Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)
gluckste. »Unterlaß es; folge mir einfach.«
»Wie stehen deiner Meinung nach die Recherchen? Nachforschungen? Was auch immer wir hier tun?«
»Wir sind unterwegs, um zu malen.« Matzbach lächelte breit und zuvorkommend; es galt einer daherschlendernden jungen Dame, die auf der anderen Seite der Hauptstraße beinahe auf dem Trottoir stolperte, weil der Schlapphut auf fremdem Schädel sie von den Unebenheiten vor den eigenen Füßen ablenkte.
»Gott zum Gruß, holde Maid!« Baltasar berührte die Krempe mit angemessen schlappem Finger. »Stellen Sie die Einwohnerschaft des Orts dar?«
»Ich weiß nicht, wo alle sind«, sagte sie mit heller Stimme. »Aber wenn die wüßten, was ihnen entgeht, glotzmäßig, mein ich, wären die bestimmt alle auf der Straße. Mann o Mann, echt kraß!«
Als sie außer Hörweite war, räusperte Yü sich. »Es ist Sonntag, Dicker; der Pope ist zur Kur, eine Messe findet nicht statt, man verzichtet sogar auf Glocken.«
»Nichts bimmelt, sehr angenehm, ja. Wollen wir nicht« – Matzbach hüstelte geziert – »den lärmfreien Platz unterhalb der Kirchenglocken ›Platz des bimmlischen Friedens‹ nennen?«
»Von mir aus. Wahrscheinlich sind bei dem schönen Wetter alle auf ihren Terrassen oder suhlen sich im Sandkasten.«
»Wen sollen wir denn dann malen?«
»Versuch’s mit einem Selbstportrait.«
»Schreckliche Vorstellung. Aber du wolltest eben etwas anderes sagen. Recherchen, Nachstellungen, Fragseligkeiten, derlei, wie?«
»Mhm.«
Matzbach schritt wacker fürbaß, bis zur nächsten Einmündung. Dort blieb er stehen. »Rechts könnte man zu einer der anderen Kneipen kommen, wenn ich das richtig sehe.«
»Schon wieder Durst?«
»Wissensdurst, wie immer. Komm, sehen wir mal nach. – Was nun aber deine Frage angeht, so laß uns flüstern. Man könnte uns sonst meilenweit hören.«
»Okay. Also?«
»Die Identitäten mehren sich«, flüsterte Baltasar. »Neben den erwähnten Fragen tauchen neue auf.«
»Nämlich?«
»Denken, Watson, denken. Selber denken macht gründlicher dumm.«
Yü knirschte mit den Zähnen; an diesem windstillen Sommervormittag, nicht einmal durch Gemurmel oder Musik aus den Häusern gestört, war das Geräusch überdeutlich. »Meinst du die Drogengeschichte?«
»Kluges Kerlchen. Hast du bemerkt, wie sorgsam Pater Leonardo geäußert hat, man wolle Heroin etcetera
ersetzen
? Ich glaube nicht, daß das ein Versprecher war.«
»Mag sein. Und was schließet Ihr daraus?«
»Kölner Schickeria mit Drogen, welche durch Fliegenpilzcocktails ersetzt werden sollen. Kannten die alten Perser schon, allerdings waren es bei denen keine Cocktails.«
»Nein?« Es gelang Yü, einen Hauch von Interesse in sein einsilbiges Flüstern zu legen.
»Nein. Die haben das Zeug getrocknet, zerbröselt und die Bröckchen unzerkaut geschluckt.«
»Was hat man davon?«
»Man geht auf einen schönen bunten Trip, die richtige Menge vorausgesetzt. Anfangs war das Teil der MithrasZeremonien, gemeinsamer Rausch in dunklen Höhlen, beim Stiermeucheln zu Ehren der Götter, so was. Später haben sie es wohl einfach so, zum Spaß, gemacht.«
Yü pfiff leise durch die Zähne; dann sagte er, beinahe laut: »Persien ist doch ziemlich gebirgig, trocken; gibt’s denn da so was? Fliegenpilz, meine ich?«
»Das haben die teuer importiert, aus ihrer alten Heimat, Zentralasien. Sagt man.« Matzbach kicherte. »Ah, da fällt mir ein … Schicke Variante für die Schickeria; da müßten die drauf abfliegen.«
»Erleuchte mich.«
»Weil die Perser das Zeug importiert haben, war es ziemlich teuer, also eigentlich nur was für die persische Schickeria damals. Die Armen wollten aber auch auf den Trip gehen; und irgendwie haben sie herausgekriegt, daß das spezifische Gift beim Durchgang durch den Körper nicht abgebaut wird. Oder nur minimal. Was heißt, das, was einen da fliegen läßt und für unziemliche Erektionen sorgt, ist hinterher im Urin. Und den haben sie getrunken, und schwupps waren sie wieder high.«
Yü grunzte; es mochte auch ein Würgelaut sein. »Na ja, ich weiß nicht, ob die schönen Menschen aus der Kölner Mode- und Medienwelt darauf abfahren.«
»Man könnte es ihnen ja mal vorschlagen.« Baltasar schmatzte. »Ich stelle mir vor, was es da noch an möglichen Weiterungen gibt. Kombinier das mal mit Pfänderspielen, Partnertausch oder dem altmodischen Rudelbums vulgo Gruppensex. Wer das Pik-As zieht, muß pinkeln; wer die Karo-Sieben hat, darf trinken. Wer zapft die
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