Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
dass Dalziel ihn nicht ausgerechnet heute Abend sehen wollte.
Das wollte er nicht. Aber er erschien am nächsten Morgen, bevor Jack Gelegenheit hatte, etwas zu frühstücken. Trotz des bequemen Bettes und bester Absichten hatte er nicht gut geschlafen, aber wenigstens waren seine Kopfschmerzen auf ein Maß reduziert, dass er zuhören und sprechen konnte. Leise vor sich hin schimpfend, weil es nicht einmal neun Uhr war, folgte Jack Gasthorpe nach unten. Gasthorpe hatte den anstrengenden Gast in die Bibliothek geführt. Jack blieb stehen und betrachtete die Tür.
»Bringen Sie Kaffee. So rasch wie möglich, bitte.«
Gasthorpe verneigte sich.
»Sofort, Mylord.«
Jack öffnete die Tür und ging hinein. Er ließ sich einen Moment Zeit, um die hochgewachsene Gestalt vor den bodenlangen Fenstern, die auf den Garten hinter dem Haus hinausgingen, zu mustern. Dalziel – seinen wirklichen Namen mussten sie erst noch herausfinden – hatte viele Eigenschaften mit den Männern gemein, die er befehligt hatte. Er war etwa so groß wie Jack und ähnlich gebaut, allerdings schlanker. Sein Knochenbau war feiner, seine Züge waren edler und auch strenger – aber mehr unterschied ihn rein körperlich nicht von seinen Männern. Was die Gefährlichkeit jedoch anging, da übertraf Dalziel sie alle. In seiner Gegenwart war jeder, der auch nur das geringste Gespür für Gefahr hatte, unweigerlich aufs Höchste alarmiert.
Jack ließ die Türklinke los und das Schloss einschnappen, sah, wie Dalziel sich umdrehte und ihn anschaute. Als hätte er bis dahin keine Ahnung von Jacks Anwesenheit gehabt.
Innerlich musste Jack grinsen. Dalziel war der gefährlichste Mann, den er je getroffen hatte. Sein ehemaliger Kommandant war das ultimative Beispiel für einen der räuberischen Kriegerfürsten, die die Normannen überall in England verstreut zurückgelassen hatten.
»Guten Morgen. Ich frage nicht, was Sie hergebracht hat.« Jack winkte Dalziel zu einem Lehnstuhl und ließ sich in das Gegenstück sinken, darum bemüht, jeden Hinweis auf seine Kopfschmerzen zu überspielen.
»Allerdings.« Dalziels Tonfall verriet, dass er nicht im Geringsten glücklich über die ganze Angelegenheit war. Seine dunklen Augen ruhten prüfend auf Jacks Gesicht. »Ich fürchte, dass Ihr Freund James Altwood völlig unschuldig in einen Plan verwickelt wurde, um mich in Misskredit zu bringen.«
»Sie?« Jack runzelte die Stirn. Typisch Dalziel, es wäre Zeitverschwendung, diese Behauptung zu hinterfragen. »Was für ein Plan? Und wie kommt es, dass James darin verwickelt ist?«
Dalziel legte die gespreizten Finger aneinander; sein Blick war auf irgendetwas oberhalb von Jacks Schulter gerichtet. »Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich nur spekulieren, aber ich kann mir vorstellen, dass es einen Zusammenhang geben könnte, dass ich, wie Sie und die anderen Mitglieder wissen, nach dem letzten unentdeckten Verräter suche. Er zeigt keine Reue und verkehrt unbehelligt in den höheren Kreisen der Macht.«
Ein Klopfen kündigte Gasthorpe an, der ein Tablett trug.
Dalziel wartete, bis der Kaffee eingeschenkt und Gasthorpe wieder gegangen war, dann sah er Jack an. »Über was für Beziehungen dieser Mann genau verfügt und welche Art von Macht er ausübt, Geld, Status oder Regierungsgewalt, weiß ich nicht. Allerdings bin ich in den vergangenen Jahren über zu viele Unstimmigkeiten gestolpert, um daran zu zweifeln, dass es ihn gibt. Leider ist das bis heute alles, was ich habe: einen Verdacht.«
Jack kniff die Augen zusammen und trank von seinem Kaffee. »Also glauben Sie, dieser Plan ist entstanden, weil er, wer auch immer es ist, es nicht schätzt, dass Sie einen derartigen Verdacht hegen?«
Dalziel nickte.
»Eine passende Umschreibung.«
»Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist dieser Plan von Ihrer Seite aus nur eine Vermutung?«
Dalziels Lippen verzogen sich zu einem selbstironischen Lächeln.
»Genau. Meiner Ansicht nach wusste der Verräter, dass ich immer noch nach ihm suche, und er hat versucht, mir einen Sündenbock zu liefern, den ich beseitige, und somit wäre meine Arbeit getan.«
»Und dann würden Sie sich aus dem aktiven Dienst zurückziehen?«
Dalziel nickte.
»Für uns alle ist der Krieg vorüber, und es wird Zeit, dass wir in das zivile Leben, zu unseren Pflichten, zurückkehren. Dieser Verräter denkt, er könne mich beschwichtigen, indem er mir an seiner Stelle ein anderes Opfer vorsetzt.«
»Also hat er sich nach einem passenden
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