Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
Vom Netzwerk:
Hause. Ich fand alles schmutzig und unordentlich, aber auch das war mir egal. Ich würde krank werden, dachte ich noch. Kein Wunder! Ich wog nur noch sechsundvierzig Kilo, und diese immer wiederkehrenden Schmerzen in der Nacht waren sicher nicht normal. Vielleicht hatte ich ja Krebs. Irgendein krankhaftes Gewächs im Körper. Ich fühlte mich so. Im Dienst war ich vergesslich geworden. Kaum hatte ich über Funk den Einsatzort, Einsatzgrund und Anrufernamen gehört, dann warʼs auch schon wieder weg. Die Kollegen hatten auch schon gefragt, was mit mir los sei. Manchmal bretterte ich mit dem Streifenwagen los, um an der nächsten Kreuzung fragen zu müssen, wo die Reise überhaupt hinging. Und wenn wir dann angekommen waren, dann wusste ich nicht mehr, wozu wir überhaupt ausgerückt waren. Das war das Fluoxethin. Mein Polizeiarzt wäre in Ohnmacht gefallen, wenn er das gewusst hätte. Es war wichtig, dass man bei der Polizei davon nichts mitbekam. Ich hatte Angst vor einer Kündigung. Ich saß am Küchentisch, schaute auf die Uhr und stellte fest, dass ich mich schnellstens duschen müsste, wollte ich nicht zu spät zum Dienst kommen. Das tat ich ungern. Ich wollte immer sehr korrekt sein und las deshalb meine geschriebenen Anzeigen genauestens Korrektur.
    Ich starrte auf die Packung. Mit dem Zeug ging es mir schlecht. Ohne das Zeug ging es mir auch schlecht. Aber die Kollegen würden stutzig werden. Es war auffällig geworden. Besser weg mit dem Zeug. Ich stand auf und schmiss die ganze Packung weg. Und wieder schaute ich auf die Uhr. Das Wichtigste hatte ich geschafft. Das Fluoxethin lag im Abfalleimer, und da konnte es gern bleiben. Ich rief auf der Wache an. Murmelte was von Migräne. Dann legte ich mich ins Bett. Ich wollte nur noch schlafen. Am liebsten immer. Und ewig. Sterben. Das wäre das Beste. Sterben. Gar nicht mehr aufwachen. Vielleicht hatte ich ja Glück und würde nicht mehr aufwachen.

 
     
    _______________KAPITEL 13_______________
 
    Helfen statt hilflos
     

    B
ei uns zu Hause, hinter geschlossenen Türen, spielten sich Dinge ab, von denen niemand aus unserem Umfeld etwas ahnte oder wusste. Selbst engste Freunde nicht. Ich schaffte es nicht mehr, aufzustehen. Aufzustehen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Felix, niemals in seinem Leben mit solch einer Situation konfrontiert, ahnungslos, naiv, unerfahren, zog mich morgens verzweifelt aus dem Bett. »Christine. Bitte. Ich flehe dich an. So steh doch auf.« Felix zog mich aus dem Bett, stellte mich hin, schaute mich an, nahm mich in den Arm. Er hielt ein schlaffes Schlenkerpüppchen in seinen großen starken Armen.
    Ich lag mit meinem Kopf auf Omas Schoß. Sie kraulte mich. Gern und viel. Unermüdlich. Unter der Decke war es herrlich warm. Und so gemütlich. Ich schlief ein. Spürte, dass mich Hände ins Bett trugen. Sichere Hände. Sicheres Bett. Ein riesiges Oberbett aus Federn. Oma schüttelte es groß. Darunter war es kalt. Aber dann ... diese herrliche Wärme. Schlafen. Nur noch schlafen.
    Felix wusste nicht mehr weiter. Setzte mich an den Küchentisch. Machte Mia fertig. Beruhigte das Kind. Nahm sie mit. Übernahm ihr Leben. »Ich rufe dich gleich an. Hörst du, Christine.« Fester Griff an beiden Schultern. »Ich rufe dich gleich an.« Diese Güte in seinen Augen. Diese nicht enden wollende, unendliche Güte. Messer in der Hand. Ein Brotmesser. Güte. Unendliche Güte. Messer wieder weg. Schuld. Große Schuld. Die Tür schlug zu. Frieden. Ich ging wieder ins Bett. Schlief. Weinte. Schlief. Träumte schlecht. Schwitzte. Beißender Geruch von Schweiß. Ich wachte auf. Ging zur Toilette, wechselte das T-Shirt und weinte. Diese Träume. Diese schrecklichen Träume. Ich war so schlecht. Ich war unglaublich schlecht. Ich war das Schlechteste auf dieser weiten Welt.
    Den Satz »Ich liebe dich« hatte ich Oma nie gesagt. Ich hatte ihr nie gesagt, wie sehr ich sie liebte. Oma. Wusste sie, wie sehr ich sie liebte? Panik überfiel mich. Ich hatte es versäumt, ihr zu sagen, wie sehr, wie aufrichtig, wie tief ich sie liebte. Oma. Ich wollte zu Oma. Jetzt war es zu spät. Ihr Sarg. Schön war er. Oma hatte einen guten Geschmack. Schöne Blumen auf dem Sarg. Oma hatte sie sich selbst ausgesucht. »Asche zu Asche. Staub zu Staub.« Da stand ich nun. Vor mir der Abgrund.
    »Christine. Wach auf. Ich habe uns Pommes geholt. Lass uns essen. Gemeinsam essen. Mia wartet auf dich. Mia wartet auf ihre Mama. Steh auf!« Starke Hände zogen mich aus dem Bett. Wir

Weitere Kostenlose Bücher