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Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Vergisst du, dass ich mich auf Operationen verstehe? Vergisst du, dass ich… die Holzschnitzerin bin?«
    Feilonius leckte sich die Lippen und blickte hin zu den anderen Ratgebern, dann sagte er: »Nein, Euer Majestät. Es soll sein, wir Ihr es wünscht.«
    Und Wanderer hätte am liebsten Hurra gerufen. Vielleicht hatte Holzschnitzerin doch noch das Sagen.

 
     
ZWÖLF
     
    Wanderer saß Rücken an Rücken auf den Stufen seiner Wohnung, als Holzschnitzerin ihn tags darauf besuchen kam. Sie kam allein und trug die einfachen grünen Jacken, an die er sich von seinem letzten Besuch erinnerte.
    Er verneigte sich nicht, noch ging er ihr entgegen. Sie blickte ihn einen Moment lang kühl an und setzte sich nur ein paar Ellen entfernt hin.
    »Wie geht es dem Zweibeiner?«, fragte er.
    »Ich habe den Pfeil herausgeholt und die Wunde genäht. Ich glaube, das Geschöpf wird überleben. Meine Ratgeber waren zufrieden: Es verhielt sich nicht wie ein vernünftiges Wesen. Es kämpfte sogar noch, als es festgebunden war, als hätte es keine Vorstellung von Chirurgie… Wie geht es deinem Kopf?«
    »Gut, solange ich mich nicht bewege.« Der Rest von ihm - Narb – lag hinter der Türöffnung im dunklen Innern der Hütte. »Das Trommelfell heilt gut zu, denke ich. In ein paar Tagen werde ich wohlauf sein.«
    »Gut.« Ein zerstörtes Trommelfell konnte andauernde geistige Schwierigkeiten bedeuten oder ein neues Glied notwendig machen, und dann war es schwer, für das in die Stille geschickte Solo eine Verwendung zu finden. »Ich erinnere mich an dich, Wanderer. Alle Glieder sind andere, aber du bist wirklich der Wanderer von früher. Du hattest ein paar großartige Geschichten zu erzählen. Ich hatte Freude an deinem Besuch.«
    »Und mir war es eine Freude, dem großen Holzschnitzer zu begegnen. Aus diesem Grunde bin ich zurückgekehrt.«
    Sie legte ironisch einen Kopf schief. »Dem großen Holzschnitzer von einst oder dem Wrack von jetzt?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Was ist geschehen?«
    Sie antwortete nicht sofort. Einen Moment lang saß sie da und blickte über die Stadt. Es war bewölkt diesen Nachmittag, Regen zog auf. Der Wind von See her stach ihm kühl in Lippen und Augen. Holzschnitzerin erzitterte und plusterte ihr Fell auf. Schließlich sagte sie: »Ich habe meine Seele sechshundert Jahre lang beisammengehalten – und das nach Vorderkrallen gerechnet. Ich sollte meinen, es ist offensichtlich, was aus mir geworden ist.«
    »Die Perversion hat dich nie zuvor befallen.« Für gewöhnlich war Wanderer nicht so direkt. Etwas an ihr drängte ihn zur Offenheit.
    »Ja, ein durchschnittliches Inzucht-Rudel sinkt in ein paar Jahrhunderten auf meinen Zustand herab und wird lange vorher schon ein Idiot. Meine Methoden waren viel klüger. Ich wusste, wen ich mit wem kreuzen musste, welche Welpen ich zu behalten und welche ich fortzugeben hatte. So war es immer mein eigenes Fleisch, das meine Erinnerungen bewahrte, und meine Seele blieb rein. Doch ich wusste nicht genug – oder vielleicht habe ich das Unmögliche versucht. Die Auswahl fiel immer schwerer, bis mir nichts weiter übrig blieb, als mich zwischen geistigen und körperlichen Defekten zu entscheiden.« Sie wischte den Sabber weg, und ihrer alle außer dem Blinden schauten über die Stadt hinweg. »Das sind die besten Tage des Sommers, weißt du. Das Leben ist jetzt ein grüner Wahnsinn, es versucht, das letzte bisschen Wärme aus der Jahreszeit herauszupressen.« Und das Grün schien überall zu sein, wo es nur möglich war: Federlaub die Hügelseite hinab und in der Stadt, Farne auf allen näheren Hügelflanken und Heidekraut, das sich zu den grauen Berggipfeln jenseits der Meerenge hinankämpfte. »Ich liebe diesen Ort.«
    Er hätte nie geglaubt, dass er den Holzschnitzer von Holzschnitzerheim trösten würde. »Du hast hier ein Wunder vollbracht. Ich habe davon überall auf der anderen Seite der Welt gehört… Und ich wette, dass die Hälfte aller Rudel hier in der Gegend mit dir verwandt ist.«
    »J-ja, ich hatte mehr Erfolg, als es sich der kühnste Lebemann je träumen ließe. Es hat mir nie an Geliebten gemangelt, auch wenn ich die Welpen nicht selbst gebrauchen konnte. Manchmal glaube ich, mein Nachwuchs war mein größtes Experiment. Scrupilo und Feilonius stammen größtenteils von mir ab – aber auch Flenser.«
    Huch! Das hatte Wanderer nicht gewusst.
    »In den letzten Jahrzehnten hatte ich mehr oder weniger mein Schicksal akzeptiert. Ich konnte die

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