Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)
Beziehung in die Brüche gehen könnte, und die Angst, schon wieder in meinem Leben alle Zelte und Kontakte abbrechen zu müssen. Ohne Heirat standen für mich als Single Städte wie Köln oder Düsseldorf ganz oben auf der Skala der Wahrscheinlichkeit. Ich sehnte mich danach, dass Felix Farbe bekannte und mich in dieser Krise nicht allein ließ. Es war nicht nur mein Problem. Es war schließlich unser Problem, denn es ging um unsere Zukunft. Hätte ich Felix nicht gekannt, wäre mir die Versetzung herzlich egal gewesen. Eine Wohnung für mich und eine Box für Capriola ließen sich überall finden.
Felix schwieg und hörte zu. Immer wieder drängte ich ihn, seine Meinung preiszugeben und mir endlich zu sagen, was er dachte. Streit lag wieder in der Luft.
Dann eröffnete mir Felix: »Wenn du tatsächlich nach Düsseldorf oder Köln versetzt wirst, warum nimmst du dir dann nicht ein kleines Appartement und kommst an deinen freien Tagen nach Ruhrstadt? Ich bleibe dann hier in der Wohnung und übernehme die Miete.« Das warʼs. Das war sein Statement.
Ich war sprachlos. Felix hatte es geschafft, MICH sprachlos zu machen.
»Du tickst doch wirklich nicht ganz sauber!«, herrschte ich Felix an. »Wie stellst du dir das eigentlich vor? DU wohnst in MEINER Wohnung, die ICH von MEINEM Geld eingerichtet habe, und ICH ziehe in ein Miniappartement und verbringe meine wenigen freien Tage dann mit Wäschewaschen und Putzen? Gehtʼs dir noch gut?«
»Hey! Jetzt reg dich nicht gleich wieder auf! Es ist doch nur ein Vorschlag! Und natürlich würde ich dann die Miete für diese Wohnung übernehmen!«
Mir platzte der Kragen. »Oooohhh! Wie generöööööös von dir«, schimpfte ich los. »Da muss ich wohl noch dankbar sein, wie? Und was ist mit Capriola? Was ist mit meinem Pferd? Soll ich vielleicht noch ein neues Auto kaufen mit Anhängerkupplung und einen Pferdeanhänger, damit ich Capriola dann immer von Köln nach Ruhrstadt und wieder von Ruhrstadt nach Köln fahre? Wo soll ich hin mit dem Pferd? Stelle ich ihn nach Köln, dann kann ich ausgerechnet an meinen FREIEN Tagen NICHT reiten! Soll ich HIER nicht reiten?«
Ich war völlig aufgelöst. Felix hatte mir gerade den Boden unter den Füßen weggerissen. Er hatte mich verraten, im Stich gelassen und mich den Löwen zum Fraß vorgeworfen. Er war wie die anderen, die meine Seele mit Füßen getreten hatten. Er saugte mich aus, nutzte alles das, was ich mir mühsam aufgebaut hatte, und trudelte völlig entspannt mit seiner Mama durch den Alltag. Und irgendwann würde er eine neue Frau finden und mich abschießen. Wegwerfen. Dann, wenn ich überflüssig geworden war. Ich brach in Tränen aus. Heulte und heulte und heulte. Hasste diesen Mann. Liebte diesen Mann. Schoss ihn ab. Warf mich vor ihn. Starb und kämpfte. Hoffte und resignierte. Ein Orkan tobte in mir.
Felix realisierte, dass sein Vorschlag daneben war. Aber nicht, weil er begriffen hatte, dass sein Vorschlag eine Zumutung für mich war, sondern weil er meine Reaktion volle Wucht abbekam. Wir stritten wie die Kesselflicker. Umsonst. Wir kamen auf keinen gemeinsamen Nenner. Ich würde mich trennen müssen. Ich kam mit solchen Zwitterlösungen nicht zurecht. Eher schlug ich alles kurz und klein, als dass ich mich mit einem solch faulen Kompromiss zufriedengegeben hätte. Sekt oder Selters. Letzteres kannte ich bereits zur Genüge. Dann müsste ich eben wieder von vorn anfangen. Würde mir eine richtig schöne Wohnung suchen, für Capriola ein neues Zuhause finden, würde mich niederlassen in einer fremden Stadt, Kontakte knüpfen und eines Tages vor einem Mann stehen, der mich besser behandelte, als Felix es tat. Ich wollte ein Zuhause. Ich wollte Wurzeln. Ich wollte Heimat. Ich wollte Sicherheit.
In letzter Verzweiflung schmiss ich Felix, der ohnehin nur halbherzig bei mir wohnte, kurzerhand raus. »Geh zu deiner Mama!«, schrie ich ihn an. Als er tatsächlich ging, brach ich zusammen. Dieser elendige Schmerz breitete sich wieder in meinem Körper aus. Es zerriss mir das Herz. Ich zitterte am ganzen Körper, zäher Speichel floss aus meinem Mund, ich würgte, ich spuckte, ich krampfte und schrie. Ich wollte sterben. Ich wollte bei Oma sein. Ich wollte nicht mehr verlassen werden. Ich wollte nicht mehr kämpfen. Ich wollte endlich meinen Frieden.
Meine Automatismen, mein Zwangskorsett der eisernen Disziplin, mein Putzfimmel, meine Nikotinsucht und meine Sucht nach Leistung trugen mich weiter durch den Alltag. Ich
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