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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
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du dich denn so gar nicht?«
    »Und wie«, konterte er zynisch. »Meine Eltern kommen übrigens mit ihrem eigenen Auto. Sie bringen noch Tante Helma mit. Hast du Britta und Karin erreicht?«
    Ich nickte. Felix dachte zumindest mit, und ich wertete das als gutes Zeichen.
    Auf der Fahrt zum Standesamt stritten wir uns dann noch kurz über die Namensgebung. Felix weigerte sich, den Namen Al-Farziz anzunehmen. Eher würde er umkehren, polterte er los. Ich würde Birkhoff heißen, oder er würde nicht heiraten! Basta! Wenigstens in dieser Beziehung war Felix resolut. Felix Al-Farziz hätte sich blöd angehört. Christine Birkhoff war da wesentlich gefälliger. Vermutlich würde ich nun nicht mehr ständig meinen Namen buchstabieren müssen. Ich hörte mich als Christine Birkhoff so richtig deutsch an. Ich fandʼs okay und willigte ein.
    Als wir auf dem Standesamt waren, empfingen uns Felixʼ Eltern und Tante Helma. Die Stimmung war angespannt, und jeder hoffte darauf, dass mit dieser Entscheidung endlich Ruhe einkehren würde. Felix war nervös und ging den Flur auf und ab. Britta und Karin kamen gehetzt und fröhlich lachend aus dem Fahrstuhl gerannt. Mit ihrer Jugendlichkeit und ihrer frischen Art entkrampften sie die Situation merklich.
    Die Trauung selbst verlief unspektakulär und wenig emotional. Ich hatte Mühe, mit meinem neuen Namen zu unterschreiben. Bis heute habe ich kein Foto von diesem Tag gesehen, bin mir aber sicher, dass irgendjemand Fotos gemacht hat. Als wir nach zehn Minuten wieder auf dem Flur standen, war alles vorbei. Felix sagte: »Tjaaaa ... Das hätten wir wohl.«
    Auf der Fahrt nach Hause heulte ich schon wieder. Ein Gefühl der Identitätslosigkeit überkam mich urplötzlich. Ich hatte den Namen meines mir so sehr verhassten Vaters abgelegt, und jetzt fehlte mir dieser Name auf einmal. Ich war immer »die Al-Farziz« gewesen. Der Name war besonders. Fremdländisch. Orientalisch. Mit diesem Namen hatte ich meinen Lebensweg beschritten, hatte ich meine Berufsausbildungen absolviert, mir bei der Lufthansa einen großen Teil der Welt angesehen, und dieser Name gehörte immerhin zweiunddreißig Jahre lang zu mir. Der Name war ICH. ICH war der Name. Ich trauerte ihm noch eine Zeit lang nach.
    Nach dem Standesamt frühstückten wir gemeinsam bei uns zu Hause, und langsam lockerte die Stimmung auf. Als alle gegangen waren, schauten Felix und ich uns an. Wir landeten im Bett, und ich für meinen Teil hätte mir diesen Akt gern erspart. Weder war mir danach zumute, noch war es schön. Ich war so leer, so ausgepumpt und spürte, wie mir eine tiefe Traurigkeit den Rücken hinaufkroch. Felix verabschiedete sich mit zärtlichen Küssen und fuhr ins Büro. Er hatte nur einen halben Tag Urlaub genommen, wie ich erst jetzt erfuhr.
    Ich saß an dem Küchentisch, der darauf wartete, abgeräumt zu werden. Ich stürzte in ein tiefes emotionales Loch. Ich konnte mich nicht freuen. Und die Tatsache, dass ich mich nicht freuen konnte, machte mir Angst. Und es machte mich traurig. Ich fühlte mich einsam. Ich war knapp zwei Stunden verheiratet und fühlte mich schrecklich einsam.
    Am Nachmittag rief Felix an. Er war supergut gelaunt, und seine Stimme verkündete Lebensfreude.
    »Ich habe fast alle Freunde von mir erreicht. Wir treffen uns heute Abend beim Italiener. Bei da Carlo hatten sie noch einen großen Tisch frei. Ich hole dich dann ab, ja? Bis später!«
    Ich starrte den Hörer an. Und was war mit MEINEN Freunden? Silke musste zum Nachtdienst, Jule und Gerd hockten weit weg in Hannover, Dana war in Aachen, Gitta in Viersen, Carla in München. Super!
    Ich rief Britta an.
    »Ja und?«, gab sie mir zur Antwort, »dann fahren wir eben noch mal nach Ruhrstadt. Uns macht das nichts aus. Wir kommen auf jeden Fall.«
    Am Abend saßen Felix und ich mit über zwanzig Leuten am Tisch. Zwei davon waren meine Freundinnen Britta und Karin. Der Rest waren die Freunde und Bekannten aus Felixʼ Umfeld. Felix, der mit seiner Heimat fest verwurzelt ist, der dreißig Jahre hier aufgewachsen war, hatte seinen Freundeskreis verständlicherweise hier in Ruhrstadt. Unsere Ad-hoc-Heirat ließ mir keine Chance, meinen weit verstreuten Freundeskreis an diesem Abend einzuladen. Da hätte ich eine Cessna chartern müssen, um meine Leute bundesweit einsammeln zu lassen. Ich war an diesem Abend mit meinen Gedanken weit weg und beobachtete die Szenerie wie durch einen Vorhang. Felix lachte viel und amüsierte sich prächtig. Ich gönnte es ihm

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