Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
Mit Hilfe von James und über die Kirche haben wir den Jungen, eben Edward, ausfindig gemacht und ihn hergeholt. Nach einer Weile stellten wir fest, dass er stiehlt, aber…« Sie machte eine Pause, die Lippen zusammengepresst, dann fuhr sie fort: »Das Stehlen ist offenbar zwanghaft. Er scheint einfach nicht aufhören zu können, und genau genommen sind wir uns nicht sicher, ob er überhaupt weiß, dass er etwas genommen hat.«
Jack erinnerte sich wieder an die Verblüffung auf Edwards Gesicht, als er den Löffel aus seiner Tasche geholt hatte. »Aber …« Er runzelte die Stirn. »Er ist trotzdem ein Dieb.«
»Ja, aber er ist auch die einzige Familie, die Griggs hat. Alle auf Avening Manor, mit Ausnahme natürlich von Griggs, wissen, dass Edward sich Sachen einsteckt. Jede Woche durchsuchen Connimore und Howlett seine Kammer und bringen die Sachen zurück, die er genommen hat, dorthin, wo sie hingehören. Edward ist jetzt seit mehr als anderthalb Jahren im Haus, und in der ganzen Zeit ist nichts dauerhaft verschwunden.«
Jack setzte sich und dachte über das Gehörte nach. Er betrachtete den Fall von allen Seiten und erwog, welche Wege ihm offenstanden … und kam schließlich zu der Einsicht, dass er wohl Edward erlauben musste, weiter als Lakai für ihn zu arbeiten. Griggs war zu alt und gebrechlich. Er lag allen im Haus und besonders Jack zu sehr am Herzen, als dass er seinen inneren Frieden leichtfertig gefährden wollte.
»Was werden Sie seinetwegen unternehmen? Wegen Edward?«
Jack schaute zu Clarice, die geschäftig Servietten faltete. Er blies die Backen auf und grinste.
»Nichts – was sonst?«
Er hatte den Eindruck, als hätte sie gelächelt – nur flüchtig. »Gibt es Probleme mit James’ Hausmädchen?«
Sie warf ihm einen Blick zu.
»Warum fragen Sie? Weil ich Wäsche abhänge?«
Er nickte.
»So wenig vertraut ich zugegebenermaßen mit dem bin, was vornehme Damen so tun«, er beachtete ihr ungläubiges Schnauben nicht weiter, »so bin ich mir doch recht sicher, dass Wäsche zu waschen keine offiziell abgesegnete Betätigung für höhere Töchter ist.«
»Die höhere Tochter empfindet die Tätigkeit als entspannend. Während meine Hände etwas zu tun haben, kann ich nachdenken.«
Er sehnte sich danach, sie zu fragen, worüber sie nachdachte. Stattdessen schaute er ihr eine Weile zu, wie sie geschickt die Klammern von der Leine pflückte, die Wäschestücke ausschüttelte und zusammenlegte, und entschied, dass sie recht hatte. Die schlichte Hausarbeit hatte etwas Beruhigendes.
»Es gibt eine Reihe von Punkten, bei denen ich Sie um Rat fragen muss.« Die Worte kamen ihm ohne größere Mühe über die Lippen und ohne dass er lange nachdenken musste. Er hielt inne, überlegte und entschied dann, dass er die richtigen Worte gewählt hatte, es war schließlich die Wahrheit.
Sie blickte ihn kurz an, aber er konnte nichts in ihren Augen oder ihrem Gesicht lesen.
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel der Blumenschmuck für die Kirche.« Seine Erbitterung war deutlich zu hören. Um ihre Lippen spielte ein
leises Lächeln, und eine heiße Welle unerwarteter Lust durchdrang ihn. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie sie sich anfühlte, wie sie schmeckte. Seine Gereiztheit verlieh seinem Ton eine gewisse Schärfe. »Können Sie mir erklären, was es mit diesem vertrackten Turnus auf sich hat?«
Clarice seufzte, schüttelte ein weiteres Laken aus und ließ ihren Blick vom Garten zum Haus wandern.
»Es geht um Ansehen, fürchte ich.«
Und dann erklärte sie ihm genau, was hinter Mrs. Swithins’ Wunsch steckte, bevorzugt zu werden. »Der arme Swithins – seine Mutter hatte so viel mehr von ihm erwartet, aber obwohl er lediglich ein Hilfsgeistlicher ist, ist sie wild entschlossen, das meiste daraus zu machen, ja, aus dem Status im Dorf, den ihr seine Stellung verschafft, das Maximale herauszuholen. Die Kirche für die Sonntagsmesse, die wichtiger ist als die Mittwochsmesse, mit Blumen zu schmücken, ist nur eine Feder, die sie entschlossen ist, sich an ihren Hut zu stecken.«
»Und so Betsy, Mrs. Candlewick und Martha vor den Kopf zu stoßen.«
Sie blickte zu Jack.
»Nicht nur den dreien. Sie werden feststellen, dass Mrs. Swithins auf die eine oder andere Weise mit nahezu allen weiblichen Wesen in der Gemeinde auf Kriegsfuß steht.«
Er stöhnte.
»Solange ich nicht ständig zwischen ihnen vermitteln muss.«
Darauf sagte sie nichts. Sie war sich seiner Nähe überdeutlich bewusst,
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