Ein Feuer Auf Der Tiefe
nachdenklich am schwarzen Emaille seiner manikürten Krallen. Interessant. Krallen konnten etwas Bedrohliches sein, aber sie machten zum Teil auch die Person aus. Klauen waren ihre mechanische Verlängerung und konnten mehr Angst machen. Es war die Art Name, den man sich für eine Elitetruppe von Killern vorstellen konnte – aber niemals für alle Rudel. Schließlich gehörten zur Rasse der Rudel auch die Schwachen, die Armen, die Freundlichen, die Naiven… ebenso wie Personen vom Schlage Stahls und Flensers. Man konnte etwas sehr Interessantes über die Psychologie der Pfahlwesen daraus entnehmen, dass das Geschöpf Klauen als den charakteristischsten Zug der Rudel ausgewählt hatte.
Stahl lehnte sich vom Pult zurück und schaute auf die Landschaft, die rundum auf die Wände der Bibliothek gemalt war. Es war ein Blick von den Burgtürmen. Hinter der Farbe wurden die Wände von Mustern aus Glimmer und Quarz und Fasern durchzogen, die Echos erzeugten einen vagen Eindruck von dem, was man hören konnte, wenn man über den Stein und die Leere hinwegschaute. Kombinierte Tonbilder waren selten in der Burg, und dieses war besonders gut gemacht; Stahl konnte fühlen, wie er sich bei der Betrachtung entspannte. Für einen Moment ließ er sich treiben und seiner Phantasie freien Lauf.
Klauen. Es gefällt mir. Wenn das die Vorstellung des Fremden war, dann war es der richtige Name für seine Rasse. Seine armseligen Berater – und manchmal sogar das Flenser-Fragment – waren immer noch von dem Schiff von den Sternen eingeschüchtert. Zweifellos enthielt dieses Schiff Macht, die alles in der Welt überstieg. Doch nach der ersten Panik hatte Stahl begriffen, dass die Fremden nicht übernatürlich begabt waren. Sie waren einfach über den gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft seiner Welt hinaus fortgeschritten, in einem Sinne, von dem Holzschnitzerin so viel redete. Gewiss war die fremde Zivilisation im Augenblick eine tödliche Unbekannte. Sie mochte wirklich imstande sein, diese Welt zu Asche zu verbrennen. Doch je mehr Stahl sah, umso deutlicher erkannte er die immanente Minderwertigkeit der Fremden: Was für eine bizarre Missbildung waren sie doch, eine Rasse von intelligenten Solos. Jedes von ihnen musste von Null auf aufgezogen werden, wie ein ganz neugeborenes Rudel. Erinnerungen konnten nur durch Stimme und Schrift weitergegeben werden. Jedes Geschöpf wuchs und alterte und starb sogar als Ganzes. Gegen seine Natur erschauderte Stahl.
Er hatte einen langen Weg von den ersten Fehleinschätzungen, den ersten Ängsten zurückgelegt. Seit mehr als dreißig Tagen schmiedete er nun Pläne, wie er das Sternenschiff zur Weltherrschaft benutzen könnte. Das Pfahlwesen sagte, dass das Schiff Signale an andere aussandte. Das hatte manche von seinen Dienern so verängstigt, dass sie das Wasser nicht mehr halten konnten. Also: Früher oder später würden weitere Schiffe eintreffen. Die Weltherrschaft war kein praktikables Ziel mehr… Es war an der Zeit, nach mehr zu streben, nach Dingen, die sich nicht einmal der Meister je hatte träumen lassen. Man brauchte ihnen nur ihre technischen Vorteile zu nehmen, und die Pfahlwesen waren solch beschränkte, verletzliche Wesen. Sie sollten leichte Beute für einen Eroberer sein. Selbst ihnen schien das klar zu sein. Klauen nennt uns das Geschöpf. So wird es sein. Eines Tages werden die Klauen zwischen den Sternen einherschreiten und dort herrschen.
Doch in den Jahren bis dahin würde das Leben sehr gefährlich sein. Wie ein neugeborener Welpe konnten all ihre Chancen mit einem kleinen Schlag vernichtet werden. Das Überleben der Bewegung – das Überleben der Welt – würde von der Überlegenheit ihrer Intelligenz, Vorstellungskraft, Disziplin, Heimtücke abhängen. Zum Glück waren das immer Stahls starke Seiten gewesen.
Stahl träumte in dem Kerzenschein und dem Dunst… Intelligenz, Vorstellungskraft, Disziplin, Heimtücke. Wenn man es richtig anfing… konnten die Fremden dazu gebracht werden, alle Feinde Stahls auszulöschen… und ihm dann die bloßen Kehlen darzubieten? Es war gewagt, fast jenseits aller Vernunft, doch es konnte gelingen. Jefri behauptete, er könnte das Signalgerät des Schiffes bedienen. Allein? Stahl bezweifelte es. Das Fremde war gründlich übertölpelt worden, aber nicht allzu fähig. Bei Amdiranifani war das anders. Er ließ die ganze Genialität seiner Vererbungslinien erkennen. Und die Prinzipien von Loyalität und Opferbereitschaft, die seine
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