Ein Feuer Auf Der Tiefe
Ewigkeit nicht überlisten, irgendwann bald würde ich meine Seele freigeben. Ich ließ den Rat mehr und mehr Macht übernehmen; wie könnte ich die Herrschaft beanspruchen, wenn ich nicht länger ich selbst wäre? Ich wandte mich wieder der Kunst zu – du hast diese einfarbigen Mosaiken gesehen.«
»Ja! Sie sind schön.«
»Ich werde dir gelegentlich meinen Bilderwebstuhl zeigen. Die Arbeit ist langweilig, geht aber fast von selbst. Es war ein hübsches Vorhaben für die letzten Jahre meiner Seele. Aber jetzt – du und dein Fremdes haben alles verändert. Verdammt! Wenn das doch nur vor hundert Jahren geschehen wäre. Was hätte ich daraus gemacht! Weißt du, wir haben mit deinem ›Bilderkasten‹ herumgespielt. Die Bilder sind feiner als alles auf unserer Welt. Sie ähneln ein wenig unseren Mosaiken – so, wie die Sonne einem Leuchtkäfer ähnelt. Millionen von bunten Punkten machen jedes einzelne Bild aus, die einzelnen Stücke sind so klein, dass man sie nur mit einer von Schreibers Linsen sehen kann. Ich habe jahrelang gearbeitet, um ein paar Dutzend Mosaiken zu machen. Der Bilderkasten kann Tausende und Abertausende erzeugen, so schnell, dass sie sich zu bewegen scheinen. Deine Fremden lassen mein Leben geringer erscheinen, als die ersten Lebenszeichen eines Welpen in seiner Wiege.«
Die Königin von Holzschnitzerheim weinte leise, doch ihre Stimme war zornig. »Und nun wird sich die ganze Welt verändern, aber zu spät für solch einen Trümmerhaufen wie mich!«
Fast ohne bewusste Überlegung streckte Wanderer eins seiner Glieder nach der Holzschnitzerin aus. Er ging unangemessen nahe heran: acht Ellen, fünf. Die Interferenz machte ihre Gedanken plötzlich unscharf, doch er spürte, wie sie ruhiger wurde.
Sie lachte vage. »Danke… Seltsam, dass du es nachfühlen kannst. Das größte Problem meines Lebens ist nichts für einen Pilger.«
»Es tat weh, dich so zu sehen.« Das war alles, was ihm zu sagen einfiel.
»Aber ihr Pilger verändert euch immerzu…« Sie schickte eins von sich nahe an ihn heran, sie berührten sich beinahe, und das Denken fiel noch schwerer.
Wanderer sprach langsam, er konzentrierte sich auf jedes einzelne Wort und hoffte, er würde seinen Gedanken nicht vergessen. »Aber ich bewahre doch etwas von einer Seele. Die Teile, die ein Pilger bleiben, müssen eine bestimmte Lebensauffassung haben.« Manchmal kommen große Erkenntnisse im Lärm der Schlacht oder der Intimität. So war es jetzt. »Und – ich glaube, die Welt selbst ist reif für eine Veränderung, nun, da bei uns Zweibeiner vom Himmel fallen. Welche Zeit könnte besser für die Holzschnitzerin sein, um das Alte aufzugeben?«
Sie lächelte, und die Verwirrung wurde lauter, war aber angenehm. »Ich… hatte es nicht… so gesehen. Jetzt ist die Zeit für Veränderung…«
Wanderer ging mitten in sie hinein. Die beiden Rudel standen für einen Moment da, umhalsten sich, und die Gedanken flossen zu einem süßen Chaos zusammen. Ihre letzte klare Erinnerung war, wie sie die Stufen hinauf in seine Hütte stolperten.
Spät am Nachmittag brachte Holzschnitzerin den Bilderkasten in Scrupilos Laboratorium. Als sie eintraf, waren Scrupilo und Feilonius schon da. Schreiber Yaqueramaphan war ebenfalls zugegen, stand aber weiter von den anderen entfernt, als es die Höflichkeit erfordern mochte. Sie hatte eine Diskussion unterbrochen. Vor ein paar Tagen hätte derlei Gezänk sie nur deprimiert. Nun zog sie ihr Lahmes in den Raum und betrachtete die anderen durch die Augen des Sabberers – und lächelte. Holzschnitzerin fühlte sich so gut wie seit Jahren nicht mehr. Sie hatte ihren Entschluss gefasst und danach gehandelt, und nun lagen neue Abenteuer vor ihr.
Schreibers Mienen hellten sich auf, als sie eintrat. »Habt Ihr Wanderer untersucht? Wie geht es ihm?«
»Er ist in Ordnung, einfach in Ordnung.« Huch, sie brauchte ihnen nicht zu zeigen, wie sehr in Ordnung er wirklich war. »Ich meine, er wird vollständig genesen.«
»Euer Majestät, ich bin Euch und den Ärzten sehr dankbar. Wickwracknarb ist ein gutes Rudel, und ich… ich meine, sogar ein Pilger kann die Glieder nicht alle Tage wechseln wie die Kleidung.«
Holzschnitzerin nickte beiläufig zum Zeichen ihrer Zustimmung. Sie ging in die Mitte des Raumes und legte den Bilderkasten des Fremden dort auf den Tisch. Am ehesten glich es einem großen rosa Kissen – mit Schlappohren und einer sonderbaren Tiergestalt, die auf den Deckel genäht war. Nachdem sie
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