix starrte mich völlig erschöpft und fassungslos an. »Jetzt steh hier nicht so dämlich rum«, motzte ich ihn an. »Los! Mach voran! Sag deinen Eltern Bescheid. Ich rufe Britta und Karin an!«
»Ich muss doch ins Büro«, murmelte Felix.
Er war gänzlich überfordert und wusste nicht, wie ihm geschah. Ich drückte ihm den Hörer in die Hand.
»Du rufst da jetzt an und nimmst dir einen Tag Urlaub. Und wehe, du machst jetzt noch einen Rückzieher. Ich warne dich.« Böse funkelte ich ihn an.
Felix erledigte den Anruf und machte sich auf den Weg zu seinen Eltern.
Ich rief Britta auf dem Handy an. »Kannst du dich mit Karin auf den Weg machen und nach Ruhrstadt kommen? Ihr müsst um zehn Uhr mit zum Standesamt. Jaja ... Wir haben sonst keine Trauzeugen. Ja gut ... Macht das ... Meldet euch krank ... Ist ein Notfall.«
Auf Britta und Karin war Verlass. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich nur mit Britta und Karin vor dem Standesbeamten stehen würde, war so lange groß, bis Felix sein verdammtes »Ja« ausgesprochen hatte. Ich war aufgeregt. Nicht dazu in der Lage, mich zu freuen, sondern angespannt und voller Sorge, dass Felix noch kurz vor Toresschluss einen Rückzieher machen könnte.
Es war halb neun. Ich musste noch duschen und irgendein Röckchen anziehen. Draußen war es kalt. Ich hatte meine Tage, Pickel im Gesicht, Ränder unter den Augen und sah so gar nicht aus wie eine glückliche Braut. Egal. Ich duschte und klatschte mir fünf Pfund Make-up ins Gesicht. Es war viel zu viel und wirkte wie Spachtelmasse. Wurscht. Ein Rock und ein passender Blazer würden genügen. Die Plastikfolie von der dicken Binde knisterte beim Laufen. Wenn man eine Hose anhatte, war das nicht so, stellte ich nebenbei fest. Ich zog die Nur-Die-Seidenstrumpfhose höher. Es war ein Wunder, dass ich diese Strumpfhose in der Schublade gefunden hatte. Seidenstrumpfhosen gehören nicht unbedingt zu meinem Standardrepertoire. Als ich endlich auch das Familienstammbuch aus einem alten Karton gekramt hatte, klingelte es an der Tür. Es war Felix. Es war tatsächlich Felix.
»Bist du fertig?«, fragte er.
Ich versuchte, sein Gesicht zu studieren, und fragte zurück: »Und du? Freust
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