Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)
Hinterkopfstöße ein. Mit weinerlicher Stimme sagte er:
»Es sind schon viele Menschen für weniger erschlagen worden. Du solltest gelegentlich über folgendes Problem nachdenken: Gerechtfertigter Totschlag und wie man vermeidet, solchen zu erleiden.« Nach einem Räuspern setzte er hinzu: »Offenbar geht es dir zu gut; wahrscheinlich hast du dieses erotische Zwischenspiel gebraucht, um wieder zu gedeihlicher Entkräftung zu kommen. Ich will also duldsam sein.«
»Brav dahergesagt, mein Bester. So sprich denn.«
»Nicht viel zu sprechen. Wir haben noch ein wenig herumgeredet. Wie du dir denken kannst, war der Herr Abgeordnete stinkig auf dich, desgleichen seine Freunde. Die anderen fanden es eher erbaulich. In den nächsten Tagen werden wir hier und da einem freundlichen Lächeln begegnen, an anderen Stellen einer Grimasse. Der Apotheker hat den ganzen Abend kein Wort gesagt, seine Frau dafür um so mehr. Der Doktor scheint Wert auf gute Beziehungen zu Pittrich zu legen, ebenso seine Frau, die ganz munter wirkt und entweder über große Selbstbeherrschung verfügt oder den Verlust des Kindes gründlich verdrängt.«
»Vielleicht vermißt sie es nicht, weil sie es nicht richtig kennengelernt hat?«
Yü bleckte die Zähne. »Glaub ich kaum. Es soll alle möglichen Formen von Vernachlässigung geben, aber unter normalen Säugetieren ist die Zuneigung zum Nachwuchs wohl eingebaut.«
Matzbach schlürfte laut an seinem Wein. »Priorato schmeckt auch aus Zahnbechern. Mütter halten sich auch nicht immer an die Ergebnisse der Verhaltensforschung.«
»Mag sein. Aber bringt uns das weiter?« Plötzlich lachte er. »Übrigens hast du mit deiner idiotischen Zigarrenrede Eindruck auf die gnädige Frau Ludmilla Fischer gemacht. Ich glaube, das ist eine ziemlich schrille Zicke. Sie will dich, wenn ich das richtig verstanden habe, unbedingt mit Kräutern bezicken.«
»Soll sie versuchen; ich werde mich schon außer Reichweite halten. Hast du mit Lemberger gesprochen?«
»Nur kurz; daß wir hier aber über einen ehemaligen Kripo-Mann aus Köln stolpern, der von dir gehört hat! Und zwar nicht das Beste.«
Baltasar hob die Schultern. »Was wäre das Beste? Nichts, was HaKa Freibier weitergeben könnte, hoffe ich.«
»Und nun?«
»Und nun werde ich den Wein beenden und dir dabei von einer seltsamen Fortbewegungsart berichten.«
Yü kniff die Augen zusammen. »Willst du mehr zu Fuß gehen, ab demnächst?«
»Mitnichten. Weißt du, wie Knecht Ruprecht in den Ort gekommen ist?«
»Fahrrad? Auto? Moped? Ist er auf Gandalf geritten?«
»Er hat eine Draisine mit Hilfsmotor.«
Yü lachte. »Es gibt vielleicht nichts Neues unter der Sonne, wohl aber bei abendlicher Mobilität.«
»Man fragt sich nur«, sagte Matzbach, »wozu der Aufwand.«
»Fragt man sich das?«
»Man tut. Eine instandgehaltene alte Grubenbahn, die offenbar nur dazu dient, am Wochenende eine Draisine zu bewegen. Ein Ruprecht Tugendhaft, der nichts von seinem Vater wissen will und sich als Knecht verdingt. Falls er das tut. Bei einer sechszehigen Dame von beträchtlichem Charme, die behauptet, von ihrem Hof und der Verwahrung fremder Pferde nicht leben zu können.«
Yü glitt vom Bett. »Frag dich das weiter, in deinen Träumen«, sagte er. »Ich träume hoffentlich nicht von deinen Fragen.«
15. Kapitel
Nur wer genug blöde Fragen stellt, ist imstande, ohne kluge Antworten auszukommen.
B ALTASAR M ATZBACH
Doch, dieses Wochenende sind Sie die einzigen Übernachtungsgäste.« Mertens hatte die zweite Kanne Kaffee gebracht, stützte sich auf die Lehne eines Stuhls und betrachtete Teller und Vorräte. »Haben Sie sonst noch Wünsche?«
»Einen, der ist allerdings unverschämt«, sagte Matzbach.
»Was denn? Einen Aschenbecher?« Mertens lächelte. »Nette Rede, übrigens, die Sie gestern gehalten haben.«
»War keine Rede, nur eine kleine Anregung zum unselbständigen Denken. Nein, mein Wunsch wäre, daß Sie sich einen Moment zu uns setzen. Hier gibt’s frischen Kaffee; wollen Sie sich nicht eine Tasse holen?«
Mertens blickte zur Küche, als ob von dort Anweisungen zu erwarten seien. »Ach, warum nicht? Alles andere kann ein paar Minuten warten. Moment.«
Als er mit einem größeren Steingutbecher zurückkam und sich setzte, übernahm Yü das Eingießen; dabei sagte er:
»Gäste, die sich nützlich machen, werden im Karawanserai abermals Aufnahme finden, heißt es.«
»Ihre Kamele müssen Sie aber selber striegeln. Oder was immer man mit Kamelen
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