Ein Feuer Auf Der Tiefe
zurück. Pilger nahm schon seine Schilde wieder auf und wandte sich um, ihm nach. Johanna Olsndot blieb eine Sekunde lang stehen, traurig und klein und allein, den Blick hoffnungslos auf das Feuer und den Rauch auf der Burgseite geheftet. Eins von dem Pilger fasste sie am Ärmel und zog sie vom Feuer weg.
Pham war jetzt bei dem Fahrer. Einen Moment lang starrte er schweigend hin. »… Blaustiel ist tot, Rav, du würdest nicht daran zweifeln, wenn du das sehen könntest.« Die Wedel waren abgebrannt und hatten nur Stümpfe am Stiel hinterlassen. Der Stiel selbst war geborsten.
Ravnas Stimme in seinem Ohr bebte. »Er ist da durch gefahren, obwohl er schon brannte?«
»Unmöglich. Er muss nach den ersten paar Metern tot gewesen sein. Das muss alles der Autopilot getan haben.« Pham versuchte, die qualvollen Bewegungen der Wedel zu vergessen, die er im Feuer gesehen hatte. Für einen Augenblick starrte er geistesabwesend auf das von Feuer zersplitterte Fleisch.
Der Skrod selbst strahlte Hitze aus. Pilger schnüffelte daran herum und zuckte heftig zurück, als er mit einer Nase zu nahe kam. Unvermittelt langte er mit einer stahlklauenbewehrten Pfote hin und riss hart an dem Tuch, das die Hülle bedeckte.
Johanna schrie auf und stürzte schneller als Pilger oder Pham vor. Die Gestalten unter dem Schal waren reglos, aber nicht verbrannt. Sie packte ihren Bruder bei den Schultern und zog ihn auf den Erdboden. Pham kniete sich neben ihr ihn. Atmet das Kind? Entfernt kam ihm zu Bewusstsein, dass Ravna ihm ins Ohr schrie und Pilger winzige Hundewesen von dem heißen Metall herunterholte.
Sekunden später begann der Junge zu husten. Seine Arme fuchtelten seiner Schwester entgegen. »Amdi, Amdi!« Seine Augen öffneten sich, wurden weit. »Du!« Und dann wieder: »Amdi?«
»Ich weiß nicht«, sagte der Pilger, der nahe bei den sieben – nein, acht – ölbedeckten Gestalten stand. »Es gibt ein paar Denklaute, aber zusammenhangslos.« Er schnüffelte an drei Welpen und tat etwas, das vielleicht so etwas wie eine Beatmung war.
Dann begann der kleine Junge zu weinen, ein Geräusch, das in den Geräuschen des Feuers unterging. Er kroch zu den Welpen hinüber, das Gesicht gleich neben einem von Pilger. Johanna war direkt hinter ihm, hielt ihn bei den Schultern und schaute erst auf Pilger, dann auf die reglosen Geschöpfe.
Pham kniete sich hin und blickte zurück zur Burg. Das Feuer war jetzt ein wenig niedriger. Lange Zeit starrte er den verkohlten Stumpf an, der Blaustiel gewesen war. Er fragte sich und erinnerte sich. Er fragte sich, ob all der Verdacht unbegründet gewesen war. Er fragte sich, welche Mischung von Mut und automatischer Steuerung hinter der Rettung steckte.
Er erinnerte sich an all die Monate, die er mit Blaustiel verbracht hatte, an die Zuneigung und dann den Hass… O Blaustiel mein Freund.
Die Feuer brannten langsam nieder. Pham ging am Rande der zurückweichenden Hitze auf und ab. Er fühlte, wie die Gottsplitter schließlich wieder über ihn kamen. Dieses eine Mal waren sie willkommen, der unbezähmbare Trieb und die Manie, das Ausblenden irrelevanter Gefühle. Er schaute zu Pilger und Johanna und Jefri und dem sich erholenden Welpenrudel hin. Es war alles eine bedeutungslose Ablenkung. Nein, nicht ganz bedeutungslos: Es hatte eine Wirkung gehabt, hatte den Fortschritt in der wirklich tödlich wichtigen Sache verzögert.
Er blickte nach oben. Es gab Lücken in den Rußwolken, Stellen, wo er den rötlichen Dunst hochgewirbelter Asche und vereinzelte Fleckchen von Blau sehen konnte. Die Wehrgänge der Burg schienen verlassen zu sein, und die Schlacht rings um die Mauern abgeklungen. »Was gibt’s Neues?«, sagte er ungeduldig in den Himmel hinein.
Ravna: »Ich kann immer noch nicht viel um euch herum sehen, Pham. Eine große Anzahl Klauenwesen – wahrscheinlich der Feind – zieht sich nach Norden zurück. Sieht wie ein rascher, geordneter Rückzug aus. Nichts von dem ›Kämpfen bis zuletzt‹, das wir vorher erlebt haben. Es gibt keine Brände innerhalb der Burg – und auch keine Anzeichen von zurückgebliebenen Rudeln.«
Entscheidung. Pham wandte sich wieder den anderen zu. Er gab sich Mühe, scharfe Befehle in vernünftig klingende Wünsche umzuwandeln. »Pilger! Pilger! Ich brauche Holzschnitzerins Hilfe. Wir müssen in die Burg.«
Pilger brauchte nicht eigens überzeugt zu werden, obwohl er voller Fragen war. »Du wirst über die Mauern fliegen?«, fragte er, als er auf ihn zu
Weitere Kostenlose Bücher