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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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geh da mal vorbei«, beschloss er. »Wenn ich ihn nicht finde, ruf ich die Polizei.«
    »Nein, Stanley«, widersprach Mom. »Der Mann ist gefährlich. Er hat vielleicht ein Gewehr.«
    »Der hat bestimmt kein Gewehr«, sagte Rosy. »Aber ’n Messer oder ’ne Rasierklinge hat er immer dabei, und die benutzt er auch, da könn’ Sie drauf wetten.«
    »Geh lieber gleich zur Polizei«, bat Mom.
    »Bin bald wieder da«, sagte Daddy. Er verschwand im Schlafzimmer, zog sich ein sauberes Hemd an, nahm seinen Hut und ging hinaus.
    »Glaubt ihr, er geht zur Polizei?«, fragte ich.
    »Das hoffe ich jedenfalls«, antwortete Mom.
     
    Daddy blieb eine ganze Weile fort. Langsam fragten wir uns, wo er steckte. Mom und Callie erledigten Hausarbeiten, und ich sammelte mit dem spitzen Stock Müll vom Parkplatz auf. Als ich fertig war, las ich die letzte der Sherlock-Holmes-Geschichten in dem Buch, das Buster mir geliehen hatte, aber ich konnte mich einfach nicht darauf konzentrieren.
    Wir waren, gelinde gesagt, aufgeregt, als Daddy endlich zur Tür hereinkam und den Hut absetzte.
    »Warst du bei der Polizei?«, fragte Callie ihn.
    »Ja, war ich«, sagte Daddy. »Ich hab ihnen den Kerl so geschildert, wie ihr ihn beschrieben habt. Aber vorher hab ich noch bei seiner Hütte vorbeigeschaut ... wo du auch gewohnt hast, Rosy. Keine Spur von ihm. Genauso wenig wie von der Hütte.«
    »Wie mein’ Sie das, Mister Stanley?«
    »Sie war komplett abgebrannt.«
    »Damit hat er mir immer gedroht, alles abzufackeln, und mich gleich mit«, sagte Rosy Mae. »Was bin ich froh, dass ich nich drin gesessen hab!«
    »Die Polizei sucht jetzt nach ihm. Sie haben gesagt, sie halten uns auf dem Laufenden.«
    »Ich will, dass wir von jetzt an die Türen abschließen«, sagte Mom. »Langsam hab ich Angst um die ganze Familie.«
    »Keine schlechte Idee«, sagte Daddy, »aber ich bezweifle, dass er sich hierherwagt.«
    »Dem Mann trau ich alles zu«, sagte Rosy Mae. »Der is zu allem imstande. Erst recht, wenn er sich einen hinter die Binde kippt.«
    Vermutlich hätte ich zu diesem Zeitpunkt erwähnen sollen, dass ich Bubba Joe gesehen hatte, und ich weiß nicht genau, warum ich es nicht getan habe. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es nicht so wichtig wäre. Jetzt gerade stand er nicht vorm Haus, und Mutter und Callie waren schon aufgeregt genug. Und wenn ich es Daddy erzählt hätte, dann wäre er vielleicht losgelaufen, um ihn zu suchen, und hätte ihm womöglich etwas angetan, was er hinterher bereut hätte. Oder, auch wenn es schwer vorstellbar schien, Bubba Joe hätte womöglich Daddy etwas angetan.
    Ich versank im Chaos meiner Gefühle.
    Am Ende behielt ich es für mich.
    Jedenfalls gegenüber meiner Familie.
     
    Es war ein unruhiger Tag. Ich merkte, dass ich ständig nachschaute, ob Bubba Joe nicht vielleicht den Zaun erklomm oder das verriegelte Tor aufbrach, durch das die Autos normalerweise hereinfuhren.
    Als Buster am Abend kam, ging ich zu ihm hinaus.
    »Du siehst ein bisschen verspult aus, Junge.«
    »Bin ich auch.« Ich erzählte ihm, warum.
    »Dieser Nigger ist total verrückt, Stanley. Verprügelt Frauen und so was alles. Ich hab ihn nie gemocht und will nix mit ihm zu schaffen haben. Aber er wird wohl kaum hierher ins Weißenviertel kommen. Er hat Angst vor Weißen. Nicht vor einem Einzelnen, aber vor Weißen im Allgemeinen. Ich kenn ein paar Farbige, die glauben, dass ein Schnupfen, den man sich von einem Weißen holt, doppelt so schlimm ist wie der von einem Farbigen.«
    »Einer wie Bubba Joe macht sich bestimmt keine Sorgen um einen Schnupfen.«
    »Da kannst du allerdings recht haben.«
    »Ich glaube, ich hab ihn vor ein paar Tagen gesehen. Draußen vorm Autokino, und er hat herübergestarrt.«
    »Stand er hier im Hof?«
    »Nein, drüben beim Highway.«
    »Mach dir deswegen nicht in die Hosen. Ohne Einladung betritt der nicht das Grundstück von ’nem Weißen ... na ja, vielleicht doch. Man weiß nie, was ein Verrückter sich einfallen lässt.«
    Das baute mich nicht gerade auf, aber ich machte mich daran, Zeitungsartikel durchzugehen – in erster Linie deshalb, weil es Buster so viel Spaß bereitete.
    Unter den Artikeln fand ich einen, der sich mit dem Mord und dem Feuer befasste; er war einige Tage, nachdem die beiden Unglücksfälle passiert waren, erschienen und schilderte grob die bisherigen Ereignisse. Er berichtete auch von dem Jäger, der Margrets Leiche gefunden und den Mord gemeldet hatte. Es sei eine Tragödie, stand

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