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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Birkhoff
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Keiner meiner Briefe blieb jemals unbeantwortet, und wenn ich »jemals« sage, dann meine ich das tatsächlich so.
    Greg wurde fünfzehn, und ich war gerade dreizehn geworden, als unsere Brieffreundschaft begann. Tempotaschentücher, vollgesprüht mit My Melody, gingen auf die Reise in die Staaten und wurden mit Tempotaschentüchern, vollgesprüht mit Old Spice, beantwortet. Als ich damals in der Parfümerie unserer Stadt nach dem Herrenduft fragte, belächelten mich die eleganten Grazien nur müde und schickten mich mit einem mitleidigen Lächeln in die Drogerieabteilung von Karstadt. Dort wurde ich wenigstens fündig und schnüffelte begeistert an der Probeflasche.
    Mein Tagebuch war gefüllt mit Träumen von Greg. Ich schwärmte davon, eines Tages nach Amerika zu fliegen, Greg kennen zu lernen und (natürlich) eine wundervolle Liebe zu entdecken, eine Familie mit ihm zu gründen und bis ans Ende meiner Tage glücklich als Mrs Greg Fremin verheiratet zu sein. Greg hatte mich auf den Fotos, die ich ihm im Laufe unserer Brieffreundschaft pfundweise zugeschickt hatte, als » wonderful ... most beautiful girl ... my dearest Christine « angehimmelt und beantwortete meine Luftschlösser mit ebensolchen großen. Gleichzeitig war Greg ein wundervoller Zuhörer, und in meinen Briefen schüttete ich ihm mein Herz aus, wie unerträglich mein Leben mit meiner Mutter und ihrem Freund sei. In seinen Antwortzeilen fand ich Trost und Zuspruch, aber auch Worte, die mir Mut machten und mich durchhalten ließen.
    Greg ist heute verheiratet, hat zwei superniedliche Söhne und verdient seine Brötchen als Polizist auf der anderen Seite der Erdkugel. Er versieht seinen Dienst in Houston/Texas, und aus der einstigen Jugendliebe ist eine Freundschaft geworden, die nun seit siebenundzwanzig Jahren besteht und von beiden Seiten gehegt und gepflegt wird. Dank E-Mail und Internet brauchen wir nun nicht mehr lange auf Post zu warten, aber ein Treffen haben wir bis zum heutigen Tag nicht zustande gebracht. Ein jeder ist so verflochten in seiner Bewältigung des Alltags, und niemand weiß, wann wir einmal voreinander stehen und endlich auch miteinander REDEN können.
    Die Brieffreundschaft wurde jedoch nicht lange geduldet. Jürgen und meine Mutter hatten sich eines Abends offensichtlich gegen mich verschworen und rückten aus heiterem Himmel mit einer »Offenbarung« heraus. Dieser Briefkontakt sei schädlich für mich, so begann Jürgen mit seiner typischen »Ich-mach-mir-ja-solche-Sorgen-um-dich«-Stimme. Natürlich hatte er auch flugs eine Begründung parat.
    »Du hast dich sehr zum Nachteil verändert, Christine«, meinte er. »Du läufst herum wie eine aufgeblasene Gans. Dieser Greg ist doch nur ein Schmalzbubi. Schau ihn dir doch mal an. Der ›knackt‹ doch eine nach der anderen, und du fällst auf sein Gesülze herein. Ich hatte dich wirklich für schlauer gehalten und bin ein wenig enttäuscht von dir!«
    Ich war mal wieder in einer ausweglosen Situation: Jürgens Gerede ging mir furchtbar auf die Nerven, und noch bevor er seine Moralpredigt beendet hatte, wusste ich bereits, dass es für die Zukunft ratsamer war, Greg die Adresse von Dana zu geben und ihn zu bitten, seine Briefe zu ihr zu schicken. Egal, was Jürgen und meine Mutter auch erzählten, ich würde diesen Kontakt mit Sicherheit nicht abbrechen.
    Ich schwieg, während die Worte an mir vorbeiflogen. Ich dachte nach. Wenn die beiden schon derartig hysterisch auf eine Brieffreundschaft reagierten, was erst würden sie sagen, wenn sie mit einem viel präsenteren »Problem« konfrontiert würden? Einem Jungen, der nicht in Amerika wohnte und dem ich nicht nur Briefe schreiben wollte?
    Zeitgleich mit dem ersten Brief von Greg hatte ich einen Jungen aus der Nachbarschaft entdeckt, der wahnsinnig schüchtern war und sich bislang nur traute, mich winkend zu grüßen, wenn er mit seiner blauen Kreidler-Flory an mir vorbeifuhr. Ich wusste von einer Freundin, dass er Peter hieß, fünfzehn Jahre alt war und jetzt nach den Sommerferien eine Lehre beginnen sollte. Peter war blond wie Greg und hatte ebenfalls ein ganz liebes Gesicht. Ich wollte mich unbedingt mit ihm treffen und ihn kennenlernen und fühlte mich geschmeichelt, wie er mir auf eine nette und zurückhaltende Art zeigte, dass er mich interessant fand.
    »Christine! Wiederhol gefälligst, was ich dir gerade gesagt habe!«, schrie meine Mutter mich an und riss mich aus meinen Gedanken.
    »Ja klar«, murmelte ich und hatte

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