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Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition)

Titel: Ein Feuerwerk für Matzbach: Baltasar Matzbachs achter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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fand eine Art Nachmittags-Brunch statt. Anderthalb Dutzend Leute standen und gingen herum, kauten, tranken und redeten. In die Mitte zwischen den beiden Abteilungen hatte man einen langen Tisch gestellt, auf dem sich – alle mit handgekrakelten Preisschildchen versehen – diverse Torten und Kuchen, Stapel von Wurst- und Käsebroten, Kannen, Besteck und Geschirr türmten.
    »Halb vier«, sagte Yü nach einem Blick auf sein Handgelenk. »Die Künstler stehen wahrscheinlich nicht viel früher auf.«
    »Wenn man mich ließe«, sagte Matzbach, »wäre ich ein Extremkünstler, was das angeht.«
    Hinter dem Tisch stand eine schlanke Blondine mit Korallenketten, Badelatschen und Bikini. Sie rauchte Pfeife, und als Baltasar sich ihr näherte, sah er, daß sie nicht Anfang zwanzig war, wie er zunächst angenommen hatte, sondern gründlich geliftete fünfzig.
    »Wenn das keine private Fete ist, haben Sie vielleicht einen Krümel und einen Schluck für müde Malerburschen?« sagte er.
    Sie nahm die Pfeife aus dem Mund, nickte und steckte das Instrument wieder zurück.
    »Dient das einem guten Zweck, oder ist das einfach so?«
    Ohne die Pfeife herauszunehmen, sagte sie: »Es ist einfach so, daß das einem guten Zweck dient.«
    »Darf man den erfahren?«
    »Die Einnahmen gehen an eine Künstler-Kooperative auf Samoa.«
    »Sehr förderlich. Und haben Sie, abgesehen davon, daß Sie Kaffee und Kuchen verwalten, etwas mit dem Hof und seinem Inhalt zu tun?«
    »Ich bin die Bildhauerin. Da drüben steht der Töpfer.«
    Sie deutete auf einen schlaksigen Mann, der eine Art Burnus trug und eben zwei Leuten etwas zu erklären schien; jedenfalls redete er und machte nachdrückliche Gesten mit der Rechten, während er mit der Linken eine Art Takt klopfte. Das Gefäß, das er dazu verwendete, war etwa eineinhalb Meter hoch, in der Mitte ebenso breit, und es tönte kräftig.
    »Schöne Sachen haben Sie gemacht. Darf ich Sie dazu später noch ein wenig befragen?«
    Sie nahm die Pfeife wieder heraus, nickte und steckte sie zurück.
    Obwohl ihn die Frage bewegte, wieso eine Pfeife beim Nicken, aber nicht beim Reden hinderlich sei, verkniff Matzbach sich jede Äußerung. Er griff zu einer der Thermoskannen mit Aufschrift
Kaffee
, füllte einen gräßlichen Becher – wurmgrün, dekoriert mit widerwärtig lebensechten, eitergelben Nacktschnecken – und belud einen Teller mit zwei Stück Käse-Sahne-Kuchen und zwei Stück Kirschstreusel. Nachdem er gezahlt hatte, begab er sich in die Nähe der Tür zum Haus des Töpfers, wo ein paar Holzbänke standen, setzte sich, stellte die Korbtasche zwischen seine Füße und fraß.
    Yü, der mit einem älteren Herrn geredet hatte, kam ein paar Minuten später, ebenfalls mit Kaffee und Nahrung – zwei Käsebrote – und sagte leise:
    »Der Knabe war gestern spät in der
Tränke
. Rat mal, was er mir erzählt hat.«
    »Ich könnte jetzt ausschweifende Mutmaßungen anstellen, aber lieber warte ich auf deine Auskünfte.«
    »Wir haben über die feinen Karikatur-Skulpturen gesprochen. Er ist ganz stolz darauf, zumindest an einer beteiligt zu sein.« Yü biß ein großes Stück von seinem Käsebrot.
    Baltasar wartete geduldig.
    »Und zwar«, sagte Yü, nachdem er gekaut und geschluckt hatte, »an der Justitia.«
    »Inwiefern beteiligt?«
    »Er hat die alte Waage beigesteuert. Und das Tuch.«
    »Ei.«
    »Ich dachte mir, daß du etwas üppig Verblüfftes sagen würdest.«
    »Hat er sich zur Herkunft des Tuchs geäußert?«
    »Ich habe mir erlaubt, ihn zu fragen, wie er denn zu einem so geschmackvollen Objekt kommt. Er sagt, er hat es von einem Bekannten bekommen, als Dank für einen minderen Dienst.«
    Matzbach räusperte sich. »Die Tarife für mindere Dienstleistungen variieren stark, hörte ich.«
    Yü kaute auf einem zweiten gigantischen Happen. Als er damit fertig war, murmelte er: »Und zwar hat er jemanden zum Flughafen gebracht, nach Wahn. Der Mensch, ein Kölner, wollte ihm Geld fürs Benzin geben. Das wollte er aber nicht annehmen, da hat der andere ihm dieses Halstuch aufgedrängt.«
    »Köln-Wahn? Aha. Beziehungsweise oho. Sind wir denn sicher, daß … ?«
    »Wir sind. Ich habe laut überlegt, ob ich so etwas wie dieses Tuch vielleicht am Hals eines alten Bekannten namens Goldstein gesehen haben könnte. Er sagt, ja, genau, der wäre das, und den hätte er zum Flughafen gefahren.«
    »Hat er möglicherweise sogar einen Grund genannt?«
    Yü bewältigte das erste Käsebrot; mit einem beinahe

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