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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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dort, aber man merkte dem Artikel an, dass die eigentliche Tragödie für den Verfasser darin bestand, dass die Tochter der Stilwinds gestorben und das Haus einer bedeutenden Familie abgebrannt war. In dem Artikel waren alle Auszeichnungen aufgelistet, die Jewel Ellen in der Schule erhalten hatte, und es wurde betont, wie hübsch sie gewesen sei. Margret dagegen war einfach nur ein totes Mädchen unten bei den Bahngleisen.
    Ich zeigte Buster den Zeitungsausschnitt.
    »Und, glaubst du, dass dieser Mensch, wer auch immer den Mord an Margret begangen hat, gleich danach zu den Stilwinds gerannt ist, um dort noch jemand umzubringen?«
    »Ich weiß nicht. Schon, ja.«
    »Denk mal nach. Der Kerl mag ja genügend Zeit gehabt haben, um es von den Gleisen zu den Stilwinds zu schaffen, aber dann muss er irgendwie ins Haus reinkommen, ohne erwischt zu werden, die kleine Stilwind fesseln und sie noch dazu knebeln, damit sie nicht schreit. Er hätte alle Hände voll zu tun gehabt, oder?«
    »Ja, Sir.«
    »Das alles muss er erledigen, dann das Feuer legen und aus dem Haus kommen, ohne dass ihn jemand sieht. Lass dir das mal gründlich durch den Kopf gehen.«
    Ich überlegte kurz, dann sagte ich: »Vielleicht hat er sie gefesselt und geknebelt, ist losgelaufen und hat Margret umgebracht, und dann ist er zurückgekommen und hat das Feuer gelegt.«
    »Viel zu viel Aufwand.«
    »Davon krieg ich Kopfweh«, sagte ich.
    »Wem sagst du das«, murmelte Buster. »Ich hab auch einen ganz schönen Brummschädel.«
     
    Je näher die Nacht heranrückte, desto mehr bereute ich meine Pläne mit Richard. Bei der Vorstellung, mich hinauszuschleichen, wurde mir bange. Wenn meine Eltern mich erwischten, konnte ich für den Rest des Sommers Hausarrest bekommen.
    Außerdem hatte ich Angst, weil Bubba Joe sich da draußen herumtrieb. Den ganzen Tag schon hatte mir die Furcht vor diesem Mann im Nacken gesessen, und jetzt in der Nacht draußen herumzulaufen, erschien mir völlig verrückt.
    Ich konnte versuchen, es Richard zu erklären, aber es hätte sich wie eine Ausrede angehört. Ich hatte eine Abmachung mit ihm und wollte ihn nicht enttäuschen. Oder, um bei der Wahrheit zu bleiben, ich wollte nicht als Schisser dastehen, nach seinen Bemerkungen diesbezüglich.
    Die Sonne ging unter, und mein Grauen nahm zu. Nachdem die Familie schlafen gegangen war, lag ich mit Nub im Bett, starrte an die Decke und dachte an die arme Margret, an Jewel Ellen, die durchgeknallte Frau in dem verlassenen Haus, den farbigen Jungen unter dem Haufen von Sägespänen und, natürlich, an den gemeinen alten Bubba Joe und alles andere, das mir in den letzten Wochen durch den Kopf gegangen war. Ganz zu schweigen von der Erinnerung an einen Sattelschlepper mit Vollbremsung.
    An all diese Dinge dachte ich, bis sie sich zu einem einzigen Gedankenknäuel verworren.
    Ich überlegte, ein bisschen Radio zu hören, entschied mich aber dagegen. So lag ich einfach nur da, die Hände auf dem Bauch gefaltet, und wartete. Doch offensichtlich war das zu viel für mich. Vor Anspannung brach mir der Schweiß aus. Ich beschloss aufzustehen.
    Ich hatte meinen Schlafanzug angezogen, aber als ich überzeugt war, dass im ganzen Haus Stille herrschte, zog ich eine Bluejeans, Turnschuhe und ein altes blaues Hemd an. Ich besaß einen kleinen mechanischen Wecker, und den nahm ich mit zum Fenster und ließ das Mondlicht auf das Ziffernblatt fallen.
    Elf Uhr fünfzehn.
    Ich zog einen Stuhl ans Fenster, sodass ich im Sitzen durch den Spalt zwischen Rahmen und Ventilator gucken konnte, und hielt nach Richard Ausschau. Den Wecker stellte ich neben mich auf den Fußboden, und ungefähr alle dreißig Sekunden sah ich nach der Uhrzeit.
    Um elf Uhr fünfundvierzig tauchte Richard auf. Ich konnte sehen, wie er in den Hof fuhr und abstieg, um auf mich zu warten.
    Ich nahm mein Taschenmesser von der Kommode und steckte es ein. Den Wecker stellte ich auf den Nachttisch. Nub stand neben mir, bereit für jedes Abenteuer.
    »Bleib, Nub. Bleib hier.«
    Nub schaute mich an, als hätte ich ihn beleidigt.
    »Diesmal nicht, Nub. Bleib.«
    Vorsichtig öffnete ich die Tür und warf einen Blick zurück zu Nub, der sich hinlegte und mich so traurig anschaute, wie nur Hunde es vermögen. Ich schloss die Tür, ging zur Treppe und schlich hinunter.
    Als ich in die Küche kam, stand Callie im Schlafanzug vorm Kühlschrank und goss Milch in ein Glas. Das Licht aus der offenen Kühlschranktür rahmte sie ein und fiel auf die

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