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Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Titel: Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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nächste Runde? Wessen Trip ist das, auf den ich hier aus zweiter Hand gehe?«
    »Baltasar, du bist eine Sau aus erster Hand.«
    »Aber mit Vergnügen doch; auf Kosten anderer immer! Du weißt ja, das ist der Stoff, aus dem die Träume meiner Trips sind.«
    Aus dem Haus, das sie eben passierten, schob sich der verwuschelte Kopf einer Mittdreißigerin, die ins grelle Sonnenlicht blinzelte. Sie trug von der Nacht geschleifte Ruinen eines vormals fürstlichen Make-up, ein ausgefranstes Sweatshirt und ansonsten nichts außer einer glimmenden Zigarette im Mundwinkel.
    »Habt ihr grad was von Stoff und Trips gesagt?« Ihre Stimme war eigentlich voll, schwankte aber ein wenig, und die Artikulation war ähnlich fransig wie die Gewandung. »Wollt ihr reinkommen, Jungs?« Mit der Linken stieß sie die Tür auf.
    »Sorry, Baby«, sagte Matzbach. Er klopfte auf seine Umhängetasche. »Nur Farben, nicht mal Terpentin.«
    »Ach.« Sie klang enttäuscht, aber nicht rettungslos frustriert. »Na ja, macht eh nix.« Sie nahm die Zigarette aus dem Mund, winkte damit und verschwand im Haus.
    »So sanftmütig?« sagte Yü. »Sonntagslaune?«
    »Man trampelt nicht, auch nicht verbal, auf Leuten herum, die schon am Boden liegen. Solltest du wissen.«
    »Wie edel. Die Hochmütigen niederringen, die Unterworfenen schonen? Aber die Frau liegt nicht am Boden; die steht ziemlich fest. Hast du sie nicht erkannt?«
    Matzbach runzelte die Stirn. »Eine vage Ähnlichkeit mit wem auch immer.
Déjà vu
, bestenfalls. Wer ist sie?«
    Yü blickte die Front der Fassaden entlang: um- und ausgebaute bergische Häuser, einiges Fachwerk, viel Schiefer, fast überall neue doppelverglaste Fenster mit Kunststoffrahmen, und teils teure, teils schicke Autos, die meisten mit Kölner Kennzeichen. Hier und da standen Fensterflügel offen, einige Türen waren angelehnt, und aus mehreren Höhlen scholl Musik. So auch aus der kleinen Kneipe, die ein paar Meter weiter mit bierflaschenfarbenen Butzenscheiben ins Morgenlicht blinzelte.
    Er räusperte sich und murmelte einen Namen.
    »Ja klar!« Baltasar schnaubte, empört ob seiner Vergeßlichkeit. »Aber …
die
? Und Zigarette? Und Stoff? Und – dies Morgenkostüm?«
    Als Yü den Namen gemurmelt hatte, war aus der vagen Ähnlichkeit etwas anderes geworden: eine Mischung aus Vertrautheit und Verblüffung. Er kannte die Dame nicht persönlich, sondern eben so, wie man eine einigermaßen prominente Fernsehjournalistin kennt, wenn man gelegentlich den WDR einschaltet. Und wenn man registriert, wessen Konterfei und Unterschrift bestimmte Kampagnen ziert – in diesem Fall Keine Macht den Drogen und die eine oder andere Aktion gegen das Rauchen.
    »Tut’s dir jetzt leid, daß du nett zu ihr warst?« Yü klang beinahe gehässig.
    »Ach nein, weshalb denn? Das bißchen Heuchelei?« Matzbach machte eine wischende Armbewegung. »Kann einen doch nur irritieren, wenn man sich auf die Ehrbarkeit der Leute verläßt. Wann hätte ich das je getan?«
    »Trotzdem. Ich finde es ziemlich dreist. Ich als Nichtraucher, meine ich.«
    »Nun sieh das doch mal etwas weiter. Vielleicht hat sie sich einfach vertan.«
    »Wie meinst du das?«
    Baltasar grinste. »Vielleicht gehört sie ja nicht zur Toskana-Fraktion, sondern zieht Venedig vor; vielleicht ist sie Anarchovenezianerin und hat gemeint, sie unterschriebe ein historisches Manifest – ›keine Macht dem Dogen‹. Du wirst zugeben, da kann man sich schon vertun.«
    Yü ächzte und schwieg.
    Nach wenigen Schritten erreichten sie die Zuccalmagliostraße, die parallel zur Hauptstraße verlief. Hier taten sich rechts und links überraschende Vistas auf: Höfe, in denen morgenmufflig blinzelnde Personen Prosecco tranken, den Grill fürs Frühstück zu zünden versuchten und sich mit überlautem Mozart gegen Rap aus der Nachbarschaft wehrten. Hier und da wandte man sich ihnen zu, manchmal mit einem lässigen Winken oder Nicken, gelegentlich auch mit Bekundungen des Entzückens oder Hohns. Gesprächsfetzen wurden nicht vom fehlenden Winde verweht und mußten daher ertragen werden: Mutmaßungen über die Motive eines Galeristen, Ansichten über den Stand des Wahlkrampfs, feinstsinnige Erörterungen dessen, was das kleinste gemeinsame Vielfache der Herren Walser und Möllemann sei; die von keinem intelligenten Menschen zu bestreitenden Zusammenhänge zwischen erneuerbarer Energie, Dosenpfand und Pazifismus.
    Yü verfiel in seinen Panthergang; Matzbach registrierte es aus den Augenwinkeln. Diese

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